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Shaking Godspeed – Hoera

Kritik von: Michael Voit
Album-Cover von Shaking Godspeeds „Hoera“ (2013).
„Schräg, schräger, am Schrägsten!“
Interpret: Shaking Godspeed
Titel: Hoera
Erschienen: 2013
Um die niederländische Musikszene ist es in letzter Zeit etwas ruhig geworden, nachdem sich mit der Band Moke vor ein paar Jahren wiedermal ein wahrer Lichtblick auftat. Nicht dass es den Niederlanden an grandiosen Künstlern fehlt, haben sie doch in relativ unregelmäßigen Abständen Größen wie Golden Earring, Herman Brood, The Gathering, Pestilence, Anouk oder eben Moke hervorgebracht. Aber nun steht ein neuer Psychedelic-Stern am niederländischen Himmel und er trägt den Namen Shaking Godspeed. Was dieses 2009 gegründete Trio mit ihrem zweiten Longplayer "Hoera" hier abliefert, würde einem Syd Barrett vor Neid die Schamesröte ins Gesicht treiben. Der Stil des Vorgängers "Awe" wurde erbarmungslos vorangetrieben und ausgefeilt. Die Jungs wüten sich durch das Album, als ob es kein Morgen gäbe. Vor nichts wird halt gemacht und alles ausprobiert. Mehr dazu im folgenden Review!
Der Opener "I Wonder" ist ein bizarres Blues-Rock-Vehikel, das kaum Wünsche offen lässt: Schroffe Gitarren, unberechenbare Keys und ein Schlagzeuggewüte, dass ich zuletzt bei den Walking Papers gehört habe. Der Titeltrack macht mit seinem Southern-Riff geradezu süchtig und ist auch sonst mit allerhand Effekten und Einlagen versehen. "French Girls" erinnert an Led Zeppelins "Misty Mountain Hop". Allerdings war der nicht so konsequent durchgeknallt. "Seasons over" verzückt mit vertrauten Melodien, deren Prägnanz in der Orgel liegt, die den Song so gnadenlos mitreißend macht! Streckenweise erinnern Shaking Godspeed auch an die Rival Sons, für die sie sogar schon im Vorprogramm auftraten, wie auch für Deep Purple und die Australier Wolfmother. "Jesus" rockt - vollgestopft mit allerhand Instrumentarien, wie einem Glockenspiel oder einer Hammond-Orgel - wie wild darauf los. "Gong Gong" ist ein verstaubter Hippie-Blueser, der mit einer sensationellen Gitarrenarbeit von Sänger und Gitarrero Wout Kemkens zu verzaubern weiß. Ich bin erst bei Track 6 und habe mittlerweile das Gefühl ich hätte ein komplettes Album gehört, so randvoll beladen sind die Psychedelic-Stomper. Die Nummern "With" und "Without" lassen nach dem ersten Hören vermuten, was bei den Titelnamen jeweils fehlt, nämlich "Eier". Und so kommt es dass erster rockt wie nichts Gutes und zweiterer eben nicht, sonder mehr an ein Füllerstück aus Kammerspiel-Anleihen erinnert. "Promise" verspricht dann wieder Gas zu geben und tut es auch, mit unzähligen wundersamen Gitarrenläufen.
"The Ghouls have come" ist ein vertonter Spaghetti-Western, aber wieder irgendwo im "Wunderland" angesiedelt; fehlt nur noch der gestresste weiße Hase mit der Uhr…. Herrlich! "Scratch your Name in our Skin" beendet dann die "Tour de esprit" in der nochmals in bester 60s-Psychedelic-Manier losgebrettert wird. Shaking Godspeed lassen einen im Song nie nur verweilen, nein, sie fordern uns mit jedem Track aufs Neue heraus. Und gelegentlich heißt es durchhalten, aber wem dies gelingt, der wird im zweiten Durchgang mit allerhand Finesse und Detailverliebheit belohnt. Psychedelisch bis zum Abwinken: Hier brauchen keine Trips konsumiert zu werden, das Album IST der Trip. Man hört "Hoera" zu jeder Minute an, wie viel Spaß es den Dreien gemacht haben muss, es einzuspielen.
Auf ihrer Wikipedia-Seite heißt es, dass sie den Fokus ihrer Tätigkeit auf Deutschland legen möchten, was für uns heißen würde, dass wir dieses windschiefe Trio endlich mal live erleben können, was unabdingbar ist, nachdem was uns auf "Hoera" erwartet. Liveerprobt sind sie ja schon, denn nach einer Tour durch französische Weinkeller, Rock-Clubs in Spanien und Deutschland und sogar einem Auftritt beim Sziget in Ungarn, haben sie haufenweise offene Münder zurückgelassen. Wer meint, dass das Album mit seinen läppischen 34 Minuten zu kurz geraten ist, dem sei versichert: In diesen 34 Minuten steckt mehr drinnen, als manch eine Band in 60 Minuten unterbringt. Und dabei kaum ein Schwachpunkt. Zitat Shaking Godspeed: "We don't want to please the people with our music, we want to surprise & confuse them…" und das gelingt ihnen mit "Hoera" sogar relativ leicht.
Fazit: Schräg, schräger, am Schrägsten. Shaking Godspeed knallen auf "Hoera" vollkommen die Sicherungen durch und werden so mit Garantie die Spreu vom Weizen trennen, aber wer sich bei Captain Beefheart's Wahnsinn wohlfühlt, Syd Barrett vergöttert oder Weens Exzesse liebt, hat mit Shaking Godspeed einen wahres Füllhorn an verschrobenen Hymen und psychedelischen Ausreißern in der Hand. Confused Blues at it's best! Wegen seines doch sehr speziellen Charakters, gibt es 80 von 100 möglichen Punkten.
Anspieltipps: I Wonder, Hoera, Season's over, Gong Gong

 
Score:
80% Gut.

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