Der Begriff „Pop“ ist ja leider seit geraumer Zeit immer etwas negativ behaftet: Was genau vorfiel, dass der Pop so in Verruf geraten ist, lässt sich schwer sagen. Aber wenn ich mal mutmaßen darf, wäre mein Tipp, dass ein Großteil der Moderatoren und sogenannte Musik-Experten, vieles als Pop-Musik deklarieren, was in Wirklichkeit meilenweit davon entfernt ist und maximal in den One-Hit-Wonder-Bereich fällt, was nicht mehr als eine Zeiterscheinung darstellt. Andererseits, wenn man die genaue Bezeichnung untersucht, heißt es "populäre Musik", was meiner Meinung nach, auch Metallica einschließen würde.
Ihr seht, die verschiedenen Genres, laufen kreuz und quer ineinander, und machen in der heutigen Zeit ein Schubladen-Denken fast unmöglich. Und das ist auch gut so, denn sollte sich nicht jeder selbst ein Bild von Musik machen? Genau, wie bei dem vorliegenden Werk "Biography Of Heartbreak", der Indie-Band This Century aus Phoenix, Arizona. Denn natürlich streifen auch diese Jungs den Pop, wenn ich bei ihnen auch gerne auf den Lady GaGa-Aspekt zurückgreife, der ob ihres Musikstiles, gerne übersehen wird: Frau Stefani Joanne Angelina Germanotta - wie sie mit bürgerlichem Namen heißt - wird weit unter Wert eingestuft, da sie tatsächlich eine hochkarätige Songwriterin und Musikerin ist, ob man nun ihren Stil mag oder nicht. Und genau deswegen war und ist die Pop-Kultur stets eine Gratwanderung, der in vielen Fällen ein Ohr geschenkt gehört. Denn gegen ein gutes Pop-Album ist genau so wenig einzuwenden, wie gegen eine solide Rock-Scheibe. Durchaus anspielbare Beispiele wären The Verves"Urban Hymns", Hugo's"Old Tyme Religion", Jellyfish's"Bellybutton", The Feelings"Twelve Stops And Home" oder Manic Street Preachers"Postcards From A Young Man".
Aber zurück zu This Century, bei denen der Lady Gaga-Vergleich sogar noch besser zuzutreffen scheint, da sich die das Quartett musikalisch gerne in ihrem Dunstkreis aufhält, wenn auch aus sicherer Distanz. Und das, obwohl das Debüt "Sounds of Fire" noch mit mehr Indie-Mucke angereichert war und somit einen ganzen Tick rockiger ausfiel. Auf "Biography of Heartbreak" bewegt sich das Vierergespann einen Schritt weg vom Vorgänger, mehr in Richtung elektronischen Pop. Dass auch das seinen Reiz haben kann, haben uns die Dänen Surfact erst vor kurzem mit ihrem grandiosen Feading The Beast oder die mittlerweile aufgelösten Briten Infadels auf "Universe in Reverse" bewiesen. Der Opener "Slow Dance Night" eignet sich hier wohl als beste Empfehlung, der nach mehrmaligen Hören, endlich seine Essenz preisgibt und sich selbstbewusst an die Franzosen Phoenix heranwagt. Großartig! "Love-Killer" setzt die elektronische Reise - mit allerhand subtiler Finessen versehen - fort, die dem Album einen enormen Langzeit-Spaß garantieren. Einmal im Ohr, lassen auch die Melodien nicht mehr los; da hilft nur ein "Reset" des "Hauptspeichers". "Beach Blonde" und "Run & Hide" ist mir dann zu viel OneRepublic. Die britischen Faserschmeichler übertreiben diesbezüglich immer ein wenig, und This Century tun es ihnen hier gleich.
Dafür entschädigt "My Weakness" wieder mit gelungenen Spielereien. Den Lyrics muss nicht unbedingt Aufmerksamkeit zu Teil werden, da sich die Band textlich immer um das Thema "Liebe" und die daraus resultierende "Enttäuschung" dreht. Überrascht aber auch nicht wirklich, da der Titel diesbezüglich ja schon einiges vorausschickt. Auch mit dem Bombast-Pop wird ein wenig geflirtet, der dem schwülstigen "Footsteps", zu strahlendem Glanz verhilft. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, natürlich wird der Weichspüler-Modus immer wieder gestartet - dessen sollte man sich schon bewusst sein, wenn man "Biography Of Heartbreak" genießen möchte. Dennoch sind es die subtilen Details, die dem Longplayer seine wahre Größe verleihen. "Skeletons" entpuppt sich als ein ebensolches Stück, dass im Mittelteil noch mal ordentlich zu lodern beginnt. Wie auch "Sideways" und "Fools Game", mit denen der Silberling endlich wieder an Fahrt aufnimmt. Die Beats fliegen einem um die Ohren, dass langsam meine Schmerzgrenze erreicht ist, aber wieder verzücken die liebevoll platzieren Einlagen. Der Titel-Track weist ein interessantes Konzept auf, indem akustische Gitarren auf Samples treffen, schonungslos vereint wurden und dabei den Swing freilegen. Das sphärische "Deadly Weapon" - wohl einer der Höhepunkte der Scheibe - wurde kokett ans Ende von "Biography Of Heartbreak" gepackt und schließt dieses anmutige Werk, voll von fragilen Melodien. Deshalb wäre es auch mal interessant, die Band auf der Bühne zusehen: Ich wäre tierisch neugierig, wie das Quartett den Longplayer live umsetzt.
Fazit: Ein herrliches Stück Musik! Elektro-Pop, der frei von jeglichen Schamgefühlen, einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt und nebenbei unweigerlich die Stimmung hebt. Für Neueinsteiger, wie ich es einer war - verläuft die Annäherung anfangs vielleicht ein wenig holprig, da das Gehirn erst abklären muss, ob die vorhin erwähnte Scham überwiegt, oder doch einfach mitgefiebert werden sollte. Wer sich für Letzteres entscheidet, wird seine Freude mit "Biography Of Heartbreak" haben. Einige Fans der ersten Stunde werden vermutlich auch ungläubig die Nase rümpfen, da auf dem aktuellen Release den elektronischen Parts und Beats deutlich der Vorrang gegeben wird. Aber spätestens bei dem zweiten Durchgang löst sich die anfängliche Skepsis in Wohlgefallen auf, denn This Century ist ein erfrischendes Werk gelungen, das sich manchmal verdammt nahe an den Kommerz heranwagt, aber im letzten Moment noch einen interessanten Haken schlägt. Allerdings gibt es fünf Prozent Abzug für die recht hohe Faserschmeichler-Rate auf dem Album, dass so erfrischend wegstartet. Auch das wunderschöne Cover-Art macht es einem nicht schwer, das Album zu mögen, da es mit seiner prägnanten Ausführung, wunderbar das Album unterstreicht.
Anspieltipps: Slow Dance Night, Love Killer, Fool's Game, Deadly Weapon
Vergleichbares: Phoenix, Infadels, OneRepublic, The Feeling
Score:
81% Hervorragend!
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