Wie jedes Jahr pilgerten auch im Jahr 2011 wieder Metalheads und artverwandte Freigeister aller Farbe und Façon in das kleine Kuhdorf nördlich unserer Hansestadt, um 3 Tage lang die schwarze Musik in ihrer gesamten Bandbreite zu zelebrieren!
Ja, es war mal wieder so weit. Das Wacken Open Air öffnete seine Pforten – bzw. Kuhzäune – zum nunmehr zweiundzwanzigsten Mal. Vor grünem Rinderschädel gaben sich Heavy, Melodic, Power, Death, Happy, Folk, Progressive, Black, White, True Metal, False Metal und was nicht noch alles die Ehre, dem wohl größten Metal-Publikum der Welt einen unvergesslichen Wochenausklang zu bescheren.
Was hierbei insbesondere in den letzten Jahren auffällt, ist die zunehmende Öffnung der einst stoischen Metal-Szene für neue Einflüsse und Genres. Nu Metal? Punk Rock? Comedians auf der großen Bühne? Was vor wenigen Jahren noch undenkbar schien, erweist sich im „Jahr der Gesundheitsforschung“ als Selbstverständlichkeit. Die allgegenwärtigen Nörgler prophezeiten natürlich sogleich den Untergang des Festivals herbei oder beschworen es als „Rock am Ring 2.0“ mit wehenden Rindermasten untergehen. Im Gros schien das Feedback vor Ort aber durchwegs sehr positiv ausgefallen zu sein. Die Leute, mit denen wir von Metal Trails auf dem schier endlosen Campus ins Gespräch kamen, waren alle restlos begeistert. Das wird sicherlich nicht nur an den gefühlten 4 Dutzend Crêpe-Buden gelegen haben, die in babylonischer Perfektion über das Gelände verteilt waren.
Zwar haben wir es trotz aller Bemühungen nicht geschafft, die Grindfuckers zu überreden, nackt über die Landen und Wiesen zu sprinten – uns fehlten in letzter Instanz leider 100 Euro bar auf der Kralle. Aber nichtsdestotrotz hielt das größte Metalfest der Welt auch für uns aus journalistischer Sicht manch ein skurril-komisches Highlight bereit, an dem wir euch gerne teilhaben lassen möchten.
Zu nennen wäre da beispielsweise Chris Boltendahl. Ihr wisst schon, der Typ mit dem Mikrofon, der sich bei Grave Digger die Ehre gibt. Tatsächlich scheint es sich seit unserem Interview mit ihm vor einem halben Jahr zum magazininternen Running Gag zu entwickeln, dass unsere grauhaarige Lieblingslöwenmähne uns an so ziemlich jeder Ecke und Kante über den Weg läuft. Wir hatten schon überlegt, uns einen Wanderstock zu beschaffen und jedes Mal eine Kerbe einzuritzen, wenn wir ihn mal wieder an den ausgefallensten Stellen von Deutschland in der Menge erblicken. Oder werden wir etwa allmählich paranoid?
Fragt sich nur, ob Chris uns auch so oft erkennt, wie wir ihn. „Oh nein, nicht DIE schon wieder!“, würde er wohl sagen. Ein einmaliges Erlebnis, als unser Redakteur Alex ihn im Interview fragte, ob die Band denn beim Konzert wieder „im Kittel“ auftreten würde. Eigentlich müssten wir ja mal eine Outtake-DVD auf den Markt schmeißen, nicht? Die hätte wohl größeres Comedy-Potential als die gesammelte Diskographie von J.B.O. zusammen, aufgestapelt bis zum vierten Jupitermond. Lange Rede kurzer Sinn: Wir sehen … nein, keine toten Menschen. Aber zumindest Chris Boltendahl an mehr Ecken als es Grillwürstchen auf dem Wacken gab. Unser erstes Highlight!
But I don’t think about you anymore … Roberto rockt das Wacken!
Dann war es soweit! Ich hatte ja schon erwähnt, dass das Jahr 2011 auf dem Wacken für Stilöffnung, Revolution und Toleranz stand. In der Tat! Wofür sich jahrzehntelang Generationen von Hippies das Hirn mit LSD und Crack zudröhnen mussten, das bekam die Junge Generation im Kuhkaff live, in Surround, Farbe und YouTube sei Dank zum immer wieder Anschauen, Stirnrunzeln und Staunen. Roberto Blanco stürmte mit „ein bisschen Spaß“ und Sodom – ja, richtig, Sodom! – die Bühne und „rockte“ das Haus. Irgendwie seltsam. Roberto Blanco … Sodom … „rockte“ das Haus … und all das in einem Satz? Tja, die sexuelle Revolution ist offenkundig doch nicht die größte Errungenschaft des 20. Jahrhunderts gewesen! Ich meine, wer hätte 1980 schon verkraftet, Heino mit Black Sabbath gemeinsam „Paranoid“ performen zu sehen? Zum absoluten Dauerbrenner in unserer Redaktion mauserte sich dann als hammerharter Beweis und ewiges Mahnmal dieser tragikomischen Konstellation ein Pressepass vom W:O:A, ausgestellt auf unseren stark pigmentierten Lieblings-Spaßmacher, den unser Redakteur Arne einsam und verwaist auf der Wiese des Journalistengeländes fand. Gibt es etwas Genialeres? Hendrik Ücüncü von Eat The Gun fand eindeutig „nein!“ und war so begeistert von dem kleinen Kerl, dass er sich unbedingt mit ihm auf der Brust von uns fotografieren lassen musste!
Wir müssen gestehen, wir hatten mit all unseren Interviews wenig Zeit, das reguläre Festival-Geschehen zu genießen. Tatsächlich waren wir fast jeden Tag von 9 Uhr morgens bis etwa 2 Uhr nachts unterwegs, um mit Bands, Künstlern und anderen komischen Vögeln zu quatschen; und das ganze idealerweise für euch noch vor der Kamera zu tun.
Wie wir da so standen und versuchten, Infos über unsere jüngsten Aktivitäten auf die Facebook-Seite unseres Magazins hochzuladen, ertönte dann auch urplötzlich ein ohrenbetäubender Bass im Pressezelt. Nach anfänglicher Skepsis war Arne dann doch plötzlich sehr interessiert am unbekannten Gitarrengeschramme – und verschwand für 30 Minuten spurlos von der Bildfläche, um dann mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einer vollbepackten Fotogalerie von Circle II Circles Showcase im Gepäck wieder auf der Ladentheke zu stehen! Wenn wir schon kaum ein Konzert genießen konnten, so blieb uns doch dieser eine unverhoffte Ohrenschmaus in freudiger Erinnerung!
Von Kürbisköpfen, Gummimäusen und dem üblichen Wahnsinn.
Unser absolutes Highlight war, ist und wird wohl auf längere Zeit bleiben – das Meet & Greet der Band Helloween mit ihren Fans. Damit verbunden an dieser Stelle auch ein schon länger ausstehendes Geständnis an euch Freunde der Kürbisköpfe. Wie wir festgestellt haben, als wir nach dem Wacken in diversen Foren quergelesen haben, wurden die Jungs doch ziemlich dafür gebasht, zu ihrer eigenen Autogrammstunde zu spät gekommen zu sein. Pardon, da waren wir dran schuld! Unser Interview mit Weiki war nämlich so knapp vor dem Meet & Greet angesetzt, dass vor Ort natürlich zeitlich wieder überhaupt gar nichts so geklappt hat, wie die Band sich das ursprünglich gedacht hatte. Und anstatt dann 30 Minuten mit Weiki zu quatschen, bekamen wir am Ende ihn und seinen Hamburgernden Kollegen mit dem grossen Kopf gemeinsam für immerhin 20 Minuten gemütliches Palabern über die Vorzüge von weißen Gummimäusen und der Zeit nach dem „in drei Minuten“.
Klingt komisch? Is‘ auch so! Jedenfalls verspätete sich die Band deshalb ein wenig, denn mitten in einem Interview abbrechen ist auch doof. So oder so, die Fans hätten gemosert. Als Trost war die Zeit dann immerhin so knapp, dass uns der Bandmanager kurzerhand zum Meet & Greet mit auf die Bühne nahm, wo wir unverhofft die Chance hatten, das gesamte Ereignis für euch bildgewaltig für die Ewigkeit festzuhalten! Hachja. Du schönes, wohlgeplantes und perfekt durchkonzipiertes Journalistenleben. Die spontanen Aktionen sind immer noch die Besten! So fanden sich unsere Redakteure Arne und Alex nichtsahnend vor geschätzt 5.000 Fans zusammen mit Helloween auf der Bühne wieder und die Anweisung lautete schlicht und ergreifend: „Macht mal …“. Selbst für uns keine alltägliche Aktion und definitiv ein Moment, an den wir noch lange zurückdenken werden! Unser Video vom Event könnt ihr übrigens auf unserem offiziellen YouTube-Channel begutachten. GEMA sei Dank leider ohne Helloween-Mucke, aber zumindest mit einer sauguten Alternative :)
MetalTrails: Helloween Meet & Greet @ Wacken Open Air - 2011
Was bleibt sonst noch vom Wacken in Erinnerung? Nun, zeitweise hatten wir tatsächlich den Eindruck, unter all den Journalisten dort die einzigen zu sein, die zumindest versuchten, zu arbeiten. Und das machten wir nichtmal am sturzbetrunkenen polnischen Kollegen fest, der um 4 Uhr Nachts kurz vorm Suffreihern Arnes Zelt stürmte und mit 4 Mann vorsichtig hinausbalanciert werden musste. Wir führten insgesamt 17 Interviews innerhalb von zweieinhalb Tagen. Davon alleine 8 Stück am zweiten Wacken-Tag. Ein enormes Arbeitspensum, bei dem nicht selten eine Band auf die Nächste folgte; meistens natürlich gerade am jeweils anderen Ende des riesigen Campus. Es war ein stressiges Event, aber am Ende verarztete man seine Schlachtwunden und sagte sich doch: „Eigentlich war’s geil!“ Die Wacken-Atmosphäre ist und bleibt einfach ungeschlagen. Auch wenn diesmal auf brennende Dixis verzichtet wurde. Die Leute sind gut drauf, es gibt immer und überall etwas zu erleben. Und selbst wenn man einfach nur arglos über die Wiesen streift, wird man mehr oder weniger freiwillig in verschiedenste mal mehr mal weniger lustige Situationen hineingezogen. Wie beim Security, der 10x an Arnes VIP-Bändchen herumzerrte, bevor ihn langsam die glorreiche Erkenntnis traf, dass das Teil wohl tatsächlich echt und nicht geklaut war. Dinge gibt’s …
Was gefiel uns nicht so gut? Nun, hier könnte man durchaus ebenfalls die Bandauswahl anführen. Das wechselt aber beim Wacken tatsächlich mit jedem Jahr und kann dem Festival nicht wirklich angekreidet werden; manchmal sind für einen ganz persönlich halt kaum interessante Acts dabei.
Was aber auch objektiv gar nicht ging, waren die wirklich utopischen Getränkepreise. 4,50€ für ein Tonic Water ist einfach nicht mehr lustig … da schluckte selbst Arne, und der ernährt sich auf Festivals bekanntermaßen nahezu ausschließlich von sündhaft teuren Frozen Margaritas!
Zu guter Letzt waren die sanitären Einrichtungen wieder sehr übersichtlich gewählt. Im gesamten, immerhin satte 2einhalb Wiesen umfassenden Journalistenbereich, gab es exakt zwei Klos an genau entgegengesetzten Enden. Zwar kamen wir als Journalisten wenigstens in den Genuss befestigter Pissoirs im Vergleich zu den omnipräsenten Plastikdixis der „normalen“ Besucher, die Warteschlangen vor den Urinalen machten aber wieder einmal jeder Tokio Hotel-Releaseparty Konkurrenz. Furchtbar! Was so schwer daran ist, einfach noch mal 10 Dixis mehr auf die Wiese zu stellen, ist uns einfach unverständlich. Gerade bei dem Geld, dass da mit den Tränken erwirtschaftet wird. So musste unser Redakteur Arne sich beispielsweise mit Hilfe vierer Mineralwasserflaschen vor seinem Zelt bei morgendlicher Eiseskälte und Sprühregen die Haare waschen. Nunja, Alex, Nicola und Nils hatten gut was zu lachen. Er eher weniger …
Was viel uns positiv auf? Wie schon erwähnt ist die Bandvielfalt auf dem Wacken wirklich enorm! Gleiches gilt für die Stilbreite, die sich zunehmend auch Randgenres und artverwandten Richtungen wie dem Oi! und dem Punk Rock öffnet. Man kann über das Wacken denken was man will – hier findet wirklich jeder etwas für seinen Geschmack! Auf Ozzys Fullmoon-over-Wacken-Aktion hätte unser Redakteur Alex zwar gerne verzichtet – er stand in der dritten Reihe als es geschah und bekommt noch heute so eine gläserne Leere in den Augen, wenn man ihn darauf anspricht. Insgesamt war es aber ein tolles Festival, wie immer.
Insbesondere die Organisation lief wirklich hervorragend ab, da braucht sich das W:O:A in keinster Weise verstecken! Der Presseschalter arbeitete zügig, man bekam alle Infos, die man sich so wünschte, die meisten Zeiten wurden verhältnismäßig eng eingehalten und das Pressezelt war immer gut mit Strom, frei nutzbaren Notebooks und sympathischen Helfern bestückt. Nur das Internet schmierte in berechenbaren Abständen ab. Nichtsdestotrotz, so macht die Arbeit als Journalist tatsächlich richtig Spaß und man freut sich auf das nächste Jahr, zu dem wir hoffentlich wieder dabei sein werden! Wie gesagt, knapp 20 Interviews in weniger als drei Tagen ist ein immenses Pensum. Alleine die Tatsache, dass wir nur zwei spontane Ausfälle auf Grund überlappender Zeiten hatten, zeugt für die astreine Organisation des Festivals. Top!
… und das „allseits beliebte Schlusswort an die Fans“!
Im Folgenden haben wir für euch noch einmal an zentraler Stelle alle Interviews unserer „Wacken Open Air 2011“-Serie verlinkt. Wir hoffen, ihr habt beim Anschauen genau so viel Spaß wie wir beim Drehen hatten!
See you in Wacken - Rain or Shine!
(… hoffentlich 2012 endlich mal wieder mehr shine als rain …)
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