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Interview: As I Lay Dying

mit Josh Gilbert vom 8. November 2012 im Docks, Hamburg
Am 8. November stand bereits knapp 3 Stunden vor Doors eine lange Menschentraube vor dem Hamburger Docks. Eine gute Stunde später reichte die euphorische Schlange dann schon bis zur Davidswache herunter. Welche Metal-Band schafft es schon, derartige Massen zu einer seit Wochen restlos ausverkauften Show zu ziehen und dabei einen solchen Sog auf ihre Fans auszuüben, dass der Preis für Tickets auf dem Schwarzmarkt Gerüchten zufolge schnell die 60€-Grenze durchbrach? Nun ist der Metalcore in Hamburg ja ohnehin dafür bekannt, im Gegensatz zu zahlreichen „klassischeren“ Metal-Genres gewissermaßen als Garant für prallgefüllte Hallen zu sorgen; wobei er insbesondere jüngere Leute magisch anzuziehen scheint. Aber vielleicht liegt es auch der ungebändigt wilden Atmosphäre dieser Konzerte, die sich vor fliegenden Wasserflaschen, Moshpits, Walls of Death und natürlich der obligaten Crowdsurfer – diesmal war sogar einer im rosa Dinosaurierkostüm(!) dabei – kaum retten kann! In keinem anderen anderen Genre, außer vielleicht dem Punkrock, scheinen die sonst eher als steriles und kühles Publikum bekannten Deutschen so „aus sich raus zu kommen“, so „abzufeiern“. Wenn dann mit Caliban und As I Lay Dying auch noch zwei der höchstkarätigen Genrevertreter auf dem Plan stehen und als Headliner des Abends die Melodic Thrash Metaler von Trivium ein explosives Finale verheißen, dann kann man den Andrang doch redlich nachvollziehen!
So nutzten wir die Gelegenheit natürlich auch, um die beiden Zugpferde des Abends zum Interview zu laden! Bevor wir uns mangels Platz mit Heafy in die lokale Dusche zurückzogen (ja, ihr habt richtig gelesen, doch dazu in einigen Tagen mehr …), machten wir es uns mit Josh Gilbert von As I Lay Dying in derem kleinen aber feinen Band Room bequem. Naja, nicht ganz so bequem. Der Boden war so glatt gebohnert, dass das minimal improvisierte Sofa bei jeder kleinsten Bewegung drohte, nach hinten wegzudrehen. Wer sich also diesmal über Arnes etwas steifen Sitz wundert: Das ist gar nicht so einfach, ein Mikrofon zu halten, mit seinem Gesprächspartner zu interagieren, auf zwei Kameras zu halten und gleichzeitig noch irgendwie zu verhindern, dass man auf seinem unfreiwilligen Wasserkissen von Sofa im Uhrzeigersin wortwörtlich „die Kurve kratzt“!
Was gibt es also Neues aus dem Lager der Metalcore-Band, dessen Sänger den wohl ausgeformtesten Trapezmuskel ever zur Show trägt? Zunächst unterhielten wir uns über die aktuelle Tour mit den Kollegen von Trivium. Macht es Sinn, sich für eine so ausgedehnte Tournée einen stilistisch möglichst ähnlichen Co-Headliner zu suchen um große Fanmassen anzuziehen, oder sollte man sich da doch eher auf Neuland wagen um seine Musik unter Fans bekannt zu machen, die womöglich die eigene Mucke noch gar nicht kennen? Und wie deckungsgleich sind überhaupt die Fan-Kreise der beiden Bands, die sich stilistisch ja doch auch nicht unbedingt ganz entsprechen?
Wie sieht Josh seine Rolle als Bassist in einer Metalcore-Band? Ist dieses Instrument in seinen Augen für den Core wichtiger als es vielleicht in klassischeren oder „melodischeren“ Metal-Genres wäre? Wie steht er zu dieser Art „Hierachie“, die doch viele Fans im Hinterkopf haben: Erster Platz, Sänger! Zweiter Platz, Gitarrist. Dritter Platz: Bassist. Danach das Schröder’sche „Gedöns“, das halt so übrig bleibt. Wo kommt dieser Fokus der Hörer und Konzertgänger auf den Vokalisten und die Spieler der Saiteninstrumente her? Und empfindet er es womöglich den oft in den Hintergrund gedrängten Mitgliedern wie z.B. den Keyboardern oder vor allem den Drummern gegenüber als unfair? Wir erinnern uns an Sunrise Avenue, die dem Feedback der zumeist weiblichen Fans nach zu urteilen genau so gut „Samu Haber & Band“ heißen könnten …
Für viele Fans ist allen voran der Sänger aber auch sehr viel stärker mit der Identität einer Band verknüpft. Viele sehen etwa den Austausch des Vokalisten als Neustart einer Band, wohingegen die meisten Fans, die nicht unbedingt selbst ein Instrument spielen oder eine andere musikalische Ausbildung genießen, das Auftreten eines neuen Bassisten vom Hören her kaum auch nur bemerken dürften. Wie wichtig ist für Josh die Integrität – also das stabile Line-up – einer Band im Allgemeinen? Und gibt es da für ihn einen großen Unterschied zwischen populären Bands aus dem Pop-Bereich und der immer noch eher dem Untergrund angehörigen Metal-Kultur? Hat seine eigene musikalische Ausbildung sein „Gehör“ für solche Sachen beeinflusst und geformt, so dass er als Bassist vielleicht sehr viel eher Details aus dem Bass-Play anderer Musiker heraushört und im Gegensatz zum Laienhörer zwei unterschiedliche Spieler binnen Sekunden erkennt? Falls dem so ist und man in der Tat eine ausgiebige musikalische Ausbildung genießen muss um derart raffinierte Klangunterschiede wahrzunehmen, wie wichtig kann so etwas für den Durchschnittsfan dann sein, der in breiter Masse eher nicht zu den Musik-Koryphäen gehören dürfte?
Doch nicht nur in der Perzeption der Fans gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen den Saiteninstrumenten und dem Rest. Während der Keyboarder Tasten drückt und ein Computer daraus Töne kreiert oder der Drummer einfach hämmert was das Zeug hält, so müssen Gitarristen und Bassisten ihre Töne regelrecht „formen“: Knocking, Sliding, Dämpfen … der Gitarrist „spielt“ mit den Saiten und erzeugt ganz differenziete Klangwälder. Würde Josh daher sagen, dass diese Instrumente individueller sind als beispielsweise die Drums oder eben Keyboards? Zudem benutzen Gitarristen gerne Amplifier-Effekte an ihren Instrumenten, die unter Bassisten eher unüblich sind. Könnte man den Bass daher auch als „reinere Version“ der Gitarre sehen? Wie steht Josh zuletzt zu Bands, die dazu übergehen, immer mehr und mehr Computereffekte in ihrer Musik zu benutzen, um einen regelrecht bombastischen Klangwald zu produzieren?
Nun ist Josh nicht nur einfach Bassist sondern auch für die cleanen Countervocals verantwortlich, die Tims stiltypisches Gebrüll hier und da ergänzen und auflockern. Welche Mehrbelastung ist es für einen Bassisten, zeitgleich auf der Bühne auch singen zu müssen? Oder umgekehrt: Viele Sänger fangen in ihrer Band an, indem sie zunächst gleichzeitig auch etwa die Gitarre spielen, wechseln dann aber – wie z.B. im Falle Kai Hansens – irgendwann mehr oder weniger gänzlich zum Gesang. „Kann“ man diese beiden Sachen einfach nicht gleichzeitig schaffen? Und wäre es für Josh ein großer Unterschied, wenn er nicht nur hin und wieder in den Songs einzelne Gesangspassagen übernehmen sondern ganze Lieder hindurch am Stück singen müsste?
Zu guter Letzt schlugen wir noch eine etwas kritischere Richtung ein: Wie steht Josh zu Bands, die sehr stark bearbeitete und im Volksmund gerne als „auf Mainstream zugeschnittene“ Radio Edits einzelner Lieder als Singles auskoppeln, wie es etwa Delain jüngst getan haben? Kommerzieller Ausverkauf? Bonus für die Fans? Wo wandert man auf dem schmalen Grat zwischen medialer Prostitution und dem Wunsch und der Notwendigkeit, neue Fans gewinnen und den Kühlschrank mit Essen füllen zu wollen? Die Hörer sind immer schnell mit dem Kommerzvorwurf dabei – doch sicherlich sieht die Situation aus der Musikerperspektive etwas anders aus?
Wie verhindern As I Lay Dying, in das Klischée des immer gleich klingenden, sich ständig selbst wiederholenden Metalcore-Gitarrengehobel zu fallen, wie es Kritiker dem Genre gerne vorwerfen? Was ist ihr Rezept, um frisch und innovativ zu klingen? Und natürlich die obligate Frage zum Schluss: Was können die Fans in Zukunft von As I Lay Dying erwarten?
Dies und vieles mehr seht ihr in einem ganz besonders interessanten Interview im Video unten!
Viel Spaß beim Schauen!
P.s. Die Konzertfotos von der Show am 8. November 2012 im Hamburger Docks,
in deren Zuge wir dieses Interview gefilmt haben, findet ihr übrigens hier:
Upon A Burning BodyCalibanTriviumAs I Lay Ding
Moderation: Arne Luaith; Fotografie: Arne Luaith; Kamera: Alexander Kipke
Wer in das aktuelle Album „Awakaned“ von 2012
reinhören möchte, kann dies hier tun:
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