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Tom Keifer – The Way Life Goes

Kritik von: Michael Voit
Album-Cover von Tom Keifers „The Way Life Goes“ (2013).
„Zeitlos-rotziger Blues trifft auf Pathos und Leidenschaft ...“
Interpret: Tom Keifer
Titel: The Way Life Goes
Erschienen: 2013
Seit dem Cinderella 1994 die Segel strichen und damit endgültig von der Bildfläche verschwanden, blieben viele Fans unbefriedigt und in Wartestellung zurück. Mit "The Way Life Goes", dem langerwarteten Soloalbum des Ex-Cinderella-Leaders gewährt uns Tom Keifer - auf Vierzehn Nummer und knappen 52 Minuten - Einblick in die letzten 19 Jahre. Eine Zeit in der er Höhen und Tiefen durchlebte, wie zum Beispiel der Verlust seiner Stimme, die ausgefallene Europa-Tournee oder den Grunge, der die Vormachtstellung in den härteren Gefilden übernahm. Und zu guter Letzt zerstritt sich die Band komplett, so dass der heute 52-jährige Keifer in schwere Depressionen fiel.
Dabei schufen sie mit den Alben "Night Songs", "Long Cold Winter", "Heartbreak Station" und "Still Climbing" nicht nur Klassiker des Genres, sondern auch echte Meisterwerke an zeitloser Rock Musik. Speziell die drei Letzteren sind Pflicht in jeder Plattensammlung. Zuzüglich der beiden Live-Alben "Live at the Key Club" und "Live at the Tokyo Dome". Seit 2003 arbeitet Keifer an der ersten Veröffentlichung, seit dem letzten grenzgenialen, aber von den Kritiken weitgehend verschmähten Cinderella-Album, "Still Climbing". Der Titel klang damals mehr nach einem Wunschtraum, denn eigentlich war die Band unweigerlich auf Talfahrt, wenn auch das Album - aus meiner Sicht zumindest - zu den stärksten der Band gehört. Dennoch war die Zeit des Hairmetal endgültig vorbei. Manche mögen da vielleicht Kurt Cobain die Schuld geben, der mit seinen kritischen Texten, unbewusst der Spass-Mucke den Kampf ansagte, und letztendlich gewann.
Es war ja nicht nur Cinderella, auch Skid Row, Mötley Crüe, Poison und wie sie alle heißen, konnten sich die Schminke aus dem Gesicht wischen, denn nun waren ernstere Töne im Rock gefragt. Knapp 20 Jahre später relativieren sich Acts wie Nirvana oder Pearl Jam dann doch wieder ein wenig, und Tom Keifer hat freie Bahn, den Rock-Olymp zurück zu erobern. Keine Angst, der Mann gurgelt immer noch mit Reißnägeln, aber vermutlich nur mehr jeden zweiten Tag, denn außerhalb von Cinderella setzt er dieses Stilmittel dann doch dezenter ein. Das hätte ich mir eigentlich schon zu Cinderella-Zeiten gewünscht, denn Keifer hat eine echt geile Stimme. Gelegentlich ließ er sie auf dem 90er-Release "Heartbreak Station" schon durchblicken, aber leider versteckte er sie viel zu oft hinter seinem Gekrächze. Nicht so auf "The Way Life Goes", das zusätzlich mit Streichern, Klavierpassagen, gediegenen Balladen oder sogar Bläsereinsätzen aufwartet, wie schon bei dem 1990er-Hit "Shelter Me". Aber sehen wir dem Mann doch mal etwas genauer auf die Finger:
Der Opener, und vermutlich Überbleibsel aus seiner Zeit mit Cinderella, "Solid Ground" eröffnet mit bluesigen Licks, gefolgt von einem Befreiungsschrei, der durch Mark und Bein geht. Und dann kann, nach 19 Jahren, endlich wieder abgerockt werden und erinnert zugleich, wie es ist, bei einem Song Gänsehaut zu bekommen. Er kann es also noch immer. Für seine Fan-Gemeinde wird das Balsam für die Seele sein, den Tom und seine Band fegen los, als ob es die beiden stagnierenden Dekaden nie gegeben hätte. Wer's nicht kennt, unbedingt ansehen, es wird euch Hören und Sehen vergehen. Gelegentlich darf natürlich auch ein wenig Kitsch nicht fehlen, aber daran hat sich der geneigte Cinderella-Fan eh schon gewöhnt, wenn man Songs wie "Nobody's Fool", "Don't Know What You've Got, Til It's Gone", "Heartbreak Station" oder "Through The Rain" zu Rate zieht. Auf "The Way Life Goes" sind das "A Different Light", "Thick And Thin", "Ask Me Yesterday" und "The Flower Song", der die Vorabsingle darstellte und stark nach Rod Stewart & The Faces klingt. Aber Tom war schon immer ein begnadeter Songwriter und ich würde, wenn man schon den Vergleich mit Cinderella heranzieht, "The Way Life Goes" wohl am ehesten bei dem reduzierten, aber nebenbei interessantesten Cinderella-Album "Heartbreak Station" einordnen. Aber zur Untermauerung seiner Solo-Platte dürfen diesmal auch elektronische Parts in die Songs und verpassen dem Longplayer einen zeitgemäßen Sound. "Cold Day in Hell", "Fools Paradise", "Mood Elevator" oder "Welcome To My Mind" schlagen gar eine Richtung ein, die selbst alten Fans die Tränen vor Verzückung in die Augen treiben werden, denn so frisch und enthusiastisch klangen die alten Hairmetal-Haudegen nur sehr sporadisch.
Kritik von: Michael Voit
Auch handwerklich konnte man Keifer und Co noch nie etwas schlechtes nachsagen, denn schon seit ihren ersten Aufnahmen auf "Night Songs" war er stets um anspruchsvolle Instrumentierung bemüht, die im Unterschied zu den meisten Genre-Kollegen viel zeitloser ausfielen und daher immer noch einwandfrei funktionieren. So werden die Gitarren wieder bis zum Exzess gewürgt, und auch Slide-Parts tummeln sich genau so auf der Platte, wie der obligatorische Fotzhobel, der dem Blues zusätzlich immer ein wenig Würze verleiht. "Ain't That A Bitch" lässt sogar Stevie Wonders Groove spüren, gepaart mit spritzigen Soli und eingängigen Hooks, die an längst vergangene Tage des Rock 'n' Roll erinnern. Wie auch im Titeltrack, der diese Tradition noch weiter ausreizt. Das Schlussstück "Babylon" huldigt dann noch verdächtig auffällig den Rolling Stones, aber mit einer Brise Wahnsinn versehen. Was man ich darunter vorstellen soll? Man nehme "Brown Sugar", übersteuere es a la Black Rebel Motorcycle Club und menge ein wenig Cinderella bei, womit sich der Kreis eigentlich wieder schließt. Einzig der Sound mag die Geister scheiden: Ist das jetzt gewollt, dass die Titel streckenweise so brüchig klingen, oder ist das einfach das Ergebnis von jahrelangem herumexperimentieren in verschiedensten Studios, mit unterschiedlichem Equipment? Manchen Songs steht dieser Effekt ganz gut zu Gesicht, bei anderen wirkt es direkt lästig, wenn die Bässe brechen und so einen Genuss mit Kopfhörern ausschließt. Abschließend kann man nur hoffen, dass bis zum nächsten Output nicht wieder 19 Jahre ins Land ziehen.
Fazit: Zeitlos-rotziger Blues trifft auf Pathos und Leidenschaft: Tom Keifer entdeckt noch einmal den Blues für sich und zelebriert ihn mit all seinen Ecken und Kanten. Ein starkes, ehrliches und längst überfälliges Lebenszeichen des Ex-Cinderella-Frontmanns. "The Way Life Goes" klingt zwar im Gesamteindruck nicht ganz so knackig wie die früheren Cinderella-Platten, aber das soll sie vermutlich auch nicht. Trotzdem kann Keifer seine Wurzeln nicht verstecken und wird daher immer den Vergleich mit seiner früheren Kombo antreten müssen. Nichts desto trotz: Unbedingte Kaufempfehlung!
Anspieltipps: Solid Ground, It's not enough, Cold Day in Hell, Fools Paradise, Mood Elevator, Ain't that a bitch, Babylon
Vergleichbares: Cinderella, The Quireboys

 
Score:
83% Hervorragend!

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