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Luder – Adelphophagia

Kritik von: Michael Voit
Album-Cover von Luders „Adelphophagia“ (2013).
„Luder laden zu einer psychedelischen Achterbahnfahrt der Sinne.“
Interpret: Luder
Titel: Adelphophagia
Erschienen: 2013
Das Detroiter Psychedelic-Kollektiv Luder steht mit ihrem mittlerweile zweiten Longplayer in den Startlöchern. Wie schon beim Vorgänger "Sonoluminescence" wurde auch diesmal wieder die Zunge verknotet und dann nach einem adäquaten Albumtitel gesucht, der mit "Adelphophagia" sogar noch ein wenig unaussprechlicher ausgefallen ist. Das tut den ausufernden Kompositionen aber keinen Abbruch, auch wenn das Kurzzeitgedächtnis hier ein wenig gefordert ist, sofern man sich den Titel nicht um-gehend notiert. Und wer darin eine Unver-träglichkeit gegen "Adele" auszumachen glaubt, dem sei anzumerken, dass hier ebenfalls eine Dame am Mikro steht, gleichzeitig den Bass bedient und von ihren drei männlichen Mitstreitern lediglich aus dem Hinterhalt unterstützt wird.
Luder geben ihren Stücken den Raum den sie zum Atmen brauchen. Es koppelt, pfeift und der Bass groovt wie zu The Verve's besten Zeiten, lediglich der Grundtenor ist ein härter und irgendwo zwischen Soundgarden und Queens Of The Stone Age angesiedelt; vielleicht noch mit einem Schuss früher Monster Magnet garniert, wie sich im weiteren Verlauf des Albums zeigt. Ein hochexplosiver Cocktail aus Psychedelic-Elementen und Breitseiten. Dabei haucht Sängerin Sue Lott die Lyrics ins Mikro, das dem musikalischen Kontrast noch ein wenig mehr Futter gibt, und zu keinem Zeitpunkt auch nur den geringste Ansatz von Aggressionen spüren lässt. Denn hier wird meist mit leicht angezogener Handbremse gerockt, dass sich die Balken biegen. Das klingt paradox? Ist es auch, denn dieses Sammelsurium an Einflüssen hat jeder in den späten Neunzigern schon mal gehört, aber noch nie wurde es so eindrucksvoll verbunden, mit einem Hang für Bewusstseins erweiternde Details. Nach einer gefühlten Stunde - rechnet man all das Erlebte zusammen - ist man über Song Nummer Vier noch nicht hinaus. Solche und ähnliche Erlebnisse wird wohl jeder bei Luders aktuellem Longplayer haben. Und das ist auch genau das was die Vielschichtigkeit und den Facettenreichtum des Silberlings ausmacht. Der eigentliche Grund, der ein Entkommen unmöglich macht, ist der Jam-Charakter der Songs, der niemals konzipiert wirkt und daher mit einem Füllhorn an Entdeckungen aufwartet, die bei jedem neuerlichen Durchgang, nach und nach, auftauchen. Und auch die durchschnittliche Songlänge von sechs bis neun Minuten unterstreicht die zerebralen Stücke noch zusätzlich.
Nach einer Stunde ist man dann zurück von Wolke Sieben und nichts ist mehr wie es war. Ich werde es auch vermeiden einzelne Songs aus dem Kontext zu reissen, denn "Adelphophagia" muss am Stück gehört werden: Es gleicht eher einem Reiseführer, der uns in längst vergangene Epochen entführt, als einem Album im herkömmlichen Sinn. Und wer sich, wie ich, aufmacht um Luders Werk mit Kopfhörern zu erforschen, dem wird das Alles noch viel mehr Spass machen, da die Effekte und Soundschnipsel im Verlauf der Songs immer wieder mal die Seiten wechseln. Die Band schreckt sogar vor einem Cover-Song nicht zurück, und so wird David Bowies "I'm Afraid Of Americans" verhackstückt und heraus kommt eine recht interessante und vor allem kompositorisch sehr dichte Version mit Charakter. In Luders Fall wäre sogar ein Album mit ihren persönlichen Lieblingsnummern vertretbar, denn der Bowie-Klassiker strotz nur so vor Eigenständigkeit. Das Cover-Artwork zeigt eigentlich schon recht gut, wohin die Reise geht und wer es während des Hörens auf sich wirken lässt, wird mit einer zusätzlichen optischen Komponente belohnt.
Fazit: Rundum gelungenes Zweitwerk der Detroiter Psychedelic-Rocker: Luder laden zu einer psychedelischen Achterbahnfahrt der Sinne. Perfekt für die dunkle Jahreszeit, schmiegt sich der Sound des Quartetts auf "Adelphophagia" an, wie ein warmer Pullover, zieht den Hörer für 62 Minuten unweigerlich in seinen Bann und wächst wie ein zum Leben erweckter Traum. Musikalisch bin ich für den heiligen Abend gerüstet.
Mein Hörtipp: Kopfhörer verwenden!
Anspieltipps: Entfallen, da das Album als Gesamtkunstwerk betrachtet werden muss.
Vergleichbares: Soundgarden, Monster Magnet, The Verve, Queens Of The Stone Age, Sereena Manesh
Wer in das aktuelle Album „Adelphophagia“ von 2013
reinhören möchte, kann dies hier tun:
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Score:
85% Hervorragend!

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