Interview: Akrea

mit Stephan Schafferhans vom 27. Februar 2012 via Mail
Immer sind es diese Bands, deren Logos unleserlicher kaum sein könnten und bei denen man dann hängen bleibt, um irgendwie zu entziffern, was da denn nun verdammt nochmal steht! Oftmals fragt man sich dann auch ganz automatisch, welche Geschichte sich eigentlich hinter diesem gerade entschlüsselten Namen versteckt, denn meist sehen sie nicht nur ungewöhnlich aus, sondern sie klingen auch ganz und gar exotisch nordisch ...
So ist es auch bei der deutschen Melodic Death Metal-Band Akrea, welche im Jahre 2004 noch unter dem Namen Inner Aggression gegründet wurde. Doch was bieten die Jungs sonst noch außer einem interessanten Schriftzug? Zum Beispiel zwei Alben, namens Lebenslinie und Lügenkabinett, denen bald ein drittes folgen soll! Wie gehen eigentlich die in der Oberpfalz heimischen Metaller mit ihrer relativ jungen Band beim Songwriting vor? Jammen sie einfach, bis was brauchbares dabei rauskommt oder wie funktioniert das genau? Wie waren die ersten Videodrehs? Was ist Akrea TV und wann gibt's die nächste Gelegenheit die Band live zu erleben?
Aber nicht nur dazu hat uns Stephan unsere Fragen beantwortet! Die Frage, was für eine Funktion diese Musik in unserer heutigen Zeit noch mit all den unzählbaren und bald auch nicht näher definierbaren verschiedenen Subgenres, der Kommerzialisierung und medialen Ausschlachtung noch hat, ist gerade ein top aktuelles Thema ... doch lest einfach selbst im unten stehenden Interview!
Enjoy it!
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Das Interview:

Grüß dich Schaffer! Wie geht’s dir? Was steht für Akrea gerade an?
Servus! Mir geht’s soweit ganz gut, bin nur gerade ziemlich im Lernstress, da an der Uni wieder Prüfungen anstehen. Bei Akrea bleibt deshalb momentan auch wenig Zeit zum Proben und so werden zu Hause die alten Songs für Gigs geübt und neue Riffs geschrieben.
Wie würdest du den typischen Akrea-Sound beschreiben, was macht ihn zu einem besonderen Hörerlebnis?
Der typische Akrea-Sound besteht aus einer drückenden und rollenden Doublebass gefüttert mit dem richtigen Schub an 4-Saiter Wucht und den drückenden, sich ergänzenden Gitarren. Melodie gepaart mit Power könnte man sagen.
Wovon handeln eure Songs? Versucht ihr da sklavisch bestimmte Themen immer wieder aufzugreifen?
Das ist unterschiedlich. Auf „Lebenslinie“ hatten die Songs zum Beispiel eine durchgehende Story. Da ging es um den aufreibenden Kampf gegen einen fiktiven Gegner. „Lügenkabinett“ dagegen vermittelt seine Message über aktuellere Themen und ist insgesamt in der Gegenwart angesiedelt. Unser Schreihals Sebi lässt sich da von vielen Seiten inspirieren. Was genau dabei heraus kommt, lässt sich vorher weder einschränken noch voraussagen.
Woher bekommt ihr Anregungen und Ideen für neues Material?
Wir würden unsere Musik zwar unter „Melodic Death Metal“ einordnen, jedoch sind die Einflüsse deutlich weiter gefächert. Jeder von uns hört massig unterschiedliche Musik, auch gern über den verzerrte-Gitarren-Bass-Schlagzeug-Rand hinweg. Für das instrumentale Grundgerüst der Songs sorgen Chris, Fabi und ich, aber selbst wir drei haben teilweise sehr unterschiedliche Musikgeschmäcker, deren Schnittmenge letztendlich den typischen AKREA-Sound ergibt.
Seid ihr eher systematisch vorgehende Komponisten oder jammed ihr lieber, bis etwas Brauchbares dabei herauskommt?
Wir mussten schon feststellen, dass wir mit der Jam-Methode keine sonderlich guten Ergebnisse erzielen. Am besten klappt es, wenn jeder von uns seinen Anteil in einsamer Heimarbeit leistet. Dabei gibt es für uns, dank moderner Technik, drei extrem wichtige Hilfsmittel: Dropbox, Guitar Pro und ICQ. Da jeden - sei es durch Beruf oder Vorlesungen an der Uni – zu unterschiedlichen Zeiten die Muse küsst, kann man völlig unabhängig voneinander an Songideen arbeiten. Die anderen sehen dann dank Dropbox diese Änderungen und können ihren Senf dazu geben. So können wir effektiv und effizient an Songs schreiben, ohne ständig in persönlichem Kontakt zu sein. Der Feinschliff erfolgt allerdings dann in voller Besetzung im Proberaum.
In den Jahren 2009 und 2011 habt ihr insgesamt zwei Musikvideos gedreht. Wie war es für euch vor der Kamera zu stehen?
Es war eine ganz neue Erfahrung, vor allem eine sehr witzige. Für das erste Video zu „Imperium“ haben wir zum ersten mal mit Alexander Mayer, welcher mit unserem Drummer Jonas verwandt ist, zusammengearbeitet. Die Atmosphäre war sehr locker, was das ganze Vorhaben stark vereinfachte und das beste aus uns heraus holte. Das zweite Video, welches zum Song „Meteor“ vom Album „Lügenkabinett“ gehört, entstand während der „Moral und Wahnsinn Tour 2011“ mit den Apokalyptischen Reitern. Das meiste Material besteht hier aus Livezusammenschnitten und soll vor allem die Atmosphäre der Auftritte vermitteln. Demnächst wird es noch ein Video geben, nämlich zu „Auf los geht’s los“. Hier haben wir wieder mit Alex gearbeitet und uns selbst übertroffen. Man darf also gespannt sein!
Gerade als junge Band hat man im Metal sicherlich nur ein geringes Budget für solche Dinge zur Verfügung. Wie versucht oder schafft ihr es, das Beste aus dieser Situation herauszuholen?
Ja, das Budget ist allerdings sehr knapp. Da hilft nur viel Planen, Rechnen, und versuchen, so viel wie möglich auf eigene Faust zu machen, ohne dabei an der Qualität des Endprodukts zu sparen. Klingt schwer und ist es auch! Aber gerade die Herausforderung, mit wenigen Mitteln viel zu schaffen, macht es interessant.
Da sind dann gewiss auch Plattformen wie YouTube entscheidend, aber oftmals sperrt YT die Songs auch noch recht unbekannter Bands. Was haltet ihr davon? Einerseits verhindert es zwar das kostenlose Downloaden der Musik, aber andererseits wird es so schwieriger seine Musik der breiten Masse zu präsentieren …
Klar, YouTube ist inzwischen zu einer wichtigen Plattform geworden um sich zu präsentieren. Die endlose Geschichte mit den gesperrten Videos ist zwar einerseits legitim – das Urheberrecht ist da nun mal auf ihrer Seite, andererseits sind oftmals auch legale Videos davon betroffen. Auch wir haben sehr oft Probleme mit dieser Sperre, da YouTube nicht zwischen berechtigten und unberechtigten Uploadern unterscheidet. Wenn dann die eigenen Videos gesperrt werden, mp3-Uploads anderer User jedoch zugänglich bleiben, dann ist das besonders ärgerlich. Bisher konnte das zwar jedes mal geregelt werden, jedoch ist das auch mit einigem Aufwand und Schriftverkehr verbunden. Allgemein sind YouTube, Facebook und andere soziale Netzwerke inzwischen unverzichtbar geworden, um viele Leute mit News, Musik und Merchandise zu erreichen.
Mit „Akrea TV“ postet ihr seit 2009 regelmäßig Videos auf YT, die eure Aktivitäten hinter als auch auf der Bühne dokumentieren und kommentieren. Wessen Idee war das damals? Wie haben sich diese Beiträge über die Jahre verändert?
Chris hatte schon zu Zeiten von „Inner Aggression“ immer eine Kamera dabei und hat alles gefilmt, Videos zusammen geschnitten und hochgeladen. Als dann „Lebenslinie“ fertig und kurz vor dem Release war, kam er auf die Idee ein paar Folgen „Akrea TV“ zu machen. Ehrlich gesagt waren anfangs auch nur 4 Episoden geplant, aber das ganze kam so gut an, dass wir jetzt immer wieder fleißig filmen und posten. Die Beiträge haben sich eigentlich prinzipiell nicht geändert: man sieht nach wie vor, was wir unterwegs erleben, dass wir Spaß haben und viel Blödsinn reden. Meistens im Dialekt, was wohl nicht einmal so dumm ist, da man dadurch nicht all den Schwachsinn versteht.
Ihr seid für das diesjährige Metalfest Anfang Mai und Juni bestätigt, was erwartet ihr von den Auftritten?
Wir freuen uns vor allem darauf, uns vor diesem großen Publikum zu beweisen. Es ist schon eine Ehre, die Bühne mit so vielen bekannten Bands zu teilen, allerdings werden wir uns nicht hinter den großen Namen verstecken. Wir werden alles geben und auf diesem Weg hoffentlich noch ein paar neue Fans dazu gewinnen, sodass es nicht nur für uns ein paar unvergessliche Shows werden.
Spürt man nach solch großen Veranstaltungen einen direkten Boost, dass dann an den folgenden Tagen mehr Leute die Website besuchen oder mehr T-Shirts im Onlineshop verkauft werden oder wie ist das so?
Ja, man bemerkt die Resonanz schon deutlich. Sei es in unserem Gästebuch, anhand von Kommentaren in sozialen Netzwerken oder bei den Verkaufszahlen des Onlineshops. Auch im Vorfeld ist es auffallend, dass sich viele bereits darüber informieren, wer diese bayerischen Krawallbrüder denn sind.
Euer im Jahre 2010 erschienenes Album LÜGENKABINETT hat ja auch schon einige Zeit auf dem Buckel! Wann können die Fans mit neuem Material rechnen? In welche Richtung würde es stilistisch gehen?
Natürlich darf ich noch keine Details preisgeben, aber so viel sei schon einmal verraten: wir sammeln fleißig Ideen und haben bereits die ersten musikalischen Fragmente zu fast vollständigen Songs ausgearbeitet. Allerdings wollen wir nichts überstürzen und konzentriert daran arbeiten, sodass alles erst zu Ende des Jahres seinen Weg auf einen Silberling finden wird. Das Tonstudio ist jedoch schon gebucht, mehr Details wird es dann in den kommenden Wochen und Monaten geben.
Von Ozzy stammt folgendes Zitat: „As long as there are kids who are pissed off and have no real way in venting out that anger, heavy metal will live on.“ Was hältst du davon? Trifft das deiner Meinung nach zu?
Ich sehe Metal sowohl als Mittel um Kraft und Motivation zu sammeln, als auch als Ventil um Aggressionen abzubauen. Insofern trifft das Zitat zwar zu, stellt aber nur die halbe Wahrheit dar. Man sollte inzwischen so weit sein, dass man Metal nicht nur unter dem klischeehaften Gesichtspunkt der wütenden Jugendlichen sieht, sondern auch erkennt, dass die Musik über mehrere Generationen vereint – Aggression alleine kann dafür nicht der Grund sein.
Früher hat diese Musik eine schockierende Wirkung gehabt oder eine gesellschaftskritische Intention verbreitet. Jetzt wo man mit einer blutigen Gesichtsbemalung nicht mehr schockt, was würdest du sagen ist noch der Hauptzweck dieser Musik? Läuft man da nicht Gefahr irgendwann nur noch von Selbstzitaten aus besserer Zeit zu leben oder sich in schnöselig seichte Musikstile zu verfahren? Belangloses Gedudel für den Durchschnittsbürger …
Ich denke eher, dass die Musik ihren Zweck verfehlt, wenn sie durch den Verlust der schockierenden Wirkung negativ beeinflusst wird. Man sollte froh sein, dass die Akzeptanz gegenüber Heavy Metal gestiegen ist. Die Musik ist erwachsen geworden und sollte daher auch ohne Provokation die gleiche Daseinsberechtigung wie früher haben. Metal ist ein Gefühl, eine Leidenschaft und der größte gemeinsame Nenner einer riesigen Menge von Menschen. Darauf sollte mehr Wert gelegt werden, als darauf, ob man mit seiner Lieblingsscheibe die Nachbarn schockieren kann.
Was sind deiner Meinung nach heute die Eigenschaften, die man als junge Band mitbringen muss, um erfolgreich zu sein?
Man muss versuchen aus der breiten Masse der vielen Metalbands herauszustechen. Das ist der schwierigste Punkt. Es gibt so unglaublich viele Bands und Sub-Genres, dass man etwas finden muss, an das sich die Leute erinnern. Etwas, das man sofort mit der Band in Verbindung bringen kann. Allerdings darf man nicht vergessen, dass es immer wieder bestimmte Richtungen gibt, die gerade total „in“ sind. Wenn man Glück hat und gerade diesen Moment mit der Musik erwischt, kann es sehr schnell nach oben gehen. Hingegen kann es auch genauso schnell wieder bergab gehen und darüber sollte man sich im Klaren sein. Letztlich sollte man an dem, was man tut, so viel Spaß haben, dass man auch ohne großen Erfolg zufrieden ist. Dann ist man authentisch und hat die besten Chancen.
Was steht für die nähere und auch fernere Zukunft der Band sonst noch an? Worauf können die Fans sich freuen?
Wir haben neuen Merchandise am Start, einige coole Shows in Planung und wie gesagt: das Studio ist gebucht und das Songwriting läuft bereits auf Hochtouren. Natürlich halten wir euch auch mit neue Akrea-TV Folgen auf dem Laufenden!
Hast du vielleicht noch ein finales Abschlusswort an die Fans?
„Akreanisieren“ sollte in den Duden!
Ich danke dir vielmals, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!
Moderation: Alexander Kipke
Einige Ausschnitte des 2010er Albums „Lügenkabinett“
könnt ihr euch unten stehend anhören:
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