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Molllust – Schuld

Kritik von: Arne Luaith
Album-Cover von Molllusts „Schuld“ (2012).
„Opera Metal mit starken Streichern aus Leipzig.“
Interpret: Molllust
Titel: Schuld
Erschienen: 2012
Der Symphonic Metal ist ein Sorgenkind im Reigen der Spielrichtungen härterer Musik. Erlebte er durch Bands wie Nightwish vor knapp 10 Jahren einen regelrechten Boom, so leidet er heute wie kaum ein anderes Genre unter ausgelutschten 08/15-Rezepten und einer erschlagenden Vielfalt an Bands, die doch irgendwie alle gleich klingen. Man nehme einen weiblichen Sopran, eventuell einen männlichen Growler oder Shouter, und verpacke das Ganze in ordentlich Bombast. So oder ähnlich kann man gefühlte 99% aller Bands dieses Genres zusammenfassen. Molllust setzen mit ihrem Album „Schuld“ einen Longplayer in die Musikwelt, welcher sich all diesen abgedroschenen Klischées gegenüber behaupten muss. Aber gelingt das?
Zunächst sticht die Leipziger Formation durch ihre deutschen Lyrics aus dem Einheitsbrei des „Opera Metals“ hevor, wie sie selbst ihre Musik bezeichnen. Zwar werkelt auch hier ein Sopran als Hauptstimme im Zentrum der durchaus üppigen Orchestrierung, im Gegensatz zu Genre-Vorreitern wie Nightwish oder Epica treten die Vocals aber nur als ergänzendes Beiwerk zur Klangkulisse in Erscheinung. Die Lead Vocals führen nicht, sondern sie gliedern sich nahtlos in die Melodiebögen ein, welche insbesondere von getragenen Streichern geformt werden. Diese bilden auch die prägnanten Melodien, durch welche sich die einzelnen Tracks im Ohr festsetzen. Ferner ist der Gesang im Verhältnis zu den Instrumenten auffallend leise abgemischt und geht unter dem astrein produzierten Tonteppich der Instrumentenschar regelrecht unter. Ein Phänomen, das bei vielen anderen Bands durchaus reger Kritik wert wäre, bei Molllust aber mehr als gewollt wirkt und sich stimmig ins Konzept eingliedert. Die Band spielt schlichtweg keinen textorientierten Metal, sondern versucht sich ganz im Stile der guten alten Klassik an einem impressionistischen Ansatz. Zuhören und sich fallen lassen, lautet die Devise. Wer auf brachiale Riffs und temporeiche Hooklines steht, der wird mit der Band kaum warm werden. Wer sich hingegen – ganz im Stile progressiver Metal-Größen – gerne in seiner Musik verliert und sich ganz und gar von ihr vereinnahmen lässt, der wird seine helle Freude an der Scheibe haben.
Was bleibt ansonsten zu sagen? Der opereske Gesang von Lead Vocalist Janika kommt souverän daher, lässt aber die im Metal so sehr gefragten Ecken und Kanten vermissen. Man nenne mich Stümper oder Kulturbanause – aber unter dem engen Korsett des extrem klassisch gehaltenen Gesangs geht für mich jede Individualität verloren. Damit einher geht auch die Feststellung, dass die deutschen Texte durch die klassische Vortragsweise ins größtenteils Unverständliche abdriften und damit ihren besonderen Reiz weitgehend verspielen. Nichtsdestotrotz bieten Molllust frische Melodien und brillieren insbesondere durch ihren Mut, konsequent auf der klassischen Schiene zu fahren, ohne sich zu sehr mit Pop-Geständnissen an das faule Ohr des Mainstream-Metals anzubiedern. Größte Stärke des Arrangements sind die ungewohnt dominanten Streicher, welcher streckenweise selbst die Drums in den Hintergrund drängen, dabei aber niemals der Musik ihre Intensität und Stärke nehmen. „Opera Metal“ nennen Molllust ihre Musik, und tatsächlich passt diese Beschreibung auffallend gut auf die Band und dazu deutlich besser, als auf zahlreiche andere Musiker des Genres. Das obligate Gesangsduett mit männlichen Countervocals darf mit „Tanz des Feuers“ natürlich auch nicht fehlen. Ein wenig Klischée, aber gelungen in der Umsetzung und mit einem fast folkloristisch anmutenden Touch erfrischend anders.
Fazit:
Letztenendes ist und bleibt es sicherlich ein Kunststück, im überbordenden Sumpf an derzeit aus dem Boden sprießenden Symphonic Metal-Bands noch seine eigene Note ins ausgelutschte Genre zu bringen. Molllust gelingt dies durchaus. Die klassisch aspirierte Musik windet sich auf unorthodoxen Pfaden ins Gehör des geneigten Audiasten. Nicht der Gesang bestimmt die Melodiebögen, sondern die Musik versucht als Ganzes zu wirken – im Kern getragen von hochmelodischen Streichern. Für Freunde progressiver oder direkt klassischer Musik ein einziges Vergnügen! Wer Metal nur mag, wenn es kracht und zieht, der wird der Scheibe dagegen weniger abgewinnen können. Letztenendes ist es eine freudige Überraschung, hier wirklich mal eine Band am Werkeln zu haben, welche die Bezeichnung „Opera“ Metal tatsächlich verdient. Insgesamt wäre an der Individualität der Gruppe noch einiges zu feilen. Für Freunde kunstvoller und eher weniger kurzweiliger Musik lohnt sich ein Reinhören allemal!
 
Score:
75% Gut.

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