Wenn man den Ausdruck „Mittelalter–Metal“ als Abgrenzung vom „Mittelalter–Rock“ gebrauchen wollte, so wäre dies bei der Band „Ragnaröek“ wohl mehr als angebracht! Bei der Fülle der bereits existierenden und aufkommenden Mittelalterbands schaffen es Ragnaröek nämlich, sich durch ihren härteren Musikstil in Verbindung mit der rockigen Gesangstimme angenehm vom Folk-Einheitsbrei abzuheben und nicht wie viele andere mehr oder weniger in der Maße unterzugehen. So schließt sich auch ihr neues Album „Eiskalt“ im Stil direkt an den Vorgänger „Rache“ an. Dabei lässt bereits der Albumtitel eine Assoziation mit Kälte und Kärte zu und verheißt hohe Erwartungen im Bezug auf die Texte und Musik.
Bereits im ersten Song, welcher den Titel des Werks erneut aufgreift, bestätigt sich diese Annahme. Nach einer kurzen Eröffnung mit Herzschlag und Gewitter steigen Ragnaröck direkt mit gekonnten Riffs unterstützt von Folkinstrumenten ein. Alles in allem ist der Track sehr Eingängig und stellt einen gelungenen Opener dar, der dem Zuhörer Spannung auf den Rest des Werkes bereitet. Der Text hat, wie das gesamte Album an sich, eine klare Botschaft, die aber zugleich mit zahlreichen Metaphern durchsetzt ist. Das kommt dem Hörer zur Abwechslung durchaus zu Gute, da die Texte zwar sehr klar und eingängig angelegt sind, es aber insgesamt viel zu viele Wiederholungen gibt. So bleiben die Lyrics und ihre Botschaft zwar schnell in den Köpfen hängen, werden aber nach mehrmaligem Hören schnell langweilig.
Dieser Eindruck setzt sich auch in den nächsten Liedern wie „Wahrheitsfinder“ und „Schlachtengebet“ fort. Der Hörer findet hier energischen Schlagzeug- und Gitarrensound, der gelungen und nicht übermäßig mit übertrieben folkigen Tönen durchsetzt ist. In „Wahrheitsfinder“ wird mit dem wiederholten „Schrei es heraus“ die Textaussage deutlich untermalt; der Gesamttext ähnelt einer Kampfansage. Ebenfalls in „Schlachtengebet“ findet sich dann auch wie in den ersten beiden Liedern der typische Ragnaröek Sound wieder, wobei der Gesang in diesem Track, in dem es um Schlachten und gefallene Krieger geht, sogar noch tiefer gehalten ist und so noch die Assoziation vom Tod und Leid unterstützt.
Aber auch wenn die Texte gelungen und musikalisch gut untermalt sind fehlt dem Hörer hier, wie auch auf weiten Teilen des Albums insgesamt, die gewisse Abwechslung; oder zumindest ein klar hervorstechender Song. Einen solchen stellt als wohltuende Ausnahme beispielsweise das Seemannslied „Piratenbrut“ dar, welches fröhlichere, noch schnellere Melodien aufweist, die fast schon zum Mittanzen einladen. Unklar ist dabei jedoch, warum sich Ragnaröek hier, wie schon viele andere Mittelalterbands, dem Piratenthema hingeben, da dieses im Vergleich zu ihren anderen Songs eher heraussticht und eine Band dadurch schnell in die Seefahrer-Schublade gepackt werden kann, sich zumindest aber recht überflüssigerweise der Klischékiste bedient. Der Track mutet im Gesamtkompositum irgendwie fehlplatziert an.
Mit dem Lied „Furchtlos“ kommen zwar auch ruhigere Parts hinzu, die jedoch im Refrain erneut in den klaren harten Ragnarörk-Stil übergehen. So bildet das Lied „Meer“ einen sehr gelungenen, ruhigen Kontrast zum ansonsten sehr direkten und kraftvollen Titeltrack „Eiskalt“. Dieser wird von einer ruhigen, melancholischen, fast schon balladenartigen Melodie bestimmt. Die Gesangstimme ist ebenfalls ruhiger gehalten und wird noch von weiblichen Vocals unterstützt. Dieses ruhige Lied stellt einen gelungen Gegenpart zum Rest des Werkes dar, hätte aber weiter vorne im Album denn als Nummer 11 seine Wirkung noch eindrucksvoller entfaltet und dem Hörer eine Art musikalische Ruhepause geboten, die eine deutliche Bereicherung für das Gesamtwerk gewesen wäre.
Den letzten Umbruch im ansonsten sehr geradlinigen Stil bietet mit „Elektrowahn“ auch schon das letzte Lied des Albums. Der Track ist – wer hätte es bei dem Titel vermutet? – stark von elektronischen Einflüssen geprägt und hebt sich immens vom Rest des Albums ab. Für Hörer, welche diese Art von Musik nicht gewohnt sind, bleibt es auch nach mehrmaligem Hören schwer, sich daran zu gewöhnen. So ist es wohl schließlich jedem selbst überlassen, wie er dieses Stück einordnen will; ob er es als stilistische Bereicherung oder absoluten Fehlgriff einschätzt.
Fazit:
Letztendlich liefern Ragnaröek mit „Eiskalt“ also erneut energiegeladenen Mittelalter–Metal ab. Auch wenn das Album hier und dort seine Schwächen hat, so ist es dennoch sicherlich für Fans eine gelungene Fortsetzung des ersten Albums und eine saubere Abwechslung für Freunde des Mittelalter–Rocks, die mal etwas Neues geboten bekommen wollen. Deshalb ist die Prognose, dass wir in Zukunft noch mehr von Ragnaröek hören werden, wohl sehr berechtigt und lässt einiges erwarten!
Score:
71% Gut.
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