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Coilguns – Commuters

Kritik von: Michael Voit
Album-Cover von Coilguns’ „Commuters“ (2013).
„Ein Album wie eine Gehirnwäsche ...“
Interpret: Coilguns
Titel: Commuters
Erschienen: 2013
Das Schweizer Formation Coilguns wütet sich jetzt schon seit 2011, und 3 EP's lang, durch die Szene. Die Folge waren zwei Europa-Tourneen und Support-Aufträge von Dillinger Escape Plan, Baroness, Nasum, Norma Jean und Black Breath. Endlich haben sie es geschafft, ihren ersten Longplayer einzuspielen, der im März das Licht der Welt erblicken wird. Dass jeder Track live und in einem Durchgang eingespielt wurde, sei hier noch besonders hervorzuheben. Und natürlich komplett ohne Overdubs, aber das versteht sich von selbst. Angereichert wurde alles noch mit illustren Gastmusikern, sodass teilweise bis zu fünf Gitarren gleichzeitig im Einsatz waren. Und das hört man dann auch, soviel schon mal vorweg. Eine "Coilgun" ist übrigens ein elektromagnetischer Beschleuniger für Wuchtgeschosse, bei der Spulen zur Beschleunigung dieser Projektile verwendet werden - fast wie bei einer Magnetschwebebahn. Aber genug der Physik, wenden wir uns wieder dem Album zu, das den treffenden Titel "Commuters" trägt.
Das in zwei Teile gesplittete Titelstück ist das Herz von "Commuters". Und genau wie der Name verspricht, pendeln die Jungs zwischen den Genre's hin und her. Speziell der zweite Teil ist ein psychedelisch dahin pletscherndes Ungetüm, dass jeden Moment zu zerbersten droht. Und das macht es dann bei Minute Sechs auch, für weitere fünfeinhalb, Pupillen erweiternde Minuten. "Hypnograms" klingt direkt nach den Red Hot Chili Peppers, aber so, als würden sie bei "Kyuss" ihr Handwerk gelernt haben. "Machines of Sleep" tut alles andere, aber zum Schlafen ist mir bei diesem Death-Core-Gewitter, nicht zu Mute. "Submarine Warfare Anthem" bedient sich bei den Hellacopters, die hier um ihr Leben spielen. Coilguns haben es doch tatsächlich geschafft, ein wenig Rock 'n' Roll in dieses Meer aus Getobe zu legen. Das habe ich das letzte Mal bei den österreichischen Hardcore-Rabauken Pasty Clan gehört (Hörtipp!, Anm. d. R.). Doch dann wird das Gaspedal wieder durchgetreten. Und zwar bis zum Anschlag. "Minkowski Manhattan Distance" nennt sich der 7-Minuten-Brocken, der beim Aussprechen ebensoviele Probleme bereitet, wie auch beim Hören: Mit ein paar genial-schrägen Gitarreneinlagen bahnt er sich seinen Weg wohl durch so ziemlich alles, was sich ihm in den Weg stellt. Gegen Ende des Stücks entflammt ein Death-Metal-Hagel, wie ich ihn seit den Anfängen von Deicide oder Obituary nicht mehr gehört habe. Aber dabei bleibt es nicht, im Folgetrack "Blunderbuss Committee" wird sogar noch die Akustik-Klampfe ausgepackt und auf einen Synthieteppich geschnallt, der vermutlich bei Anathema ausgeliehen und auch so ins Rennen geschickt wurde. Mal sehen was passiert!?
Zu allem Erstaunen tut sich nichts, das "Donnerbüchsen Komitee" verläuft sich im Sand. Das war auch dringend nötig, alleine schon wegen "21 Almonds a Day", dass gleich wieder in die Presche springt. Das erbarmungslose Hardcore-Getobe geht auf "Flippsists/Privateers" in die zweite Runde. Mittlerweile bin ich am Rande des Wahnsinns, da schwenken Coilguns um und nehmen endlich den Druck weg. Mit "Earthians" stimmen sie mich dann wieder versöhnlicher: Herrlichster Prog-Doom, der aber auch - wie soll es anders sein - im Wahnsinn gipfelt. Ziemlich benommen, ist Stille das Einzige, dass auf 50 Minuten psychedelische Achterbahnfahrt, konsumiert werden kann. Und um die Kredibilität zu unterstreichen, ist das vorliegende Werk natürlich auch als Vinyl zu haben. Ein Blick auf ihre Facebook-Seite ringt mir dann noch einen Schmuntzler ab: Sie teilen doch tatsächlich meine Aversion gegen Phil Collins. Das gibt Sympathie-Punkte. Da das Trio live ein wenig in der Unterzahl ist, wird die Gitarre und der Bass simultan bedient und durch verschiedenste Verstärker und Gerätschaften gejagt, um einen volleren Sound zu bekommen. Wie das von statten geht? Da kann ich nur anraten, selbst bei einem Konzert der Truppe vorbeizuschauen. Eine spannende Sache, zumal dann eigentlich nur zwei Instrumentalisten auf der Bühne stehen, plus einem Sänger.
Fazit: Ein Album wie eine Gehirnwäsche: Coilguns Brachial-Monument "Commuters" ist der perfekte Snack zu ein paar Bieren und ein wenig überschüssiger Energie - Ohrenbluten inklusive. Es sollte allerdings mit der Aufschrift "This Product may freak you out!" versehen werden. Der etwas unhandliche und sperrige "Lagerspalter" lässt kaum einen roten Faden erkennen, sondern es wird drauf losgeprügelt, dass sich die Balken biegen. Am ehesten trifft es vielleicht noch die folgende Genre-Beschreibung: Dessert-Stoner-Death-Core. Sie lassen sich sehr schwer festnageln; wie oben schon erwähnt, pendeln sie zwischen allem, was nur einigermaßen böse und wütend ist, hin und her. Wer oder was mag sie nur so erzürnt haben? Wer gegen ein wenig aggressive Härte nichts einzuwenden hat, und auch die durchgeknallten Aspekte der Truppe zu schätzen weiß, findet ein nicht uninteressantes Werk vor, dass in seiner Vielschichtigkeit, immer wieder auf's Neue überrascht.
Anspieltipps: Commuter Pt. 1+2, Blunderbuss Committee, Submarine Warfare Anthem, Earthians

 
Score:
77% Gut.

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