Adrian Weiss – Big Time

Kritik von: Alexander Kipke
Album-Cover von Adrian Weiss’ „Big Time“ (2011).
„Sommerlich leichte Klänge zum Ausspannen.“
Interpret: Adrian Weiss
Titel: Big Time
Erschienen: 2011
Bei der Bewertung eines Solo-Albums stellt sich immer die Frage, wie hoch man die Messlatte eigentlich legen sollte oder überhaupt legen darf. Soll man das Werk mit dem ständigen Bezug auf die Arbeit mit der Band betrachten oder soll man es als etwas Herausgelöstes ansehen und dementsprechend milder bewerten, da der Künstler hier etwas Neues zu kreieren wagt? Eine schwere Frage, denn in allzu vielen Fällen ist die Solotätigkeit einzelner Bandmitglieder mit Nichten so gut, wie die Veröffentlichungen der Band.
Doch wie genau sieht es auf Adrian Weiss' Scheibe „Big Time“ aus? Der Sound seiner Band „Forces At Work“ wird von ihr selbst beschrieben als „Momente aus Thrash-, Power- und Death-Metal mit der Tiefe und Emotion des Blues und diese mal mit funkigen, mal mit klassisch-spanischen cleanen Gitarrensounds abgerundet“. Was davon findet sich auf „Big Time“ wieder? Die Death - und Thrash-Elemente sind bis auf ein paar Einsätze im Großen und Ganzen unter den Tisch gefallen, während eine eher ungewöhnliche Mischung aus Power Metal und Blues an manchen Stellen des Albums den Sound noch ganz gut charakterisiert. Auch die klassisch-spanischen Gitarrensounds finden sich in einzelnen Songs, wie zum Beispiel beim Intro von „Egyptian Inscription“, als ein unübersehbarer Fingerabdruck von Adrians Arbeit bei „Forces At Work“ wieder.
Zudem erinnern viele Riffs an Hard Rock- und Heavy Metal-Größen der achtziger und Neunziger Jahre, wie zum Beispiel Deep Purple im berühmten Song „Child in Time“ oder Def Leppard bei „Foolin'“. Aber auch der trotz seines Todes immer noch allzeit präsente Jimi Hendrix macht sich bei Adrians schnellem und präzisem Spiel als Einfluss bemerkbar. Schon beim ersten der insgesamt elf Titel wird klar, dass wir mit Adrian an der Gitarre jemanden haben, der sein Instrument phänomenal beherrscht, aber gleichzeitig stilistisch kein unbeschriebenes Blatt mehr ist. Doch es reicht für eine rundum gelungene CD meist nicht aus sich nur auf ein einzelnes Instrument zu konzentrieren, das man perfekt beherrscht. Vielmehr muss auch der Solokünstler es schaffen die restlichen Instrumente, wie Drums, Bass oder auch Keys sinnvoll und ausdrucksstark einzusetzen. Natürlich hört man auch auf Big Time ein Schlagzeug, doch scheint dieses etwas deplatziert und sich nicht wirklich entfaltend. Eine gewisse ermüdende Homophonie macht sich da doch nach einigem Hören bei manchen Passagen bemerkbar ...
Zu den Highlights der Scheibe gehören einerseits der dritte Song namens „Tough Luck“, auf dem Victor Smolski von Rage einen Gastauftritt hinlegt, aber auch starke Titel wie „Brigth Awakening“ oder „Morning Run“ sind mit ihrer malerischen Metaphorik ausgezeichnet gelungen! Man spürt den Sommer förmlich in jeder Zelle seines Körpers. Bei anderen Songs, wie zum Beispiel bei Track Nummer 10 namens „Disappear“ oder auch beim Finisher „The Progressive Society“ muss noch erwähnt werden, dass diese Songs auch ohne irgendwelche Lyrics auskommend treffend ihre Titel beschreiben! Längen bei anderen Songs hin oder her, zum Schluss lässt es Adrian Weiss nochmal richtig krachen und zieht alle Register seines spielerischen Könnens!
Was jedoch ein echtes No-Go ist, sind die manchmal eingestreuten Sprechgesänge im Hintergrund, die an eine unglückliche sowie gleichzeitig auf eine komische Art beklemmende Mischungen aus Rap und Metal erinnern. Wenn die nicht wären, würde das Flair an manchen Stellen nicht durchbrochen werden und der Hörfluss nicht darunter leiden. Auch die bereits angesprochenen Längen an manchen Stellen ziehen die Wertung herunter.

Fazit:

Es ist meistens recht schwer sich als Solo-Künstler mit gleichem Erfolg zu betätigen, wie man es mit seiner Band vielleicht tut. Deshalb sollte man bei solchen Geschichten im Metal oftmals mit experimenteller Musik oder dem schreckliche Einheitsgedudel uninspirierter Wichtigtuer - im Grunde also mit dem Schlimmsten - rechnen. Mit „Big Time“ haben wir ein Werk, dass zwar recht einfach, dafür jedoch mit seiner Struktur ehrlich rüber kommt. Man kriegt solide sommerliche Mucke, nicht mehr und nicht weniger. Wer also extrem komplexe Arrangements, monumentale Choralgesänge oder ein Metal-Epos in Perfektion sucht, wird mit dieser CD sicherlich falsch bedient sein. Doch wer einfach nur Gute-Laune-Musik und mal eine Scheibe zum Entspannen sucht, kann sich gerne Adrian Weiss' Soloalbum „Big Time“ zulegen!
Als endgültige Wertung bekommt das Album ein starkes „Annehmbar“, da die Virtuosität des Silberlings zwar durchgehend überzeugt, aber diese ohne das passendes Beiwerk die CD trotzdem etwas dünn erscheinen lässt.
 
Score:
69% Annehmbar …

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