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Interview: Sonata Arctica

mit Tony Kakko vom 6. November 2012 in der Markthalle, Hamburg
Anfang November besuchten die finnischen Progressive Metal-Vorreiter von Sonata Arctica im Zuge ihrer „Stones Grow Her Name World Tour 2012“ wie schon im Frühjahr 2011 die Hansestadt Hamburg. Grund genug für uns, die Studioausrüstung durch Wind und Wetter zur Markthalle zu schleppen, um Gesangsakrobat Tony Kakko zum Gespräch zu laden!
Wie lief die Tour und welche Städte und Länder sind für eine seit Jahren erfolgreiche Band überhaupt noch aufregend und sehenswert? Wie stehen die Chancen, dass es die Band in absehbarer Zeit down under auf die entgegengesetzte Seite der Erdhalbkugel verschlagen wird? Wo liegen die Probleme beim Spielen an exotischen Orten im fernen Osten und Westen? Lernt man als Band tatsächlich „Freunde“ on Tour kennen, oder bleiben die aber- und abertausenden kommenden und gehenden Gesichter doch eher austauschbare Silhouetten im Fanmeer? Und warum haben die Finnen in früheren Shows die Setlist je nach Land und Location angepasst, wohingegen sie heutzutage bei einer Tour im Prinzip überall dieselben Lieder spielen?
Viele Fans kritisierten die neuen, zunehmend progressiveren Tönen der Band, die mit „Stones Grow Her Name“ wohl endgültig den klassischen Metal-Bereich verließen und sich in die Gefilde eines nicht wirklich definierbaren, ganz eigenen Experimental-Sounds begaben. Insbesondere auf Konzerten wird diese schizoide Spannung deutlich spürbar, wenn die Fans bei alten Power-Tracks à la „Fullmoon“ in moschende Raserei verfallen, wohingegen sie etwa bei einem „Cinderblox“ vielleicht noch in der Meinungsbildung gefangen sind. Wobei doch gerade dieser Track laut Tony live inzwischen deutlich von der Album-Fassung abweicht! Doch wo zieht man als Band die Grenze zwischen dem Spielen alter Songs, um alte Fans zu begeistern, und dem ewigen Mitschleppen vorzeitlichen Ballasts, der mit dem heutigen Sound der Band so gar nichts mehr gemein hat? Zeit für einen Break? Oder doch lieber: Wahren der Traditionen? Tricky questions for tricky beans.
Für viele Bands sind alte Lieder unantastbar und das Verändern festverwurzelter Arrangements, um dem gewachsenen musikalischen Stil der Band gerecht zu werden, gleicht auch unter Fans schnell einem Sakrileg. Gerade für eine Band wie Sonata Arctica, die doch eigentlich seit Jahr und Tag im Zwist zwischen straighten Power-Metal-Klängen und progressivem Schallwäldern steht, stellt sich da natürlich die Frage: Haben die Jungs jemals daran gedacht, ein paar der alten Songs im progressiven Gewandt wieder aufleben zu lassen? Wie steht Tony allgemein zum Verändern alter Melodien? Würde etwa eine akustische Version von „The End Of This Chapter“ von den Fans wohlwollend aufgenommen werden oder doch eher auf Ablehnung stoßen? Wie bewertet er derartiges Recycling aus Musikersicht: Retrospektiver Grabraub oder bereichernde Huldigung der eigenen Bandgeschichte?
Zumindest den Weg in die akustischen Gefilde traten die Finnen auf ihrer aktuellen Tour bereits an: Knapp ein Viertel ihrer Setlist bestand auf der „Stones Grow Her Name Tour 2012“ aus klassischen Sonata Arctica-Tracks; neben den übrigen Bandmitgliedern auch von Tony, dem bekennenden „schlechtesten Gitarrenspieler der Welt“, höchstselbst auf der Westerngitarre begleitet! Überhaupt, sind die progressiven Lieder der neueren Bandgeschichte eigentlich schwerer für Tony zu singen als die älteren Songs? Hört man sich an, wie er auf den Alben mit seiner Stimme spielt, leichtfüßig zwischen cleanen Melodien und Kreischgesang wechselt und von tiefen basslastigen Tönen zu hohen Screams springt, dann scheint dies kaum vorstellbar. Aber wie erlebt er den Vergleich als Sänger?
Sieht Tony sich als Entertainer, Geschichtenerzähler oder doch eher als Kunstmusiker? So ist etwa das Thema „Trauer“ für ihn elementarer Bestandteil des Songwriting-Prozesses, wie er berichtet. Wie weit denkt er sich die Texte dabei aus und wie viele Details entlehnt er eigenen Erfahrungen und Erlebnissen? Mit Liedern über die Tsunami-Katastrophe in Japan (The Day) oder den derzeitigen Generationsbruch unserer westlichen Gesellschaft (I Have A Right, der zuerst nur als japanischer Bonustrack geplant war) nähert er sich auch zunehmend ethisch-politischen Gefilden an. Sieht sich die Band somit möglicherweise in einer Art Kommentatorfunktion?
Meat Loaf wurde einmal gefragt, warum er so viele seiner Lieder auf Live-Konzerten ganz anders vortrage, als sie auf dem Album zu finden seien. Seine simple Antwort war: Wenn Leute das Album hören wollen, könnten sie das Album kaufen, aber auf Konzerten will er ihnen etwas bieten, was sie nicht einfach im Radio bekommen. Wie steht Tony zu so einer Ansicht? Ist es eine gute Idee, Tracks der Live-Show umzuinterpretieren, oder entfernt man sich damit zu weit von dem, was die Fans beim Konzert hören wollen? Zumindest was Medleys ihrer Songs betrifft waren die Finnen immer recht offen eingestellt.
Zu guter Letzt warfen wir natürlich noch den obligaten Blick in die Zukunft: Wie sieht es mit einem etwaigen Nachfolge-Album zu „Stones Grow Her Name“ aus? Tony plant derzeit, sich stilistisch am aktuellen Longplayer zu orientieren. Zusammengefasst: „Keeping the progressive stuff, but having it in a more classical shape.“ Zudem rechnet er damit, wieder einmal eine Menge seines Solo-Materials für die Band aufopfern zu müssen, wodurch sein geplantes Solo-Album sich wohl verschieben wird. Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch, dass bereits viele konkrete Ideen und gar ganze Songs für das nächste Album in der Mache sein dürften. Mit der hochtourigen Arbeit am neuen Longplayer möchte die Band dann voraussichtlich Ende 2013 beginnen. Man darf gespannt sein!
Dies und vieles mehr erfahrt ihr in unserem 20minütigen Interview.
Viel Spaß beim Schauen!
P.s. Die Bilder von der Show am 6. November 2012 in der Hamburger Markthalle findet ihr wie gewohnt in unserer Galerie!
Moderation: Arne Luaith; Fotografie: Arne Luaith; Kamera: Alexander Kipke
Wer in das aktuelle Album „Stones Grow Her Name“ von 2012
reinhören möchte, kann dies hier tun:
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