Johnny Summerville – Still On My Mind

Kritik von: Michael Voit
Album-Cover von Johnny Summervilles „Still On My Mind“ (2013).
„Ein Album ganz ohne Berührungsängste.“
Interpret: Johnny Summerville
Titel: Still On My Mind
Erschienen: 2013
Ein neuer Stern leuchtet am Linzer Pop-Himmel und trägt den Namen "Johnny Summerville", die vor kurzem in Form des kleinen aber feinen Juwels "Still On My Mind", ihr Debüt veröffentlicht haben. Man fühlt sich unweigerlich in die frühen Neunziger versetzt, als die Gruppe Yo-Yo in Österreich für kurze Zeit den Pop ein wenig aufmischten. Sänger und Kopf hinter der Band ist Tausendsassa Johannes Sommerer, der sich außerdem noch für die Gitarre und das Songwriting verantwortlich zeigt.
Eingeleitet wird mit dem Kracher und Namensgeber der Platte "Still On My Mind", das in Sachen Pop-Rock keine Wünsche offen lässt und sich nebenbei bis spät abends in meinem Gehör festkrallt. Hier stimmt einfach alles: Ein bisschen Mitsing-Pop hier, ein wenig kantiger Rock da und fertig ist der Überhit mit Geheimtipp-Status. Außerdem erinnern die Jungs hier besonders stark an die britische Gruppe Hologram, die auch gerade an ihrem ersten Album basteln. "Night and Day" wurde ein wenig an McGuiness Flints' Hit "When I'm dead and gone" angelehnt, erwacht aber beim Chorus zu ungeahnter Schönheit und Wärme. Der Bandname dürfte das Ergebnis des Konglomerats aus "Jimmy Summerville" und "Johnny Thunders" sein, denn nach dieser etwas ungewöhnlichen Mischung klingt auch die Mucke der fünf Linzer im Gesamtbild. Vor allem wenn man den Titel "Inside Of Us" noch hinzuzieht, der leider nicht den Weg auf den Silberling gefunden hat. Schmerzlich vermisse ich auch noch "Lost But Found" - ihrer Verneigung vor den Foo Fighters - und natürlich "Notion Of Bliss", die man zusammen mit dem vorhin erwähnten "Inside Of Us" schon bei ihren Live-Shows miterleben konnte und der vorliegenden EP in nichts nachstehen. Aber wenden wir uns wieder dem Vorhandenen zu, denn es geht direkt mit "On The Radio" weiter, dem die Großartigkeit von Crowded House inne wohnt. Wie ein warmer Pulli schmiegt sich es sich an und beginnt erst gegen Songmitte ein wenig zu kratzen, in dem sie das Tempo samt Instrumentierung steigern.
"Distracted" bildet da keine Ausnahme, nimmt den Schwung von der vorhergehenden Nummer mit und baut diesen zu einem weiteren Highlight aus. Man könnte die Jungs mit Superlativen überschütten, dennoch fällt das fragile aber auch langatmige "Ceiling" durch seine Andersartigkeit in der Ausführung ein wenig hinter die restlichen Stücke zurück. Dabei bremst es die EP - reduziert bis aufs Klavier - unweigerlich aus, auch wenn die Komposition an sich stimmt. Der Mann am Flügel heißt bei dem Song Martin Gasselsberger, der unter anderem für der Blues-Legende Sir Oliver Mally in die Tasten haut.
Offizieller Video-Link zu "Still On My Mind":
Dennoch, wer die Truppe live kennt, weiß auch um die voll instrumentierte Version von "Ceiling", die in dem Fall, und sei es nur wegen des Drives, doch besser gepasst hätte. Das Kollektiv zitiert auf "Still On My Mind" viele Größen der Pop- und Rock-Geschichte, daher ist es auch unmöglich alle Einflüsse auszusortieren. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn in Summe ergibt sich ein wunderbarer Cocktail aus Altem, Bewährtem und Eingängigem. Einziger wirklicher Kritikpunkt der Scheibe ist die Anzahl der Titel, denn nach dem Schlusstrack "Ceiling" bleibt eine unangenehme Leere zurück und ein neuerlicher Duchlauf steht unweigerlich an. Allerdings fungiert es so auch wunderbar als Anheizer fürs nächste Output des Quintetts und lässt ihm ungeduldig entgegenfiebern. Vielleicht noch ein Wort zu den Texten: Sie sind vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, da sie sich großteils um Beziehungen und dergleichen drehen, was vermutlich vor allem der weiblichen Hörerschaft zu Gute kommt. Die männlichen Fans können sich immer noch an die gut platzierten Strom-Gitarren hängen, die sich beim Großteil des Albums in den Vordergrund drängen.
Fazit: Ein Album zum immer wieder Anhören, ganz ohne Berührungsängste. Ausgefeilte Arrangements wechseln sich mit catchy Ohrwürmern ab, die einen nicht mehr loslassen wollen. Hier werden nicht immer die selben drei Akkorde geschrubbt, sondern die Jungs legen Wert auf Abwechslung und eine interessante Instrumentierung. Mit von der Partie sind, neben Bandleader Johannes Sommerer, noch Dealer-Aushilfs-Orgler Oliver Kerschbaumer, Bassist Michael Wittner, Gitarrist Jürgen Peer und Drummer Willie Larsson jr., ihres Zeichen allesamt Studenten der Linzer Bruckner-Universität. Daher hält der musikalische Anspruch auf "Still On My Mind" auch bis zum Schluss an. Ein jeder Titel lädt mehr oder weniger zum Mitsingen ein, was für mich schon in der Essenz ein großartiges Pop-Album ausmacht. Stimmlich wie musikalisch ein wahrer Genuss, da kann sich manch eine Band noch eine große Scheibe abschneiden.
Mein Tipp: Schnell hin zum nächsten Konzert der Österreicher, denn Johnny Summerville sollte man sich als Pop-Liebhaber nicht entgehen lassen.
Anspieltipps: Still On My Mind, Night And Day, Distracted

 
Score:
88% Hervorragend!

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