Was genau passiert eigentlich in einer Band, wenn der Frontmann aussteigen will? Was empfindet man dann als in der Gruppe verbleibendes Bandmitglied? Verspürt man eine gewisse Zukunftsangst, da man nicht weiß, ob man einen neuen Sänger finden wird, der den Posten des Vorgängers angemessen ausfüllen könnte? Sollte man vielleicht sogar die Chance nutzen und sich stilistisch umorientieren, vielleicht sogar etwas ganz neues ausprobieren? Es ist gewiss eine komplizierte und heikle Lage, in der sich eine Band befindet, wenn sie in die Situation gerät, sich ein neues Gesicht suchen zu müssen …
In unserem Mail-Interview berichtet uns Nachtgeschrei-Schlagzeuger Stefan Kolb aus erster Hand über genau diese Problematik, denn mit dem bevorstehenden Wechsel am Sängerposten der Band, welche Holger Franz zum April des Jahres aus persönlichen Gründen verlassen wird, befindet sich die noch junge Truppe an einer Weggabelung ihrer Karriere.
Außerdem berichtet uns Stefan von den Support-Gigs bei der letztjährigen Subway to Sally Tour und lässt uns auch einen Blick in die bisherige Geschichte der im Jahre 2006 gegründeten Mittelalter-Rock-Band werfen.
Viel Spaß beim Lesen!
Hallo Stefan, wie geht’s dir so? Hast du irgendwelche Vorsätze für's neue
Jahr gefasst?
Danke, mir geht es gut – ich hoffe, Dir auch! Einen Vorsatz für 2012 habe ich:
„Weniger, dafür besser“.
Wie liefen eure Gigs als Support für Subway to Sally? Gab es irgendwelche
besonderen Momente oder Erlebnisse?
Die komplette Support Tour war ein einziger besonderer Moment. Wir haben uns
damit alle einen kleinen Traum erfüllt und mit Subway to Sally, einer super Crew und einem
bombastischen Publikum eine tolle Zeit erlebt. Am liebsten wären wir grad im Bus
sitzen geblieben um weiter zu touren und überall da zu spielen, wo es eine
Steckdose gibt.
Auftritte mit einem akustischen Programm auf Mittelaltermärkten gibt es bei euch ja nicht. Woran liegt das? Wird sich das irgendwann ändern?
Das ist nach wie vor aktuell. Wir haben kein Marktprogramm, das wird sich auch
sicher nicht ändern. Einfach, weil unser Interesse dazu fehlt und das Konzept der
Band nur ein Rockprogramm beinhaltet. Dieses mal unplugged darzustellen ist
widerum eine Überlegung wert.
Ist euch jemals zu Ohren gekommen, euer Sänger Holger Franz würde –
besonders in Liedern wie z.B. „Windstill“ – ein wenig wie Herbert Grönemeyer
klingen?
Klar, das haben wir mitbekommen. Generell bleibt es nicht aus, dass man verglichen
wird. Womit, das ist mal mehr und mal weniger nachvollziehbar. Aber anstatt uns
damit zu beschäftigen, was wir persönlich von der Meinung Anderer halten
konzentrieren wir uns lieber darauf, konstruktiv etwas herauszuholen.
Holger hat seinen Ausstieg aus der Truppe für April 2012 bekannt gegeben.
Welche folgen wird das für die Band konkret haben? Was sind die Gründe für
seinen Ausstieg?
Hotti steigt aus persönlichen Gründen aus, da er ein paar Veränderungen in seinem
Leben vornehmen möchte. Das respektieren wir natürlich, auch wenn wir es
gleichermaßen bedauern. Für uns als Band bedeutet es, dass wir uns auf den
Hosenboden setzen und einen neuen Sänger suchen müssen. Außerdem werden wir
so viel wie möglich neue Songs schreiben und damit ausloten, in welche Richtung es
zukünftig gehen soll.
Steht schon ein neuer Sänger in den Startlöchern oder gibt es schon
irgendwelche favorisierten Kandidaten?
Die Suche ist in vollem Gange! Wer sich bewerben möchte, kann dies gerne unter
saenger@nachtgeschrei.de tun.
Das ist jetzt der erste große Besetzungswechsel der Band, wie fühlt man sich dann
als eines der verbliebenen Mitglieder? Hat man da bei einem so wichtigen
Postenwechsel, wie dem des Sängers auch eine Art Zukunftsangst um die
Band?
Witzig, dass Du mich fragst, denn: Es gab bereits einen Besetzungswechsel, und
zwar die Position des Schlagzeugers :-) Damit beantwortet sich auch schon ein Teil
Deiner Frage. Es ist klarer Fakt, dass Instrumentalisten im Vergleich einfacher zu
erstzen sind als der Sänger. Nicht umsonst spricht man vom Frontmann, denn er ist
maßgeblich das Gesicht der Band.
Von Zukunftsangst sprechen wir weniger. Eher von der Neugier, wo die Reise
hingehen wird.
Welche stilistischen Veränderungen könnte der Line-Up-Wechsel mit sich
bringen? Wollt ihr größere stilistische Veränderungen eher vermeiden, oder
vielleicht die Chance nutzen und etwas neues ausprobieren?
Etwas Neues probieren wir immer gerne aus. Eine stilistisch größere Veränderung
halte ich persönlich für unwahrscheinlich, eher eine ordentliche Weiterentwicklung.
Man verändert sich am laufenden Band. Ein Besetzungswechsel ist hier sicher eine
vergleichsweise größere Kerbe.
Befindet sich denn aktuell ein Nachfolger für das 2010 erschienen Album
„Ardeo“ in der Mache?
In unseren Köpfen ganz klar. Wir sind am Songs schreiben, der Rest ist terminlich
noch nicht fixiert. Wir sind auf jeden Fall dabei.
Oliver Klein und Tilman Scholz spielten vor Nachtgeschrei in der Melodic-
Death-Metal-Band „Paimon“. Haben sie aus dieser Zeit irgendwelche
stilistischen Einflüsse in die aktuelle Musik von Nachtgeschrei gebracht?
Sie sind sicher mit-, wenn nicht sogar hauptverantwortlich für die Stellen innerhalb
der Songs, an denen es auch mal etwas heftiger kracht. Allerdings sei hier erwähnt,
dass keiner von uns Scheuklappen trägt.
Lass uns über die Geschichte der Band sprechen! Wie kam es zur Gründung?
Gab es da ein besonderes Schlüsselerlebnis?
Leider war ich zu der Zeit noch nicht dabei, ich kann es allerdings so
zusammenfassen: Als sich die Vorgängerbands Black Sheep und Paimon trennten
waren ein paar Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um weiterzumachen und
etwas Neues zu schaffen. Die Idee einer Band, die irgendwas zwischen Folk, Rock
und Metal machen sollte stand schnell im Raum und hat eine ordentliche
Eigendynamik bekommen.
Wie seid ihr bei der relativ großen Auswahl an Möglichkeiten auf den
Dudelsack, die Schalmei, die Drehleier und das Akkordeon als folkige
Instrumente für eure Band
gekommen? Standen noch andere Möglichkeiten zur Auswahl?
Das sind Instrumente, die Joe und Nik erlernt haben und in ihren vorherigen Bands
auch eingesetzt haben. Nun war die Herausforderung, das Ganze unter einem neuen
Mantel zum klingen zu bringen.
Neue Instrumente sind immer mal wieder in der Diskussion. Es ist allerdings
manchmal schon Aufgabe genug, alles bereits vorhandene unter einen Hut zu
bekommen ;-)
Wie erlernt man heute das Spiel auf einer Drehleier oder einer Schalmei?
Es gibt da sicherlich nicht viele Leute, die einem das beibringen können …
Nik sagte mal so etwas in die Richtung, der erste Schritt sei, es einfach zu wollen.
Sicher sind das Instrumente, die Du heute nicht an jeder beliebigen Musikschule
erlernen kannst. Es gehört etwas mehr Mühe, bzw. hin und wieder auch etwas mehr
Geduld bei der Suche nach einem Lehrer dazu.
Was steht sonst noch für die nähere und fernere Zukunft der Band an?
Für die nähere Zukunft natürlich die Suche nach dem neuen Sänger und
Songwriting. In der ferneren Zukunft soll es ein neues Album geben. Was auf jeden
Fall immer wichtig ist. Live spielen, live spielen, live spielen!
Hast du noch ein letztes Schlusswort an die Fans?
Wir möchten uns für die bisherige tolle Zeit bedanken und gemeinsam mit Euch allen
nach vorne in eine interessante Zukunft schauen. Bis hoffentlich bald wieder live!
Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast! Viel
Erfolg für die Zukunft und alles Gute!
Vielen Dank, das wünsche ich Dir auch!
Moderation: Alexander Kipke; Fotografie: Arne Luaith
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