Interpret: Justice Titel: Live Five Erschienen: 2010
Das Album „Live Five“ der fränkischen Metal-Band Justice ist eine bei den Konzerten am 4. und 25. September 2010 in Gunzendorf respektive Pfäffingen aufgenommene Live-CD, die ausschließlich Cover anderer Bands enthält.
Zunächst fällt die sehr hochwertige Verarbeitung der CD-Box auf, ebenso jedoch auch das sehr spärliche Booklet – bis auf ein paar Bandphotos samt obligatorischen Danksagungen gibt es dort nichts zu lesen. Einige Begleitworte zur CD, der Aufnahme oder allgemein der Entstehung wären schön gewesen. Ganz und gar nicht sparsam waren „Justice“ jedoch bei der Zusammenstellung Trackliste: Sage und schreibe 26 Stücke finden sich auf den 2 CDs über eine Spiellänge von fast 2 Stunden. Bei einem Preis von derzeit 17€ (+2€ Versand) ist das viel Musik für einen sehr angemessenen Preis.
Doch wie wertet man nun eine reine Cover-Compilation? Die Lieder selbst zu beurteilen erscheint sinnlos, stammen sie doch von anderen Interpreten ab. Des Weiteren spannen Justice einen nicht zu knappen Bogen über so manche Metal-Subgenres, was unausweichlich dazu führen wird, dass die meisten Hörer mindestens ein paar Lieder finden werden, die ihnen so gar nicht gefallen. Ist das nun ein negativer Kritikpunkt an der Scheibe? Wohl kaum. Im Gegenteil, es spricht durchaus für die Band, auf ihren Platten unterschiedliche Stilrichtungen unter ein Dach zu bringen. Das gelingt ihnen bis auf wenige Ausnahmen auch ausgesprochen gut. Dennoch sei an dieser Stelle gesagt: Genretranszendenz hin oder her, echte Freude an dem Album werden in erster Linie Freunde des guten alten, klassischen Heavy Metals, des moderneren Power Metals und der Melodeath-Schiene haben. Diese drei Bezeichnungen würde ich auch als prägend für die musikalische Ausrichtung von „Live Five“ angeben.
Lest in unserem Justice-Special im Folgenden alles zur neuen Live-Platte in einer umfangreichen Albendiskussion!
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Die erste CD
Den Einstieg in den ersten der beiden Datenträger bildet Judas Priests „Painkiller“. Ein brachialer Opener mit starkem Riff und gelungenem Gitarrensolo. Der leicht überschlagend abgemischte Falsettgesang kommt präzise und kraftvoll daher, erklingt hier jedoch mit einem leichten Nachhall. Ob dies der Location geschuldet ist oder einen „Hauch“ von 80er-Jahre-Heavy-Metal versprühen soll bleibt unklar. Ich persönlich hätte mir jedoch einen etwas „klareren“ Gesang gewünscht. Nichtsdestotrotz eine tolle Performance.
Sodann folgt mit „Bodom Beach Terror“ der finnischen Children of Bodom ein erster großer Genrewechsel statt. Berstende Grunts finden einen fließenden Übergang in den melodeath-typischen Schreigesang. Auch hier fällt eine leicht dumpfe Abmischung auf, welche in den Höhen und Tiefen ein wenig leer daher kommt. Der Klang ist ohne Zweifel gut, aber etwas sattere Töne hätten insbesondere bei diesem Genre das i-Tüpfelchen gesetzt.
Zurück im Heavy Metal geht es bei Rages „Higher Than The Sky“ mit cleanem aber doch reichlich rauem Gesang weiter. Peavys markante Leadstimme wird kräftig und treffend gemimt, und zum instrumental betrachtet ohnehin recht spärlichen Lineup der Nordrhein-Westfälischen Schwermetaller passt auch die etwas dumpfe Live-Abmischung. Spätestens bei diesem Lied geht einem auch auf, warum eigentlich die Höhen und Tiefen der meisten Lieder ein kleines Bisschen untergehen: Die E-Gitarren und vor allem die Drums sind im Vergleich zum Gesang und den übrigen Instrumenten – etwa dem Keyboard, so es denn einmal spielt – etwas zu laut abgemischt. So „erdrückt“ der treibende, aber auf Dauer eben doch etwas sterilisierend wirkende Sound von Distortions und Trommeln die meiste potentiell vorhandene Melodik. Hard Rocker der ersten Tage wird es freuen, zumal es den Live-Charakter der Scheibe wunderbar hervorhebt. Mir persönlich geht dadurch jedoch ein Tick zu viel Charakteristik der Lieder verloren; denn bereits nach dem dritten Stück – wobei jedes einzelne der Drei nicht unterschiedlicher als die anderen hätte sein können – fangen diese an, sich auf frappierende Weise ähnlich anzuhören, obwohl sie es eigentlich nicht sind. Ein seltsames Phänomen.
In Iron Maidens „Wasted Years“ zeigen Justice mit vielseitigem Gesang und absolut runden Wechseln zwischen kristallklarer und extrem rauer Stimmlage ihre Qualitäten. Die wandelbaren Leadstimmen sind definitiv eine der Stärken der Band.
Es folgt Running Wilds „Under Jolly Roger“ mit abermals recht aufgerautem Gesang. Die treibenden Beats fangen hier endgültig an, sich auffallend dominant im Gehörgang festzusetzen. Dafür sorgt ein nahezu choral anmutender, mehrstimmiger Refrain samt Call & Response für Abwechslung. Man „spürt“ förmlich das Mitgehen der Menge während des Konzertes.
Sodann kommt mit Sabatons „Primo Victoria“ endlich(!) ein Hauch von Bombast ins Spiel. Power Metaler aufgehorcht! Mehrstümmige Einlagen sorgen für ein erhabenes akustisches Antlitz und die ersten wirklich als solche hervortretenden Keyboard-Passagen der Platten mischen dem vormals gitarren- und drumlastigen Album die Voluminösität bei, die ich bei den bisherigen Stücken ein wenig vermisste. „Primo Victoria“ überzeugt mit hervorragendem, tiefrauem Gesang sowie choral-bombastischer Instrumentierung und nimmt damit eine wohlfühlende Sonderstellung im Reigen der übrigen Lieder ein.
Grave Diggers „Heavy Metal Breakdown“ treibt die Leadstimme in höchste Höhen samt gutteralem Fundament. Echte Grunts folgen auf den Punkt. Eine interessante Abwechslung mit leicht hymnenhaftem Einschlag. Über den Text brauchen wir allerdings nicht diskutieren; er war schon im Original Schwachsinn und bleibt es auch im Cover. Solche Lieder sind rein für die Bühne geschrieben und wirken nur vor und mit dem Publikum. Hier zu hören gibt es eine tadellose Live-Version.
Bereits in der belustigenden Ansprache zu Volbeats „Radio Girl“ macht der Sänger klar: Jetzt kommt etwas, das nicht jedem gefallen wird. Tatsächlich trifft der Song mit seiner höheren Stimmlage so gar nicht meinen Geschmack, sorgt durch die Einführung eines alternativen Leadsängers jedoch für einen Farbwechsel. Dem Frontmann scheint es ein klein wenig an Stimmvolumen zu fehlen, um die hohen Töne wirklich ausfüllen zu können. Möglicherweise liegt dieser Eindruck aber auch wiederum an der Abmischung der Platte. Auf jeden Fall eine fachlich gut arrangierte Nummer. Mit „Sad Man’s Tongue“ derselben Band stand mir persönlich dann allerdings zum ersten Mal seit Einschalten der Platte ein sprichwörtliches „WTF?“ auf der Stirn: Was ein Country-Verschnitt mit schrecklichem Texas-Dialekt in einer Metal-Scheibe verloren hat werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr verstehen. Trotzdem die Instrumentierung ab Mitte des Stückes mächtig anhebt, bleibt doch ein sehr fader Nachgeschmack. Oder ein Schmunzeln. Der Song ist sicherlich nicht schlecht eingespielt und an sich spricht er wieder einmal nur für die Wandlungsfähigkeit der Band. Dennoch wirkt er verloren und schlicht und ergreifend deplatziert unter den anderen Nummern. Volbeat – Nichts „für jeden“.
Type O Negatives „I Don’t Wanna Be Me“ sticht wenig aus den anderen Heavy Metal–Brocken heraus, macht aber auch nicht viel verkehrt. So verbleiben einige ersetzbare Minuten 08/15 im Gedächtnis des Hörers.
Dafür schlägt das nachfolgende „Ghost Riders In The Sky“ wieder ordentlich ein. Grunts, Keyboard, Call & Response mit der wunderbar mitgehenden Audience, ein epischer und mehrstimmiger Refrain samt harten Lyrics bei sehr rauer Stimme. Dieser Song hat alles, was eine gute Live-Performance braucht! Musikalisch zwar an und für sich eher unspektakulär, dafür jedoch äußerst souverän vorgetragen und in dieser Live-Fassung definitiv eine gelungene Interpretation!
Mit den Apokalyptischen Reitern findet sich das erste und einzige deutschsprachige Lied auf „Live Five“: „Die Sonne scheint“. Die Leadstimme ist für meinen Geschmack etwas zu leise abgemischt und dadurch hier und da recht schwer verständlich. Dafür bietet der Song wunderbar treibende Beats und ein ausgesprochen voluminöses Arrangement. Eine ordentliche Abwechslung und ein gutes Cover.
Zu guter Letzt begeben sich Justice mit System Of A Down in den anspruchsvollen Endspurt der ersten Platte. „B.Y.O.B.“ wartet mit preschenden und bekannt-nervigen Drums auf, zumal zu Beginn des Stückes ein gerufener Satz deutlich übersteuert ist. Technischer Makel! Ansonsten ist der Song wunderbar arrangiert, obwohl mir die leicht verzerrte Stimme zu Beginn nicht so ganz gefällt. Insbesondere mit Fortschreiten des Stücks – wenn S.O.A.D. dann so richtig ins Progressive abdriften – laufen Justice schließlich zur absoluten Höchstform auf! Der wahnsinnig vielfältige Gesang kommt unglaublich kraftvoll und – ja, diese Adjektiv beschreibt es tatsächlich am besten – stolz daher. Bei der atemberaubenden Variation der Stimmen und Stimmlagen trifft Schauspiel auf einen Hauch psychedelischer Schizophrenie. Ein auffallender und nachhaltig Eindruck hinterlassener Höhepunkt der ersten Platte. Mehr davon! Und tatsächlich setzen Justice mit dem „Klassiker“ Toxicity noch einen drauf. Das relativ ruhig beginnende Stück wartet mit kräftigen, cleanen und anmutigen Lyrics auf, die sich im steten Wechsel mit dem typischen Krächzgesang S.O.A.D.s so richtig entfalten. Wiederum zeigen Justice das volle Repertoire ihrer exzellenten Gesangsleistung, und doch wirkt das Arrangement wiederum etwas saftlos und tonig. Das macht das Stück jedoch bei weitem nicht madig. Im Gegenteil, es ist – wie die meiste bisher geäußerte Kritik – Meckern auf hohem Niveau! Ein gelungener Ausklang einer gelungenen Scheibe.
Somit endet die erste von zwei Discs und hinterlässt einen stellenweise recht eintönigen, insgesamt jedoch sehr positiven Eindruck. Freunde harter Nummern werden von der ersten „Live Five“–Scheibe hellauf begeistert sein. Wer sich eher im melodischeren Metal zuhause sieht, der wird einen etwas zwiespältigeren Geschmack auf der Zunge haben, denn Justice gehen hier auf eine sehr direkte Art ohne echte Umwege vorwärts, machen dabei mächtig Lärm und lassen nur gelegentlich Platz für eine Atempause oder etwaige Melodik.
Kritisierte ich an der ersten Platte noch die sehr zurückhaltende Melodik, so entfesseln Justice auf der zweiten Scheibe bereits als Opener mit Scar Symmetrys „The Illusionist“ ein wahres Melodeath-Feuerwerk auf den Hörer! Sofort fällt die nun kräftige und satte Abmischung auf. Die Drums donnern vor sich hin, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu drängen, und die grandiosen Leadstimmen meistern das Zusammenspiel zwischen gutteraler Strophe und hochmelodischer, cleaner Hookline bravourös. Ein bombastisches Feuerwerk, sehr nahe am Vorbild des Originals, dass in seiner Spielfreude und Umsetzung nahezu vergessen macht, dass es sich um ein Live-Konzert geschweige denn überhaupt ein Cover handelt. Eine phantastische Adaption und der entschiedene Höhepunkt der gesamten „Live Five“!
Sodann widmen sich Justice dem schwedischen Industrial Metal Musical Pain, wobei die zwei ausgewählten Stücke in erster Linie dem melodischen Power Metal zuzuschreiben sind. „Follow Me“ ist ein Uptempo-Berster auf höchstem Niveau. Melodisch, eingängig und Justice-typisch souverän interpretiert. Ein weiteres Highlight, dicht gefolgt vom epischen „Same Old Song“ im Midtempo. Geniale Lyrics verpackt in eine opulente Melodie, vollmundig untermalt von einer getragenen Bridge und atmosphärisch verdichtet durch großflächigen Einsatz synthetischer Streicher. Wie schon beim Illusionist schlittern Justice nur sehr knapp daran vorbei, dem Original nahezu das Wasser streitig zu machen. Eine würdige Adaption mit Dauerrotationspotential. Hören und Genießen!
Zurück in der härteren Gangart geht es mit den amerikanischen Genretänzern Slipknot und ihrem Titel „Psychosocial“ weiter. Furiose E-Gitarren untermalen das Zusammenspiel von gutteralen Textpassagen und cleanen Hooklines im Refrain. Ein Kuchen, für den sich Slipknot recht unverblümt in der Rezepteküche der Göteborger Schule bedient haben. Was bei ihnen gut war, gelingt auch bei Justice erneut.
Weiter im Melodeath folgt Hypocrisys „Eraser“. Ein getragener Grunting-Teppich in einer Umsetzung, die gerade auf Grund der erstmals wirklich durch die Bahn extremen Leadvocals einen Gegenpol zu den meisten bisherigen Stücken darstellt, welche gutteralen Gesang in erster Linie punktuell oder im Göteborger Stile verwendeten. Nichts wirklich Besonderes, aber auch nichts wirklich Schlechtes.
Mit In Flames‘ „Quiet Place“ kommt auf den Schlag der nächste Melodeath-Kracher. Hauptsächlich getragen wird das Stück von den grandiosen zwei Leadstimmen, denen es ganz neben ihrer stimmlichen Qualität auf famose Art und Weise gelingt, nicht nur miteinander, sondern auch gegeneinander zu sitzen. Dazu geladene Keyboardsalben, kräftige Riffs und die insgesamt sehr saubere Abmischung der zweiten Disc … kurzum: Justice wissen was sie tun und liefern den nächsten Höhepunkt ihres Albums ab! In „Cloud Connected“ überbieten sie sich dann sogar noch einmal insbesondere mit den extremen Grunts erneut. Selten habe ich derart druckvollen gutteralen Kreischgesang gehört. Untermalt von einer intensiven musikalischen Wolke aus treibenden Drums, leicht progressiv angehauchten Synthesizer-Salben und den genre-obligatorischen Streichern gelingt Justice hier zum wiederholten Male ein atemberaubendes Gewitter an hochkarätigem Melodeath!
Zurück bei den Children of Bodom wird mit „In Your Face“ abermals die Melodeath-Schiene gefestigt, die den Rest der Platte 2 ausfüllen wird. Ein gutes Stück, für meinen Geschmack aber ersetzbar und langweilig. Insbesondere hier fällt im direkten Vergleich zum CoB-Song der ersten Platte allerdings die unterschiedliche Abmischung der beiden Konzerte auf.
Für Lamb Of Gods „Redneck“ gilt im Prinzip dasselbe. Das Stück ist gut eingespielt, aber es will einfach kein Funke überspringen. Ob das am Track selbst liegt oder an Justices Interpretation bleibt fraglich. Auf jeden Fall eher ein Tiefpunkt des Albums. Gerade im Melodic Death Metal, der schnell die Tendenz entwickelt, eintönig und immergleich zu klingen, hätte spätestens hier eine etwas vielseitigere Songauswahl nicht geschadet. Im Groben entsteht hier zunehmend dasselbe Problem wie im Heavy-Teil der ersten Platte. Die Stücke klingen zunehmend ähnlicher und somit austauschbar. Es fällt schwer, sich auf einzelne Highlights zu konzentrieren, da einfach keine Wirklichen (mehr) hervorstechen. Was hätte z.B. dagegen gesprochen, ein oder zwei balladeske Stücke einzustreuen? Gerade im Melodeath-Bereich gibt es markerschütternde und trotz ihrer Melodik steinharte Halbballaden, die einen wunderbaren Gegenpol zum zunehmend breiigen Hörerlebnis gebildet hätten.
Ektomorfs „I Know Them“ setzt die Reihe unverändert vort. Zwar lässt einen der anfängliche orientalische Touch aufhorchten, all zu schnell verliert sich das Stück dann aber wiederum in zwölftöniges Gegrunze ohne echten W
wiedererkennungswert.
Schließlich nähern sich Justice dann doch ihrem eigenen Abgesang. Und was für einer! Amon Amarths „Pursuit Of Vikings“ setzt genau da an, wo meine Kritik an den letzten Liedern eingeschlagen ist. Kennt man es aus der Falkenburger Schule noch so, dass cleane Vocals gegen Gutterale anstehen, so bieten die hier grabestiefen Grunzer im Duett mit den extremeren, agressiv-„fiesen“ Kreischgrunts eben jene Abwechslung und ganz eigene Charakteristik, die den vorherigen Stücken abhanden gekommen war. Dazu die puristische aber wirkungsvolle Würze einer hauptsächlich von E-Gitarre und Drums gestützten Instrumentierung. Eine geniale Interpretation eines genialen Stückes und der gelungene eigentliche Ausklang der zweiten Platte. Melodeath-Fans unbedingt anhören!
Als trauriges Schlusslicht folgt noch abschließend Debaucherys Blood For The Bloodgod. Stuttgarter Black Metal, der in der Güte und Ausrichtung der übrigen Lieder in etwa ebenso sinn- wie witzlos ist wie Sad Man’s Tongue von der ersten Platte. Seltendämliche Lyrics – wer den Titel kennt hat die wichtigsten Passagen im Kopf – treffen auf amelodisches Gitarrengehobel. Das Beste am Track ist noch die herrlich bissige Ansprache. Definitiv der Tiefpunkt des Albums, aber ein im Angesicht der übrigen Stücke gerne Verziehener.
Somit findet auch die zweite von zwei Discs ihr Ende und leidet im Groben an denselben (wenigen) Krankheiten des ersten Silberlings. Gerade um die Mitte der Spielzeit herum klingen viele Stücke einfach zu ähnlich. Eine etwas kreativere Songauswahl hätte nicht geschadet, obwohl die Auswahl der meisten Stücke zu einer sehr gelungenen und vielseitigen Melodeah-Scheibe geführt hat. Im Gegensatz zur ersten CD ist die Abmischung um einiges satter geraten, ohne jedoch Kraft aus den Drums oder den Gitarren zu nehmen; alles andere wäre bei diesem Genre auch fatal. Insbesondere kommt der zweiten Scheibe zu Gute, dass die Leadvocals insgesamt etwas lauter daherkommen und nicht so sehr von den Instrumenten dominiert werden. So bleibt trotz einiger 08/15-Stücke ein im Grunde wie bei Platte 1 sehr positiver Gesamteindruck zurück.
Eine saubere Arbeit haben Justice da vorgelegt! Wirklich verkehrt machen sie mit ihrem „Live Five“ eigentlich nichts. Im Groben teilt sich das Album in eine primär heavy-metal-lastige CD1 und eine reinblütige Melodeath-CD2. Zwischen den einzelnen Genres werden dann hier und da noch vereinzelt Power und Black Metaler sowie natürlich vollständig systemtranzendente Hörer bedient.
Die einzigen wirklichen Kritikpunkte wurden bereits mehrfach genannt: Die Abmischung der ersten Scheibe ist etwas kraftlos und tumb, was insbesondere im Vergleich mit den sehr intensiven Arrangements der zweiten Disc negativ auffällt. Zwar braucht hauptsächlich drum- und gitarrenlastiger Heavy Metal weniger saubere Höhen und Tiefen, insofern ist es nicht verwunderlich dass die Band hier eher auf eine Fokussierung knallharter Riffs setzt. Dennoch hätte mir eine etwas ausgewogenere Abmischung besser gefallen, gerade auch da sie der Eintönigkeit entgegen gekommen wäre. Die ist nämlich die zweite Macke der „Live Five“. Egal ob Scheibe 1 oder 2, etwa um die Mitte herum nagt die Songauswahl ein wenig am Deck der Belanglosigkeit. Die Stücke sind sich teilweise einfach zu ähnlich, um echte Abwechslung bieten zu können. Innovation – sofern man bei einer Cover Compilation überhaupt davon sprechen kann – ist definitiv keine Stärke des Albums. Dafür überzeugen die meisten übrigen Stücke durch eine astreine Produktion, ungebändigte Spielfreude und an jeder Ecke und Kante die in jeder Form grandiose Gesangsleistung, die auch die meisten an sich durchschnittlichen Songs zu kleine Juwelen aufwertet. Grunts, Screams, cleaner Gesang in allen Farben und Formen und Variationen – so eintönig auf Disc 1 die Instrumentierung, so vielseitig und souverän die Leadvocals auf dem gesamten Album. Es ist eine erstaunliche Leistung, auf welch breitem Feld Justice hier Musik machen, ohne in ihrem Qualitätsniveau auch nur irgendwo markant einzubrechen. Dazu sind die Ansagen vieler Songs kleine humoristische Highlights. Nur schade, dass es keine einzige Ballade auf das Album geschafft hat; bei den Fähigkeiten der Band wären das sicher grandiose Musikstücke geworden.
Abschließend lässt sich sagen: Fans klassischen Heavy-Metals ohne Abneigung gegen die Gefilde des Melodic Death Metals können beherzt zugreifen, und vice versa! Wer ruhigere Töne sucht, ist mit dieser Scheibe falsch bedient. Justice sind von vorne bis hinten „auf Krawall getrimmt“; und das können sie verdammt gut! Eine gelungene Scheibe ohne echte Macken, dafür aber mit so manchen Höhepunkten. Das machen auch die wenigen ersetzbaren Lieder nicht madig. Insbesondere sei ein Besuch ihrer Auftritte ans Herz gelegt. Die „Live Five“ vermittelt einen ungefähren Eindruck ihrer Live Performances, wo dann auch die Lieder etwas anders wirken und am Publikum funktionieren dürften, die auf der Platte an sich etwas verloren erscheinen.
Images and „Justice“ artwork usage permitted by Justice.
Score:
75% Gut.
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