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Interview: Blind Guardian

mit André Olbrich und Frederik Ehmke vom 5. August 2011 auf dem Wacken Open Air 2011
Seit einigen Jahren beschäftigen sich die Krefelder von Blind Guardian mit einem orchestralen Metal-Epos, der sich jetzt endlich seiner Vollendung nähert! In diesem Interview erfahrt ihr, wie die neue Scheibe entsteht, wann sie erscheint und welche Besonderheiten sie genau mit sich bringen wird. In den Live-Genuss der Platte wird jedoch nicht jeder kommen können …
Warum das wohl leider so ist? Das erfahrt ihr in unserem Gespräch mit Gitarrist André Olbrich und Drummer Frederik Ehmke im Zuge des Wacken Open Airs 2011!
Außerdem berichten uns die Jungs natürlich über ihre Wacken-Impressionen und erzählen von ihrem Standpunkt aus von der Förderung des Metal-Nachwuchses.
Viel Spaß beim Gucken!
Moderation: Alexander Kipke, Arne Luaith; Kamera: Nicola Wunsch, Nils Gutsche

Das Interview in Textform:

Alex: Zu den wichtigstenVertretern des deutschen Power und Speed Metals gehören die aus Krefeld stammenden Jungs von Blind Guardian. Neben mir sitzen:
Frederik: Frederik!
André: André. Hi!
Alex: Wie war die Show gestern Abend? Lief alles gut?
Frederik: Ja, wunderbar! Wir sind sehr zufrieden, hatten einen sehr guten Lauf gehabt. Alle waren sehr gut ausgeruht. Ja, es gab keine technischen Probleme, war alles super gewesen. Die Leute waren sehr gut drauf, also das Publikum ... ich könnte nicht klagen.
Alex: Was war euer erster Kontakt mit dem Festival? Wenn ich mich recht entsinne, wart ihr einer der Acts der ersten Jahre hier, oder?
André: Wir haben `92 das erste Mal geheadlined hier auf dem Wacken. Und damals war das Festival noch in dem Bereich, wo der jetzt der VIP-Backstage ist. Ja, war eine sehr schöne Zeit, aber alles holprig und unorganisiert. Und ich muss sagen, wie sich das Wacken über die Jahre entwickelt hat ist phänomenal. Einzigartig auf der Welt, ein Festival, wo man immer wieder gerne hinkommt. Auch wir haben uns zum Glück über die Jahre entwickelt, sind besser geworden, also passt das ganz gut zusammen. Und inzwischen, wir haben ja jetzt zum fünften Mal hier gespielt, muss ich sagen, fand ich das mit Abstand unser bestes Konzert hier. Dieses Mal war es natürlich auch das geilste Publikum, weil das ja wirklich bis zum letzten Mann hinten mitgesungen worden und mitgefeiert worden ist. So eine tolle Stimmung erlebt man wirklich sehr selten, auch auf Festivals. Es war wirklich einmalig schön wieder und ich würde sagen, es gehört zu den absoluten Highlights der Blind Guardian Karriere.
Arne: Habt ihr denn als quasi Urgestein der Szene, eher ein älteres Klientel oder sprecht ihr insbesondere eher die Jüngeren an? Oder ist das bei euch doch quer und bunt verteilt?
André: Bei uns würde ich sagen, erreichen wir mit jedem Album auch die jüngere Generation und unser letztes Album - das haben wir gemerkt auf unserer Tour - wir hatten da so in den ersten Reihen hauptsächlich Leute zwischen 16 und 25 stehen. Das heißt, da wir ja nur alle vier Jahre ein Album machen, muss das neue Album die Leute angesprochen haben. Und es waren aber auch Leute der ersten Stunde da. Das wiederum heißt, dass wir es geschafft haben, die Verbindung herzustellen zwischen den alten Blind Guardian Fans, die seit der ersten Stunde dabei sind und ein bisschen in die Schule, wo man jetzt auch Blind Guardian hört, eigentlich dieser Spagat, der sehr schwierig ist, den haben wir hingekriegt. Und dich denke, das schafft man damit, dass man eben Musik macht, die neue Ideen bringt und auch den Zeitgeist trifft.
Arne: Was würdest du sagen ist der Zeitgeist im Moment?
André: Das kann man nicht in Worte fassen. Musik sind Gefühle, Ausdruck von Gefühlen und ich denke mal, dass wir durch diese powervolle und soundtracklastige Musikrichtung, die wir jetzt wieder eingeschlagen haben, gerade im Moment eben auch genau das richtige gemacht haben. Eben das, was die Leute hören wollen, im Zeitalter von World of Warcraft und ähnlichen Sachen, mit denen man konkurrieren muss.
Arne: Hier in Wacken gibt es den sogenannten „Metal-Battle“. Was haltet ihr von dieser Art der Nachuchs-Förderung?
Frederik: Wie heißt das? Metal-Medal?
Arne: Metal-Battle!
Frederik: Nö, nicht wirklich.
André: Ich kenne das. Also ich finde das gut. Ich meine, man muss ja auch gucken, wie man die guten Bands von den schlechten, aus der Masse, aus der breiten Masse rauskristalisiert. So eine Geschichte ist ja ganz gut, die Bands, die wirklich gut sind, die können sich dann auch profilieren und zeigen: „Wir haben Potenzial“. Und hier rennen auch viele Leute von Plattenfirmen oder aus der Szene rum, die was zu sagen haben - „Hey, nicht so laut da drüben“ - [André ruft zum Nachbartisch, wo sich Hansi Kürsch vergnügt mit eine manderen Journalisten unterhält] und vielleicht wird so eine Band dann mal entdeckt und gefördert.
Arne: Ihr seht dann keine Gefahr, dass es vielleicht so in Richtung DSDS vs Metal abdriftet?
André: Ne, so etwas ist im Metal gar nicht möglich, weil im Metal gibt es ja richtige Bands. Da wird ja nichts zusammengecastet. Das sind ja wirklich alles Leute, die Instrumente spielen können und die wirklich noch was können.
Arne: Also die, die sich alles selber aufgebaut haben.
André: Alleine schon, du kannst ja gar keine Metal Band sein, wenn du nicht ein Instrument vernünftig spielen kannst. Und damit sind die schon tausendmal besser als alles, was da so zu DSDS rennt und irgendwo unter der Dusche mal ein bisschen geträllert hat und meint, die wären Musiker.
Alex: Vor wenigen Wochen wurden Details zu einem Konzeptalbum mit Beteiligung eines Orchesters bekannt gegeben. Was kannst du uns dazu erzählen?
Frederik: In diesem Orchesterprojekt wird ja schon seit ungefähr zehn Jahren gearbeitet und das ist fast alles jetzt mittlerweile fertig geschrieben und wurde auch schon teilweise aufgenommen. Da haben wir lange rumüberlegt, was man da thementechnisch machen sollte. Waren verschiedene Sachen im Gespräch, ist ja klar, dass man das als Konzeptalbum gestalten muss. Und da haben wir jetzt diesen Autor dann gefunden, den Markus, der mit uns dann zusammen eben an der Story arbeitet, die wir dann halt dafür verwenden wollen, weil wir einfach gefühlt haben, dass jetzt für dieses große Projekt einfach eine eigene Story her muss. Da macht es dann natürlich Sinn mit einen erfolgreichen deutschen Fantasyautoren zusammen zu arbeiten.
Alex: Gibt es schon ein angepeiltes Veröffentlichkeitsdatum?
Frederik: Wir denken nicht, dass es 2012 noch kommt. Wahrscheinlich eher 2013 ...
Alex: Was sind die Probleme bei einer solch speziellen Platte, wenn man ein Orchester mitbenutzen möchte bei der Produktion?
André: Die Vorbereitungsphase ist wesentlich länger. Man muss alles wirklich Note für Note vorher schon ausarbeiten. Im Studio kann man ja - also wenn man ein Metal-Album produziert - auch einige Sachen offen lassen und eben spontan improvisieren oder sich spontan ausdenken…
Frederik: Oder noch mal abändern oder so…
André: Das ist ja nun mal beim Orchester nicht möglich, da sitzen 90 Leute. Die wollen wissen, was zu spielen ist. Außerdem gibt es da auch nur eine begrenzte Zeit, in der die spielen, d.h. das muss alles genau auf dem Punkt sitzen. Und das muss dann vorher arrangiert werden, die Partituren müssen geschrieben werden und es ist ein riesiger Aufwand. Kann man sich ja vorstellen: Man muss für 90 verschiedene Instrumente oder Melodien den komplette Song am Start haben und deswegen werkeln wir da schon so lange dran, weil man muss ja erst mal als Metal-Band sich ein Team aufstellen, was das dementsrpechend dann so bearbeiten kann, dass man dieses dann auf dieses Level kriegt, Wir sind auch auf den Orchesteraufnahmen genauso pingelig wie bei den Metal-Sachen. Das muss alles perfekt werden. Und da unser Anspruch auch sehr hoch ist, haben wir auch die Orchestermusiker sehr gequält. Also die mussten schon richtig ran, bevor es dann so rübergekommen ist, wie wir das hören wollten. Aber wir arbeiten wieder mit unseren Produzenten, Charlie Bauerfeind, der genau weiß, was wir wollen und der das auch schon sehr auf ein amtlich hohes Level gezogen hat.
Frederik: Der hat auch schon ein paar Erfahrungen gesammelt mit Helloween und hat so auch schon mit Orchestern aufgenommen, wovon wir dann auch einfach profitiert haben, dass der da schon ein bisschen Vorarbeit geleistet hatte und uns einfach unterstützt hat dadurch.
André: Also im Grunde genommen kann man jetzt schon, haben wir schon mit „Wheel of Time“ so eine Art Testdurchlauf gemacht für bestimmte Sachen und haben dann auch in der gleichen Session mal einen Song auch für das Orchesterprojekt aufgenommen gehabt. Und weil das so gut funktioniert hat, haben wir jetzt eben schon insgesamt sechs Sachen aufgenommen und es ist alles super geworden.
Alex: Welche Schwierigkeiten ergeben sich, wenn man mit solch einem Konzeptalbum mit Orchesterbeteiligung auf Tour gehen will?
Frederik: Ja, da gibt es ganz massive Schwierigkeiten logistischer Natur. Die meisten, sag ich mal "Metal-Venues" eignen sich natürlich überhaupt nicht für ein Orchester. Abgesehen davon, was mit einem riesigen Tross unterwegs wäre. Also man kann nicht mit einem Orchester auf eine reguläre Metal-Tour gehen, sondern das wird dann mal nur möglich sein in der Festival-Situation oder in einem Opernhaus oder irgendwo mal was zu spielen. Aber dann als Spezial-Konzert, wo man vielleicht mal was mit Orchester aufführen wird. Es gibt auch keine konkreten Pläne, bevor das die nächste Frage wird! Aber es wird auf einer Tour auf jeden Fall nicht möglich sein.
Arne: Wir haben noch ein paar Fan-Fragen, die die Fans direkt über unsere Website an euch richten konnten, und zwar: Carmen aus der Schweiz möchte gerne wissen, ob auf der Orchersterscheibe alle Gesangspassagen von Hansi eingesungen sein werden oder auch mit Gastsängern.
André: Wir haben erst lange überlegt, ob wir Gastsänger einbauen, weil am Anfang war das Konzept noch so, dass es verschiedene Charaktere in der Story gab, die verschiedene Passagen dann singen sollen. Wir sind dann aber davon abgewichen, weil Hansi doch auch diese verschiedenen Stimmen dann imitiert hat und selber seine Stimme sehr verändert hat. Das fand ich eigentlich viel interessanter, als da jetzt Sänger XY zu holen, was auch schon viele Bands gemacht haben. Und gerade wenn es dann Richtung Rock-Klassik-Mix ging, da gab es dann auch schon öfter die Versuche Musical-mäßige Sachen aufzuziehen und das finde ich dann eigentlich eher langweilig. Ich finde das toll, dass Hansi das ganz anders singt als auf den Metal-Platten und viel mehr mit seiner Stimme spielt, kickt mich persönlich mehr. Und deswegen haben wir uns dafür entschieden, bisher haben wir ja noch nichts aufgenommen, das so zu machen und Hansi als den Main-Sänger zu lassen und dann eventuell wieder wie bei „Blind Guardian“ mit verschiedenen Chorsängern zu arbeiten.
Arne: Allgemein: Was steht demnächst noch an für die Band?
André: Wir gehen jetzt auf Südamerika-Tour fünf Wochen, danach noch Australien. Dann widmen wir uns der Studioarbeit bis Ende des Jahres. Ne, eigentlich weit darüber hinaus. Bis zum Frühling machen wir dann im Studio weiter und spielen dann erst Festivals nächstes Jahr. Also, viel, viel, viel, viel Arbeit. Aber hoffentlich auch sehr viel Kreativität, die dabei rumkommt. Und dann mit Sicherheit tolle Alben, die wir bald wieder bringen werden.
Arne: Wir sind gespannt! Dann vielleicht ein letztes Schlusswort an die Fans?
Frederik: Ja, ich hoffe, dass wir uns eines Tages auf einem Konzert treffen, hoffentlich auf dem nächsten Wacken. Nein, nächstes Wacken wird für uns natürlich nicht realistisch sein, aber auf einem Wacken, weil das immer so viel Spaß macht. Kommt alle und habt Spaß.
André: Ja danke, hat Spaß gemacht! Bis zum nächsten Mal!
Arne: Ja, dann vielen Dank für das Interview und Tschüß!

Kommentare von Besuchern

13. August 2011, 17:59
Karin sagt:
Danke, dass es eine meiner Fragen geschafft hat. Zusaetzlich war Andrés Antwort genau nach meinen Wuenschen :-)

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