Dass man es als Newcomer-Band, speziell wenn man aus Österreich kommt, nicht immer leicht hat, davon können auch die Tiroler Progressiv-Funk-Rocker Mother's Cake ein Lied singen. Mit ihrem hochgejubelten Debüt Album "Creations Finest", auf dem sich Jimi Hendrix, Led Zeppelin und die Red Hot Chili Peppers die Klinke in die Hand zu geben scheinen, startete das Trio im letzten Jahr voll durch und führte sie sogar als Support auf die Bühne von Iggy And The Stooges.
Mit dem dazugehörigen Video Soul Prison - welches bisher knapp 200.000 Views auf YouTube erreichte - zeigten sie dann noch einigen heimischen Acts, wie's gemacht wird. Trotzdem wissen die drei sympathischen Musiker, dass auch eine gehörige Portion Glück dazugehört, um sich einen festen Platz im Musikbusiness zu sichern bzw. überhaupt einmal aufzufallen.
Im spaßigen Interview erzählen Gitarrist Yves Krismer, Schlagzeuger Jan Haußels und Bassist Benedikt Trenkwalder vom Hoch und Tief in der Musikbranche, wie sie sich ihren Platz in der Musiklandschaft sichern wollen, von ihrem Glück im Film "Local Heroes" mitzuwirken, ihrer anstehenden Vinyl-Veröffentlichung von Creations Finest, der Wichtigkeit einer originellen Bühnenshow und der eventuellen Anschaffung einer Bühnensau á la Pink Floyd.
Und allen, die sich einen direkten Eindruck von der Live-Macht der Jungs machen wollen, seien folgende Shows ans Herz gelegt:
12.10.: AT – Ehrwald, Musikcafé /w Marrok
18.10.: AT – Innsbruck, p.m.k. /w Leech, Lausch
19.10.: AT - Silz, Gemeindesaal /w TOI und Kawumm
25.10.: AT – Lustenau, Carini Saal /w Milk +
Viel Spaß beim Lesen!
Das Interview:
Michael: Hallo Leute, wir befinden uns hier im frei:raum im österreichischen St. Pölten und bei mir sitzen Mother's Cake. Hallo zusammen! Danke dass ihr Euch Zeit nehmt!
Jan: Gerne! Danke, dass es Dich interessiert.
Michael: Ihr habt heuer eine ganze Palette an Auftritten absolviert, schien gut zu laufen dieses Jahr?
Jan: Ja, auf jeden Fall!
Michael: Wie bereitet ihr Euch auf ein Konzert vor? Habt ihr da ein bestimmtes Ritual?
Yves: Es gibt da ein unbewusstes Ritual von uns: Manchmal denken wir uns eine Woche vor dem Auftritt, dass der Gig mit Sicherheit richtig schlecht wird, das werden meistens dann die besten Shows.
Michael: Auch nicht ganz unwichtig wenn man live unterwegs ist: Was ist Euer Rezept, dass ihr Euch on the road nicht an die Gurgel geht?
Jan: Bis jetzt ist das noch nicht vorgekommen. Wir hatten auch schon eine Belastungsprobe als wir auf Deutschland-Tour waren. Und unser Manager war der fixen Überzeugung, dass es da Stunk geben wird, weil wir halt alle nicht ganz einfach sind. Bei mir muss immer alles nach Plan gehen, wie bei 95 Prozent aller Schlagzeuger, wie mir jetzt mal aufgefallen ist. Und der Yves und der Benedikt sind eher die Freigeister in der Band. Aber es war wirklich erstaunlich, wie wir alle auf einander Rücksicht genommen haben. Es gab keine Eskapaden oder dergleichen.
Benedikt: Wir haben eine professionelle Freundschaft. (lacht)
Michael: Muss man heutzutage, wo so viele Bands aus dem Boden sprießen, noch mehr Entertainer auf der Bühne sein? Sprich, reicht es heute überhaupt noch, einfach nur gute Musik zu machen?
Yves: Ich kann nur sagen, dass es verdammt hart ist. Meiner Meinung nach ist live spielen das Wichtigste. Da trennt sich dann die Spreu vom Weizen. Im Studio kannst Du ja alles schön ausschmücken, aber da habe ich schon Bands gehört, die auf CD richtig geil waren und dann hörst Du die live …. Drum hat heute das Live spielen schon einen höheren Stellenwort als früher noch.
Benedikt: Ich glaube schon auch, dass es wichtig ist, mehr Aspekte als nur die Musik abzudecken. Weil es gibt ja Leute, die man visuell viel besser abholen kann. Pink Floyd haben das ganz gut gemacht.
Jan: Genau, wir brauchen noch eine große Plastik-Sau! (lacht)
Benedikt: Sowas gibt's heute auch nicht mehr.
Jan: Das stimmt, die Leute sind heutzutage schon zufrieden, wenn sie ein paar Laser um die Ohren geschossen bekommen und ein paar knapp bekleidete Tänzerinnen auf der Bühne stehen. Aber wir träumen schon auch davon, mal ein Bühnenkonzept zu entwerfen, wo die Leute dann mit offenem Mund dastehen. So gesehen ist Show schon wichtig.
Michael: Das sollte man ja erwähnen: Ihr entwerft Euer Bühnenkonzept auch noch nebenbei selber. Wollt ihr nichts aus der Hand geben oder findet ihr, das gehört eigentlich zu den Aufgaben der Band?
Yves: Das Konzept zu schreiben auf jeden Fall, weil es muss ja im Einklang mit der Musik sein und vor allem soll es uns selber gefallen.
Benedikt: Es soll ja auch ehrlich rüberkommen.
Jan: Die Leute merken dass, wenn man sich da selber den Kopf drüber zerbrochen hat. Und bei einer Band wie uns, die von der Radiolandschaft eher ignoriert wird, und es auch über andere Medien schwer hat, da muss man dann halt schauen, dass man die Leute mit Musik und Show total vereinnahmt.
Benedikt: Wenn Du natürlich lange genug mit Menschen zusammenarbeitest, die wissen was du transportieren willst, dann kann man das schon aus der Hand geben.
Yves: Für Feedback sind wir natürlich immer offen: Wenn jetzt jemand sagt, ich sollte mir ein Sixpack antrainieren, dann mache ich das selbstverständlich. (lacht)
Michael: Ihr seid ein Trio, gab's jemals die Diskussion noch einen Sänger oder ein weiteres Instrument dazu zu nehmen oder war von Anfang an klar, dass ihr zu Dritt bleibt?
Benedikt: Wir spielen manchmal noch mit einem Keyboarder zusammen, für besondere Einlagen oder so, aber im Grunde wollen wir schon zu Dritt bleiben.
Yves: Ich finde zu Dritt ist es die beste Konstellation, weil ich beim Gitarrespielen keine Rücksicht auf einen zweiten Gitarristen nehmen muss.
Jan: Man hat selber mehr Freiheiten.
Benedikt: Außer natürlich einen steinreichen Keyboarder, der alles finanziert. Der ist immer willkommen. (lacht)
Michael: Gut, kommen wir zu Eurem Album: Ihr habt ja letztes Jahr Euer Debüt mit dem Titel "Creations Finest" veröffentlicht. Ein ziemlich selbstbewusster Titel für ein Debüt, was war da der Gedanke dahinter?
Jan: Dezent übertrieben und arrogant! (lacht)
Aber eigentlich geht es um den Text vom Opener des Albums. Und im Kontext des Songs ist "Creations Finest" ganz anders aufzunehmen. Da geht es mehr darum, sich als Krone der Schöpfung über alles zu stellen.
Benedikt: Obwohl wir natürlich mit der Zweideutigkeit gespielt haben. Und jeder interpretiert das anders.
Michael: Zieht sich textlich ein roter Faden durchs Album?
Yves: Textlich eher weniger, mehr musikalisch. Wir haben ja vor mittlerweile drei Jahren mit dem Songwriting begonnen, und da waren wir noch nicht so weit, an ein Konzept oder dergleichen zu denken.
Jan: Wir erzählen eher eine musikalische Geschichte.
Offizieller Video-Link zu "Soul Prison":
Michael: "Pans Requiem" hebt sich stilistisch ja ein wenig von dem Rest ab, markiert es einen Wendepunkt auf dem Album?
Jan: Das ist eines der Dinge, die wir machen weil's uns Spaß macht. Die Geschichte dazu geht so: Als wir uns das erste Mal getroffen hatten, haben mich die Jungs gefragt, was ich gemacht habe, bevor ich Schlagzeug gespielt habe. Da habe ich ihnen erzählt, dass ich Geige gelernt habe. Und dann wollten sie immer, dass ich mal Geige spiele. Und live traue ich es mir nicht ganz zu, aber fürs Album, warum nicht? Und der Yves hat dann ein Lick auf der Akustikgitarre gespielt und ich hab versucht es zu vertonen und daraus ist "Pans Requiem" geworden. Und dass es sich auf dem Album dann so als Kontrapunkt anfühlt, hat uns recht gut gefallen. Und nebenbei betont es auch die Vielseitigkeit von uns. Das Album ist zwar sehr rockig, aber es heißt nicht, dass wir uns darauf beschränken.
Yves: Außerdem wollten wir ein wenig Spannung reinbringen. Man kennt das ja eh, man hört die ersten drei Nummern von einer Platte und kennt damit das ganze Album. Dem wollten wir damit auch entgegenwirken.
Michael: Eure Musik klingt ja recht jamlastig. Wie sieht das Songwriting bei Euch aus? Erjamt ihr Euch die Nummern oder schreibt ihr schon auch gezielt Songs?
Yves: Ganz unterschiedlich. Mittlerweile schreiben wir die Songs ein wenig anders. Wir haben zu Hause die Möglichkeit das aufzunehmen und wenn ich eine Idee habe, kann ich das sofort recorden. Schwierig ist es nur für Jan, weil der dann die Drum-Machine aufs Schlagzeug übertragen muss.
Jan: Stimmt, ein am Computer programmiertes Schlagzeug fällt oft in die Kategorie "heftig". Da wär's am besten man hätte sieben Arme. Aber es sind mega Beats, die der Yves da teilweise schreibt. Aber wir merken schon auch, dass wir nicht drum rum kommen werden, viele von den Ideen noch auf uns abzustimmen. Und da kommt dieses jamlastige meiner Meinung nach von ganz alleine.
Michael: Ihr hab auch einen recht berühmten Gastmusiker auf "Creations Finest", nämlich Ikey Owens, ehemaliger Keyboarder von The Mars Volta und zur Zeit bei Jack White tätig. Wie geht sowas als Newcomer-Band?
Jan: Super Timing würde ich sagen. Milk+ wurden damals von ihm produziert und ich bin dann total aufgeregt im Studio vorbeigekommen, weil ich ihn natürlich kennen lernen wollte. Ich hab dann recht schnell gemerkt, dass er ein ganz entspannter Typ ist und so ist das zu Stande gekommen. Aber das ging natürlich übers Internet von statten. Live haben wir nie mit ihm zusammen gespielt.
Michael: Habt ihr mit dem Gedanken gespielt "Crestions Finest" auch auf Vinyl zu veröffentlichen?
Jan: Super Frage! Wir stehen kurz vor der Veröffentlichung. Im November ist es soweit.
Michael: Worin glaubt ihr liegen die Schwierigkeiten beim Vinyl, weil es sich ja doch ein wenig anders verhält?
Jan: Sicher am Master und dass man dabei richtig viel Geld in die Hand nehmen muss, obwohl man schon eine CD hat. Es ist halt schon Liebhaberei, aber wenn einen die Leute permanent darauf ansprechen …
Yves: Es ist tatsächlich eine recht große Nachfrage da. Alleine in Innsbruck will fast jeder Vinyl. Durch die Stoner-Szene ist das wieder total im Kommen.
Michael: Beim Vinyl gibt ja außerdem das Cover auch gleich vielmehr her. Wie ist denn das bei Eurem recht psychedelischen Cover, worum geht's denn da genau bzw. was stellt es dar?
Yves: Es soll einfach die Musik, diesen spacigen Rock, widerspiegeln. Quasi das Universum und darin befinden sich die drei Föten. Erstens wollten wir damit die Krone der Schöpfung andeuten und zweitens haben viele Leute in unseren Namen die Plazenta hineininterpretiert und das haben wir damit ein wenig ausgelebt. (lacht)
Aber in erste Linie geht's um den spacigen Rock. Das haben übrigens ich und meine Freundin zusammen entworfen. Wir haben uns gefragt, wie würde die Musik von Mother's Cake aussehen und das war dann das Ergebnis.
Michael: Euer Musik-Video "Soul Prison" hat knappe 200.000 Views on YouTube, wie habt ihr das angestellt?
Jan: "Pirate Bay" hat uns da gesponsert. Dort kann man sich relativ einfach bewerben und auf "Promo Bay" was einschicken. Und wenn man dann Glück hat, melden die sich bei einem. Wir haben uns da eigentlich keine recht großen Chancen ausgerechnet, weil man da ja auch immer einen Gratis-Download-Link anbieten soll, was wir aber nicht wollten. Und tatsächlich haben sie sich gemeldet. Dann bist du drei Tage auf der Frontpage von "Pirate Bay" und man kann sich glaube ich vorstellen, wie viele Leute da täglich downloaden. Aber wir hatten dementsprechend auch reichlich negative Kritik. Trotzdem war es geil, weil wir die Chance hatten, das unsere Musik von jedem erdenklichen Menschen gesehen und gehört wird. Das ist nicht wie ein Radiosender, denn nur eine bestimmte Zielgruppe hört, downloaden tut jeder. Und von überall haben sie sich gemeldet: Amerika, Hawaii, Brasilien, Asien …
Yves: Aber es war schon auch interessant mal negative Sachen zu lesen.
Jan: Für manche war es sogar richtig anstößig. Und ich finde genau dann macht man was richtig, wenn es nicht jedem gefällt. Denn wenn es jeder nur so beiläufig mitnimmt, dann erreichst du auch nicht wirklich jemanden zu 100 Prozent.
Michael: Hat sich das auf die Album-Verkäufe irgendwie ausgewirkt?
Jan: Nicht wirklich, nein …
Yves: … der Werbeeffekt war einfach das wirklich Interessante für uns.
Jan: Aber auf Facebook hat man es gemerkt. Die Promotion war echt unbezahlbar.
Michael: Ihr spielt im Video auch selber mit, braucht man da schauspielerische Vorkenntnisse?
Yves: Ja, schon. Wir haben ja auch schon in einem österreichischen Film mitgespielt. Aber in dem Fall haben wir selber die Idee gehabt und wenn die Idee von Dir stammt, spielt man ja auch nicht wirklich eine Rolle. Und der Kameramann hat uns immer wieder den ein oder anderen Tipp gegeben, wie man was besser machen könnte.
Michael: Wie Yves vorhin schon erwähnt hat, spielt ihr im Film "Local Heroes" mit, zu dem ihr auch einen Song beigesteuert habt. Wie seid ihr zu der Rolle gekommen?
Jan: Wir haben das Glück gehabt, auf einem ganz kleinen Gig zu spielen und da war die Tochter des Produzenten da und deren Vater, Michael Katz, hat gerade Bands für einen Film gesucht.
Benedikt: Lustig war nur, dass wir da gar nicht spielen wollten, weil wir schon zwei Auftritte in Tirol gespielt hatten. Und dann ist das dabei heraus gekommen.
Yves: Und es ist auch eine Freundschaft entstanden. Der Mann ist jetzt unser Co-Produzent.
Jan: Und Oscar-Gewinner als Produzent von "Amour".
Michael: Ihr habt vor kurzem im Vorprogramm von Iggy And The Stooges in Wien gespielt. Wie kommt man zu der Ehre, gab's da einen Contest?
Jan: Nein, das ging von unserem Booker aus und der kannte den Veranstalter. Eigentlich wurden da Bands eingereicht und die haben dann ausgesucht.
Michael: Hattet ihr Kontakt zu Iggy?
Jan: Leider nicht. Das ist schon ziemlich straight.
Yves: Er wollte es sogar so haben, dass wenn er spielt, seitlich keine Leute auf der Bühne sind. Darum mussten wir dann gleich runter von der Bühne und in den Zuschauerbereich. Leider.
Jan: Aber wer kann's ihm vergönnen? Mit 120 Jahren will ich meine Ruhe haben. (lacht)
Michael: Aber er ist schon immer noch ein Wahnsinn auf der Bühne, wie hat's Euch gefallen?
Jan: War irre. Und er hatte Glück mit dem Gewitter, dass sich da über ihm entladen hat. Eine richtig geile Show!
Yves: Der hat den Jungen echt mal gezeigt, wie's gemacht wird.
Michael: Was glaubt ihr, inwieweit ist es planbar, mit einer Band erfolgreich zu sein?
Benedikt: Eher nicht. In erster Linie gehört viel Glück dazu. Und als österreichische Band stehen die Chancen nochmal schlechter. Wir sind international ein recht unbeachtetes Land. Wenn man sich Schweden anschaut, die haben auch nicht viel mehr Einwohner als wir, die sind aber im Rockbereich voll da.
Yves: Ich habe das Gefühl, dass man in Österreich die Musik nicht so hochstellt.
Jan: Das Prädikat "Band aus Österreich" scheint vor allem für Österreich ein Problem zu sein.
Michael: In wie weit sind da jetzt das Internet und die sozialen Medien hilfreich?
Benedikt: Das ist der letzte Hafen. Es ist halt sehr zweischneidig. Die große Gefahr darin sehe ich, dass halt vermehrt "One-Hit-Wonder" entstehen.
Jan: Ich sehe das Hauptproblem darin, dass das Internet halt eine Riesen Flut ist und wieder genau diese Bands, die eh schon überall gepusht und gefördert werden, wieder herausstechen.
Yves: Für kleinere Bands ist es definitiv eine gute Plattform …
Jan: … aber wenn's um den großen Sprung geht, bist du am Schwimmen. Und dann steht wieder die Geldfrage im Raum: Wer nimmt einen bestimmten Betrag in die Hand und platziert dich da und dort? Und für uns ist die einzige Chance, wie der Yves schon zu Beginn gesagt hat, das Livespiel. Oder Du machst es wie viele andere Bands, dass Du ein lächerliches Video machst, dass sich jeder anschaut, weil es so scheiße ist. Aber das kommt für uns schon gar nicht in Frage. Musik ist unsere Leidenschaft, und da will ich nicht als Depp in einem Video bekannt werden.
Michael: Eine letzte Frage habe ich noch: Welcher Film bräuchte für seinen Soundtrack unbedingt einen Titel von Mother's Cake?
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