„Schwedischer Death Metal besteht nicht nur aus In Flames!“
Interpret: Coldworker Titel: The Doomsayers Call Erschienen: 2012
Wenn man nach schwedischem Death Metal gefragt wird, kommt man natürlich zuerst auf den Exportschlager In Flames. Doch das Genre bietet abseits der einflussreichen Gothenburg-Metal Szene noch eine beträchtliche Anzahl an ausgezeichneten Underground-Bands, die vor allem im letzten Jahrzehnt entstanden sind. Eine dieser Gruppen sind Coldworker aus Örebro! Die Deathgrinder sind vornehmlich für ihre hohe technische Versiertheit bekannt. Das aktuellste Album The Doomsayers Call stammt aus dem Jahre 2011, und wir haben mal reingehört!
Der Opener heißt A New Era, und bereits in diesem Track wird die diabolische Grundstimmung erkennbar, die sich wie ein Faden durch das ganze Album zieht. Er bewegt sich zunächst im Midtempo Bereich, ab der Mitte nimmt das ganze dann jedoch Fahrt auf. Die Drums bilden ein solides Gerüst, auf dem die Songstruktur ruht, dabei ist auch Platz für kleine Spielereien mit der Double Bass. Die Rhythmusgitarre beschränkt sich zumeist auf Powerchords, das Solo ist allerdings - trotz der teilweise starken Verzerrung – sehr gut gelungen. Mit The Reprobate geht es nun sehr viel schneller und druckvoller weiter, was nicht zuletzt am Schlagzeug liegt. Die Gitarrenriffs haben mehr Wiedererkennungswert und das Solo ist auch gelungen, insofern stellt dieser Song eine Steigerung im Vergleich zum Vorgänger dar. Das hat sich die Band wahrscheinlich auch gedacht, und den nächsten Song The Glass Envelope fast identisch aufgebaut, getreu dem Motto „was einmal klappt, klappt auch ein zweites Mal.“ Dem ist hier leider nicht so. Die Titel gehen quasi nahtlos ineinander über, auch das Tempo bleibt die meiste Zeit gleich. Die Riffs sind zwar schön thrashig, aber leider auch nicht zu innovativ, deshalb kann man diese Nummer eher vernachlässigen.
Glücklicherweise kommt nun durch Flesh World ein wenig Abwechslung dazu. Das beginnt bereits mit dem eher langsamen Intro, das partiell auch zweistimmig ist. Dieses Lied zeichnet sich durch einige Tempowechsel und einen Breakdown aus, wodurch es prinzipiell nicht langweilig wird. Das Solo ist sehr gekonnt gespielt und die Drums sind gewohnt solide. Gerade wenn man sich an das „gemächliche“ Tempo gewöhnt hat, trifft einen das rasante Riff von Murderous wie ein Blitz. Beeindruckend sind vor allem die wahnsinnig schnellen Bass-Lines. Kurz darauf nimmt die Band aber den Fuß vom Gaspedal und bewegt sich wieder langsamer. Ein frühes Solo wird eingebaut, das wie immer gut gelungen ist. Der benutzte Effekt passt auch richtig gut dazu. Hinter diesem Stück steckt einiges an Power, vor allem der Wechsel zwischen Shredding und Powerchords sorgt für einen angenehmen Kontrast. Nun folgt Pessimist, ein Song, dessen Aufbau quasi das Gegenteil zu dem von Murderous ist: Er beginnt langsam, gewinnt dann jedoch einiges an Geschwindigkeit hinzu. Das Schlagzeug hat hier einen hohen Stellenwert, so wird beispielsweise nicht an Blast Beats und Double Bass geknausert. Das Solo fügt sich ideal ein, Coldworker haben wirklich das maximale aus drei Minuten Spielzeit herausgeholt. Die nächste Nummer heißt Monochrome Existence und beginnt im gehobeneren Midtempo Bereich, die Geschwindigkeit steigert sich dann jedoch nicht zuletzt durch den gezielten Einsatz von Blast Beats. Das Produkt ist insgesamt sehr thrashig und furios.
Nun folgt das wahre Highlight der Scheibe, nämlich Vacuum Fields. Es beginnt leise und dumpf, wird aber klarer, ungefähr so, als ob man von außerhalb in ein Stadion kommt. Nun baut sich der Song unter Verwendung eines wahnsinnigen Tempos theatralisch auf. Bemerkenswert sind die vielen Spielereien und Verzierungen, die Gitarre und Drums verwenden. Bei den Guits sind das vor allem Hammer-Ons, Shredding und Slides, mit denen die Riffs verschönert werden, bei den Drums in erster Linie Blast Beats. Sehr gut gelungen! Dagegen wirkt Living is Suffering leider wie ein ungewolltes Stiefkind. Es beginnt sehr lahm und steigert sich zwar in einen einigermaßen zünftigen Thrasher, das Solo ist auch schön melodisch geworden, aber das besondere, das markante fehlt dann doch. Tempomäßig ändert sich mit The Wall of Eryx nicht viel, auch dieser Song beginnt sehr langsam. Er ist sehr heavy und wird durch ausgiebigen Einsatz der Double Bass begleitet. Generell kommt der Drummer hier mal auf seine Kosten und kann sein Können unter Beweis stellen, was jedoch zu Lasten der Gitarren geht. Ein durchaus harter Song. Violent Society ist dagegen wieder sehr schnell geworden, nach einem kleinen aber feinen Drum Intro bricht ein Riff-Gewitter über den Hörer hinein. Auch hier finden sich jede Menge Blast Beats. Krass klingen aber vor allem die Stellen mit zweistimmigem Shredding. Im Solo wird dann ausgiebig gesweeped. Dieses Lied ist eine Demonstration der technischen Fähigkeiten von Coldworker und stellt natürlich einen absoluten Höhepunkt dar.
Es ist klar, dass dieses Niveau kaum zu halten ist, deshalb probiert es die Band nochmal mit einem anderen Songtypus. Das Ergebnis nennt sich Becoming the Stench! Nach einem sehr verspielten Intro folgt ein Zusammenspiel aus thrashigem Beat und schnellem Gitarrenriff. Die zweistimmigen Parts sind gut und die Nummer ist alles in allem eigentlich sehr flott, aber gegen die Erwartungen, welche durch den vorhergehenden Titel geschürt wurden, kommt es einfach nicht an. Dies ist allerdings auch keine Schande! Mit dem Closer macht die Gruppe dann nämlich wieder alles richtig: The Phantom Carriage tritt dem Hörer gehörig in den Hintern! Ohne größere Vorstellungsphase rasen Gitarren und Schlagzeug durch den bösartigen Titel. Das kleine Druminterlude ist auch nett anzuhören. Für das Outro bedient man sich an dem alten Metal-Klischee mit Regen und Kirchenglocken, wobei es durch die Vögel hier eher harmlos wirkt. Zuletzt hört man nur noch ein schlagendes Herz – das des Hörers nach diesen 45 actiongeladenen Minuten? Oder doch eher das Herz eines Bandmitglieds, dass sich bei der Aufnahme verausgabt hat?!
Wie auch immer! The Doomsayer's Call ist eine ausgezeichnete Platte geworden und beweist, dass Schwedischer Death Metal eben nicht nur In Flames ist. Technisch bewegen sich Coldworker auf dem allerhöchsten Niveau, gesanglich herrscht allerdings eine Monotonie (was in diesem Genre nicht unbedingt ungewöhnlich ist). Die Produktion ist ordentlich und weist keine größeren Makel auf. Das Albumcover ist ein typisches Metalcover geworden, es wird keinen Schönheitspreis gewinnen, aber es zeigt dem potenziellen Käufer sofort, was ihn ihm Falle eines Kaufs erwartet. Insgesamt hat sich das Album 83 von 100 Punkten verdient!
Score:
83% Hervorragend!
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