Red Rose – The Cusp of Change

Kritik von: Michael Voit
Album-Cover von Red Roses „The Cusp of Change“ (2013).
„An der 'Schwelle zum Wandel'! Nur wohin?“
Interpret: Red Rose
Titel: The Cusp of Change
Erschienen: 2013
Mit einem neuem Album - plus einem weltweiten Plattenvertrag bei Scarlet Records - im Gepäck, machen sich die Symphonic-Rocker Red Rose auf, neue Anhänger für ihren progressiv-melodischen Metal der 80er Jahre, anzuwerben. Die 2010 in Israel gegründete Band veröffentliche vor zwei Jahren ihr Debüt-Album "Live the Life you've imagined" und wurde großteils, durch enthusiastische Reviews, positiv aufgenommen. Allerdings war das noch um ein oder gar zwei Gänge härter, sowie mit viel Herzblut und einem großen Anteil an Progressiv-Elementen ausgestattet. Das hat zwar auch der aktuelle Longplayer "The Cusp of Change", nur wurde jetzt mehr in Richtung Kommerz produziert. Aber das muss ja nicht unbedingt was Schlechtes heißen. Nehmen wir das vorliegende Werk mal genauer unter die Lupe!
Ich will der Truppe nicht vorgreifen, aber diese Art von Musik gab's vor längerer Zeit schon mal. Grob geschätzt vor 25 Jahren, Mitte der 80er Jahre. Sollte diesbezüglich gar ein Revival stattfinden? Egal, Red Rose geben gleich beim Opener "When Roses faded" Vollgas, wobei der Song leider manchmal zu flach oder zu wenig "effektiv" klingt. Und nicht nur dieser Titel, ich kam noch öfter in die Verlegenheit, nach der zweiten Gitarre Ausschau zu halten. Dennoch sind alle Titel sehr anspruchsvoll komponiert und arrangiert. Selbst als ich dachte, dass mir das zu wenig "rockt", schaffte es das Album immer wieder, mir einen Arschtritt zu geben. Und das will was heißen. Wie man sieht, polarisiert die Scheibe ganz ordentlich - sogar schon während des Hörens. Red Rose machen auf "The Cusp of Change" viele interessante und unterhaltsame Entdeckungen, wie ein Klavier, progressive und atmosphärische Keyboards, catchy Hooklines, fetzige Gitarrensoli, und manchmal sind sogar klösterliche Chöre zu finden. Dennoch ist es streckenweise verhalten, wie wenn im Hintergrund jemand auf dem Bremspedal stehen würde.
Im zweiten Durchlauf nimmt dann alles etwas mehr Form an und mir erschließt sich der ein oder Song, bzw. weiß ich jetzt, was mich die ganze Zeit gestört hat: Zum Einen schwimmt der Sänger stimmlich immer wieder in Klaus Meine's Fahrwasser, was mich gelegentlich dann doch überrascht, sowie irritiert, denn musikalisch sind sie doch eher an "Dream Theater" angelehnt, als an Rudolf Schenker und Co. Ich bin mir ziemlich sicher, so würden die Scorps klingen, würden sie zum Symphonic-Rock wechseln. Aber wer weiß, vielleicht überraschen sie uns noch einmal, bevor sie zum x-ten Mal auf Abschieds-Tour gehen - auch wenn ich mich damit unbeliebt mache und vermutlich die ersten "Sakrileg"-Rufe ertönen werden. Für die Drums wurde übrigens Matan Shmuely von Orphaned Land ausgeliehen. Blöderweise kommt dieser - durch den laschen Sound - leider nur sehr wenig zur Geltung. Als Produzent hat man, wie auch beim Debüt, wieder auf Tommy Hansen gesetzt, der schon mit Bands wie Helloween oder TNT arbeitete. Allerdings, wo das Erstlingswerk noch einen Flächenbrand legte, entzündet der theatralische Metal vom neuen Album maximal ein Lagerfeuer, auch wenn diesmal alles kompakter geworden ist.
Die Titel sind sehr melodielastig, die Synthie ideenreich eingesetzt, aber im Großen und Ganzen mit zu wenig Esprit versehen; was nicht am Gitarristen liegt, das sei hier gleich erwähnt, denn der spielt sich die Finger blutig. Konzeptionell geht es um die recht aktuelle - wenn auch mittlerweile überlebte - "Ende der Welt"-Thematik, die lyrisch sehr vielschichtig ist, aber auch einige andere Themen aufgreift, wie Beziehungen oder den Konservatismus im Vergleich mit freiem Gedankengut. In Israel genauso aktuell wie auch hier zu Lande, wenn auch in etwas abgespeckter Form. "Alone in the Night" rutscht beinahe in eine peinliche Ballade ab, wird aber durch die erstklassige Gitarrenarbeit gerade noch gerettet. In "This better World" werden nochmal alle Geschütze aufgefahren - wenn sich Gitarre und Keys duellieren - dass man nicht recht weiß, soll man sich schämen, weil einem diese arg 80s-lastigen Synthies gefallen oder ist es okay, so etwas zu hören? Einzig "Seize the Day" ist nicht auszuhalten. Da kommt auch keine Gitarrist mehr zur Rettung. Was diesem Album aber schlussendlich den letzten Schliff gibt, ist der Blick aufs atemberaubende Cover, das vom Brasilianer Robert Mello gestaltet wurde. Er machte sich in der Vergangenheit schon mit Arbeiten für Primal Fear, Sabaton oder Benedictum, einen Namen. Ausschlaggebend dafür, ist der Umstand, dass er es geschafft hat, die Essenz des Albums einzufangen und in ein adäquates Cover umzusetzen vermochte. Ein optischer Leckerbissen der Extraklasse.
Fazit: Wir stehen mit dem aktuellen Werk von Red Rose also an der "Schwelle zum Wandel"! Nur wohin? Alles in allem, ist "The Cusp of Change" ein raffiniertes Album geworden, aber der letzte Rest Power fehlt ihm. Die etwas dünne Produktion nimmt den Songs leider seine Kraft, besonders in den Strophen, wenn nur eine Gitarre den Sound aufrecht erhalten soll. Die Soli sind großteils sehr erfrischend und unterhalten mit extravaganten Gitarrenläufen. Man kann also nicht sagen, dass es den Israelis an Innovation fehlt. Sie verbinden Melodien mit symphonischen Bombast. Wäre der Sound mächtiger - und da bin ich mir sicher - hätte das Album eingeschlagen wie eine Granate. Es ist vollgestopft mit netten Melodien und interessanten Ansätzen, gemischt mit diesem, zum Teil schwülstigen Metal. Wie das geht? Hört selbst und, versprochen, es ist fast nie peinlich oder gar übertrieben kitschig. Wenn man "Seize The Day" mal außen vor lässt, denn der Track vernichtet am Ende das Album. Extra Punkte gibt's für den Mann an der Axt, der zwar alleine dasteht, aber vehement, und mit fesselnder Akrobatik, die Stellung hält. Tipp fürs Hören zu Hause: Unbedingt den Bass nachjustieren, sonst wirkt das an sich gelungene Album leider etwas leer und hohl.
Anspieltipps: When Roses faded, Chasing Freedom, King of the Local Crowd, This better World

 
Score:
77% Gut.

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