Das Trans-Siberian Orchestra läutete am Brandenburger Tor in Berlin auf der größten Sylvesterfeier der Welt das Jahr 2014 ein und machte auf der folgenden Europatour am 21.1.2014 einen Halt in der Festhalle Frankfurt.
Doch was genau ist das Trans-Siberian Orchestra? Ein reines Musikevent für Gelegenheitshörer, das Klassik mit Rock zu massentauglicher Unterhaltung verschmilzt, wie Night of the Proms? Oder sollte man es doch als Rockband, Nebenprojekt und Nachfolger von Savatage sehen? Immerhin steckt Paul O’Neill hinter dem Ganzen, der bereits Savatage produzierte.
Das Trans-Siberian Orchestra erhält durch eine stetig wandelnde Besetzung eine besondere Dynamik. Nicht nur Arrangement und Komposition beeindrucken mit Vielfalt, sondern auch das Bühnenbild haut richtig rein! Komplexe Licht- und Lasershows treffen auf bombastische Pyros und werden im Hintergrund durch riesige Bildschirme komplettiert. Sogar die Decke ist modular und bewegt sich, sodass dem Stimmungslicht jegliche kreative Freiheit gelassen wird.
Ein optisch und akustisch ansprechender Chor rundet das Gesamtkonzept ab. Die Mädels und Jungs stehen nämlich nicht wie angewurzelt herum und trällern ihre Noten herunter, sondern werden mit Choreographien und Tanzeinlagen in die Show eingebunden.
Es werden fast 30 Songs performed, kreuz und quer durch die Discography von Trans-Siberian Orchestra und Savatage. Doch es gibt mehr als nur Musik und Show, es wird eine Geschichte erzählt. Der rote Faden wird von Schauspieler und Storysteller Bryan Hicks zusammengehalten, welcher der Rockveranstaltung mit seiner Präsenz und eindringlichen Erzählstimme eine Theaternote verleiht. Alle paar Songs kommt er auf die Bühne und zieht die Zuschauer mit wenigen gewaltigen Worten in seinen Bann.
Für Savatage Fans kommen ein Highlight nach dem anderen. Als nach langgezogenem Intro die ersten Takte von “Gutter Ballet” zu hören sind und Nathan James die Bühne betritt, scheint die ganze Halle zeitgleich aufzuspringen.
Fans der Klassik kommen spätestens bei “Mozart” voll auf ihre Kosten, es wird die Hochzeit des Figaro neu arrangiert und brillant von Asha Mevlana auf einer Viper E-Violine vorgetragen. Die Amerikanerin spielt bei Alanis Morissette im Hintergrund, doch an diesem Abend richten sich die Scheinwerfer auf sie. Immer weiter steigert sie sich in ihre Performance herein und spielt sich wie vom Teufelsgeiger persönlich besessen immer weiter in Fahrt. Um so einen Song würdig abzuschließen, zerbricht sie den Violinenbogen demonstrativ in zwei Stücke und setzt damit ein Ausrufezeichen hinter ein musikalisches Highlight.
Normalerweise sind Akustiksets ja mehr zu Entspannung gedacht. Nicht so an diesem Abend: Kayla Reeves schmettert Paul O’Neills“Someday” mit derart intensiven Emotionen und authentischer Leidenschaft in das Mikrofon, dass die Lichtshow schon schnell in Vergessenheit gerät.
Auch Robin Bornemann glänzt bei “Believe”: Mit rauher Rock’n’Roll Stimme sorgt er vor virtuellem Sternenhimmel im ganzen Publikum für Gänsehaut. Die Zuschauer sind voll dabei: eine einzige Geste vom Gitarristen lässt die ganze Menge wie auf Kommando in stehende Ovationen übergehen.
Natürlich darf auch die Carmina Burana nicht fehlen. Beim Auszug “Fortuna Imperatrix Mundi”/”O Fortuna” läuft ein Feuer von links nach rechts während der Chor alle Geschütze auffährt die er zu bieten hat. Die Vorlage von Carl Orff sieht man selten mit solchem Bombast.
Irgendwann ist nach einer gut zweistündigen Achterbahnfahrt von Effekten und Emotionen auch Schluss mit Abend. Hat es sich gelohnt?
Für die Besucher gilt: Auf jeden Fall hingehen! Musikalisch und visuell überzeugt das Konzept auf ganzer Linie und punktet mit viel Liebe zum Detail und glänzenden Einzelleistungen.
Die Sitzplätze in Reihe 5-15 sind optimal, um noch die Künstler auf der Bühne zu erkennen und ihren Preis mit Sicherheit wert.
Als Fotograf war es nur ärgerlich, dass keine besseren Bilder möglich waren. Es gab widersprüchliche Aussagen, von wo denn Bilder gemacht werden dürften. Vom englischsprachigen Tourmanager kam die Aussage “Überall zwischen den Sitzplätzen” (“Anywhere in between the aisles”), vom deutschsprachigen hieß es “nur in den letzten paar Reihen” und die Security war der Meinung “Nur hinter dem Mischpult”. Um nicht herausgeschmissen zu werden, muss man dann natürlich vom Minimum ausgehen.
Die Realität sieht in diesem Falle deutlich besser aus als auf den Bildern!
Autor: Khanh To Tuan
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