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Interview: Eluveitie

mit Merlin Sutter vom 14. Juni 2011 via E-Mail
Merlin Sutter, Drummer der bekannten schweizer Folk Metal-Band Eluveitie, hat sich in einem ausführlichen E-Mail-Interview mit uns über die unkonventionelle Band, ihre stilistischen Eigenheiten, die Vorzüge und Schwierigkeiten der exotischen Musikinstrumente sowie die aktuelle Zukunftsplanung der Helvetier unterhalten. Die spannenden Antworten findet ihr im Originaltext weiter unten!
Da es sich um eine schweizer Band handelt, haben wir Merlins Antworten selbstverständlich nicht nach deutscher Rechtschreibung lektoriert.
Viel Spaß beim Lesen!
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Das Interview:

Arne: Hallo Merlin, wie geht’s dir derzeit? Was machst du? Wie steht es gerade so um die Band?
Merlin: Wir sind grad unterwegs nach Leipzig für unsern Auftritt am Wave-Gotik-Treffen, und um die Band steht’s hervorragend! Obwohl wir die Festival-Saison geniessen freuen wir uns bereits auf den nächsten Abschnitt unserer „Everything Remains“ Welttournee, der im Herbst mit Neckbreaker’s Ball beginnt.
Arne: Die eben von dir erwähnte Neckbreaker’s Ball Tour 2011 startet mit euch im Oktober. Was erwartet ihr von dieser Tour und was können die Fans erwarten?
Merlin: Für uns wird das auf jeden Fall eine besondere Sache weil Dark Tranquillity sicher zu unseren stärkeren Einflüssen zählen und wir alle die Band sehr mögen. Desweiteren wird’s sicher erfrischend mit einem eher rein Metal-orientierten Package durch Europa zu touren.
Arne: Wie empfindest du das Leben on Tour an sich? Ist es manchmal stressig, mit so vielen Leuten in einer Band ständig auf engem Raum konfrontiert zu sein?
Merlin: Klar kann’s auch mal stressig werden, ich sehe es aber nach wie vor als Privileg damit mein Geld verdienen zu können und wollte keine Sekunde etwas anderes machen.
Arne: In welchen Ländern seid ihr „gefühlt“ am populärsten? Gibt es vielleicht auch Orte oder Länder, wo ihr mit eurem Stil eher auf verschlossene Türen stoßt?
Merlin: Wo wir am populärsten sind ist sehr schwierig zu beantworten. Natürlich haben wir zuhause in der Schweiz eine treue Fangemeinschaft, aber auch in entfernteren Ecken der Welt sind wir schon auf überraschend positive Reaktionen gestossen. Wo wir auch hinkommen hatten wir bisher auch immer das Glück sehr warm wilkommen geheissen zu werden. Mal sind’s mehr, mal weniger Leute, aber die Reaktionen waren bis jetzt auf der ganzen Welt durchwegs positiv!
Arne: Ihr seid ja als Eluveitie noch eine verhältnismäßig junge Band. Welche Ereignisse eurer Band-Geschichte haben euch am stärksten beeinflusst? Wie seid ihr überhaupt zur Musik gekommen und wie auf den Stil gestoßen, den ihr jetzt für euch gefestigt habt?
Merlin: Eluveitie als tourende Band besteht tatsächlich erst seit 2005, wobei das Projekt 2002 gegründet wurde und somit doch bald 10 Jahre alt ist. Jedenfalls: Auch hier ist die Antwort nicht einfach – am Anfang hätten wir nicht gedacht das wir innert so kurzer Zeit so viele Länder sehen und so viele Leute mit unserer Musik erreichen würden, nicht zuletzt deswegen war natürlich auch jeder weitere Schritt ein prägendes Ereignis. Von der ersten Van-Tour nach Holland über den ersten Plattenvertrag bis hin zu Headline-Touren in den USA und Polizei-Eskorten in Indien lief einiges in den letzten paar Jahren.
Arne: Wie würdest du persönlich diesen Stil beschreiben? Ihr werdet ja oft als „Pagan Metal“- oder „Celtic Metal“-Band bezeichnet, manchmal auch etwas allgemeiner einfach nur als „Folk Metal“.
Merlin: Wir benutzen ausschliesslich dem Begriff „Folk Metal“, und ich denke das kommt auch am besten hin. Schliesslich geht es bei uns in erster Linie um die Musik, und in der verbinden wir den Metal den wir mögen mit authentischem Folk, und während wir uns in den Texten mit den Helvetien und Kelten befassen würden wir uns nicht als Heiden bezeichnen.
Arne: Was macht eure Musik besonders und was unterscheidet euch vlt. von anderen Bands des Genres? Auf eurer Website erwähnt ihr ja die „New Wave of Folk Metal“ – was hat es damit auf sich?
Merlin: Abgesehen von der nach wie vor recht einzigartigen Musik an sich (behaupte ich jetzt mal selbstsicher) ist der grösste Unterschied – der wohl auch sofort ins Auge springt – die Verwendung einer Vielzahl an akustischen und teils sehr aussergewöhnlichen Instrumenten, und zwar nicht nur im Studio sondern auch Live. Und auf der Metal-Seite orientieren wir uns im Gegensatz zu vielen unserer Kollegen nicht an Blackmetal oder Vorreitern der Viking- und Paganmetal-Szene, sondern an moderneren Variationen – insbesondere „Schwedendeath“ a la In Flames, oder eben Dark Tranquillity.
Arne: Ihr spielt mit vielen klassischen, man möchte fast sagen: historischen, Musikinstrumenten. Wie kommt man heutzutage noch in den „Genuss“, diese Instrumente zu besitzen und spielen zu lernen?
Merlin: Man muss es schon drauf anlegen ;) Wir hatten sicher enormes Glück auf Leute zu stossen die sich einerseits dafür interessierten, andererseits aber auch in einer Metal-Band spielen wollten, insbesondere mit Anna, aber auch ihren Vorgängern an der Drehleier.
Arne: Ist es vielleicht manchmal eine Art Handicap, mit so ausgefallenen Instrumenten unterwegs zu sein? Bringt diese Konstellation besondere Umstände mit sich, die andere Bands vlt. eher nicht erleben, welche ausschließlich mit modernen Instrumenten agieren?
Merlin: Auf jeden Fall, angefangen bei den Umständlichkeiten und Kosten die der Transport mit sich bringt, vor allem wenn wir fliegen. Denn die Drehleier z.B., obwohl nicht klein, kann nicht normal aufgegeben werden, was schon Dutzende Diskussionen mit der Cabin Crew ausgelöst hat. Und dann sind einige dieser Instrumente sehr anfällig auf Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit, was gerade an Festivals und in sehr heissen Clubs nicht immer einfach ist. Aber auch daran haben wir uns nach über 300 Shows langsam gewöhnt.
Arne: In eurer Bandgeschichte habt ihr öfters Gallische Lyrics verwendet. Ist es schwierig, Texte in einer solchen Sprache zu schreiben oder zu spielen? Wie genau darf man sich da den Songwriting-Prozess vorstellen? Und wie empfinden deiner Erfahrung nach die Fans solche Inhalte, die sie zum Großteil nicht ohne intensive Beschäftigung damit verstehen dürften?
Merlin: Die Texte, noch mehr als die Musik, sind in erster Linie Chrigel’s Gebiet. Da Gallisch eine ausgestorbene Sprache ist, kann es nicht wirklich gesprochen werden; solche Texte basieren also häufig auf archäologischen Funden oder werden auch mal in Zusammenarbeit mit Linguisten geschrieben (wie z.B. Slania’s Song). Die Fans reagieren unserer Erfahrung nach sehr positiv und interessieren sich auch für die Materie, was man z.B. im „Celtic Hub“-Bereich unseres Forums gut sehen kann.
Arne: Habt ihr einmal darüber nachgedacht, englische Übersetzungen von Titeln wie „Omnos“ anzubieten? Besteht da überhaupt eine Nachfrage bei den Fans? Oder ist es vielleicht auch so, dass die Wahl einer solchen Sprache den Fokus vom Text auf die Instrumentierung und die Melodie an sich abrücken kann?
Merlin: Eine Nachfrage besteht definitiv, und Übersetzungen zu den meisten Texten finden sich im Internet, z.B. eben in dem oben genannen Forum. Einerseits haben wir immer gerne direkt mit den Fans interagiert, und viele finden es auch spannender das Thema direkt, und häufig unter Einbeziehung von Bandmitgliedern, zu diskutieren. Andererseits fehlt uns in unseren Booklets auch häufig schlicht der Platz ;)
Arne: 2010 kam euer viertes Studio-Album „Everything Remains (As It Never Was)“ auf den Markt. Was wolltet ihr mit diesem Klammer-Titel aussagen?
Merlin: Während der Titel für mich persönlich sehr gut unsere musikalische Entwicklung seit dem letzten Album darstellt kann er sicher auch als Reflektion darüber angesehen werden wie sich die Menschheit seit dem Keltentum verändert hat (oder eben nicht). Das ist allerdings meine Ansicht – ich bin mir sicher die anderen 7 Bandmitglieder haben ihre eigenen Interpretationen, die genauso zutreffen wie die der einzelnen Fans.
Eluveities aktuelle Single „Thousandfold“
aus dem 2010er Album „Everything Remains (As It Never Was)“ (Nuclear Blast Europe)
Arne: Können wir bald neues Material von Eluveitie erwarten, wie z.B. ein neues Album?
Merlin: Wir denken defintiv über den Nachfolger zu „Everything Remains“ nach, und allzulange dürfte das Album auch nicht auf sich warten lassen. Mehr kann ich dazu allerdings im Moment nicht sagen!
Arne: Im August 2010 habt ihr auf dem Wacken Open Air den „Metal Hammer Award“ gewonnen. Was bedeuten euch solche Auszeichnungen?
Merlin: Trotz der leichten Verspätung (der Award war für den Newcomer des Jahres) fühlen wir uns natürlich geehrt! Es ist natürlich schön zu sehen das wir auch von der Fachpresse gut aufgenommen werden, wobei für uns die Fanreaktionen live und via Mails etc. immer noch die beste Art der Wertschätzung für unsere Musik darstellen.
Arne: Ihr hattet bisher ein ständig wechselndes Line-Up. Wirkte sich dieses ständig schwankende Umfeld vielleicht in besonderem Maße positiv oder negativ auf die Qualität oder Inhalte der Alben aus? Ist euer jetziges Line-Up stabil? Vielleicht in Bezug auf eine der früheren Fragen: Ist es bei einem Bandaustritt schwierig, einen Ersatz zu finden, der in der Lage ist, so unkonventionelle Instrumente zu spielen?
Merlin: Obwohl jeder Musiker natürlich seinen persönlichen Teil beiträgt, hat Eluveitie von Anfang an eine gewisse Eigendynamik entwickelt, so das sich für uns musikalisch nie viel änderte mit den vergangenen Lineup-Wechseln. Dann wiederum sind wir in der aktuellen Formation zum Glück auch seit einer Weile sehr stabil, und Änderungen sind auch keine Mehr abzusehen ;) Natürlich ist es schwieriger z.B. einen neuen Dudelsackspieler zu ersetzen als einen neuen Bassisten zu finden, aber wir haben bisher immer Glück gehabt und immer einen fliessenden Wechsel hinbekommen.
Arne: Was können wir sonst noch für die Zukunft der Band erwarten?
Merlin: Wir werden hoffentlich noch ein, zwei exotische Destinationen zum Ende unserer aktuellen Tour hinzufügen können, bevor ihr euch auf den Nachfolger zu „Everything Remains“ gefasst machen dürft, der sicher auch von unserer bisher längsten und intensivsten Tour gefolgt werden wird.
Arne: Möchtest du zum Schluss ein paar letzte Worte an die Fans richten?
Merlin: Vielen Dank für das Interesse, und wir hoffen euch an einem der anstehenden Konzerte zu sehen! Für weitere Worte sind wir nach ebensolchen meistens auch gern persönlich zu haben, falls noch Fragen offen sein sollten!
Arne: Vielen Dank für deine Zeit und die Mühe! Wir wünschen der Band alles Gute für die Zukunft und: See you in Hamburg on tour!
Merlin: Wir danken dir!
Moderation: Arne Luaith

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