Interview: Dealer

vom 9. April 2013 in Leonding
Als Musikredakteur hat man ja das besondere Vergnügen, mit allerhand Stars, und denen die es noch werden wollen, auf Tuchfühlung zu gehen. Man wird dabei von vielen beneidet, doch die Wenigsten wissen, dass man dabei natürlich auch ihren Launen und Macken ausgeliefert ist, und man sich beim Gespräch davon möglichst wenig beirren lassen sollte. Die österreichischen Blues-Rocker von Dealer haben diesbezüglich, Gott sei Dank, keine Star-Allüren. Und so war es auch nicht weiters verwunderlich, dass das Interview mit Dreiviertel der Band - in ihrem gemütlichen Proberaum - nicht nur äußerst sympathische verlief, daher die Zeit wie im Flug verging und ich erst drei Stunden später das Gespräch beendete. Und das, obwohl noch unzählige weitere Fragen im Raum standen. Dennoch hatte ich genug Material für drei Interviews.
Das Ergebnis ist die unumgängliche Essenz von Dealer, die das Herz jedes Fans höher schlagen lässt. Die Jungs erzählen von ihren Anfängen, Wegbegleitern, den Aufnahmen zum neuen Album This Is Not California, ihre Zusammenarbeit mit Harald Gebauer und der E-Strich Band, sowie eine Vielzahl lustiger Anekdoten, die sich im Laufe der letzten zwanzig Jahre bei der Truppe angesammelt hat. Nach dem Gespräch hatte ich unweigerlich Lust darauf, wieder eine Band zu gründen, denn Dealer vereinen all das, weswegen man als Jugendlicher zum Instrument greift und dann als Erwachsener weiß, warum man nicht aufgibt. Relativ abgeklärt gewähren uns die drei Musiker einen Einblick ins Musikleben als erfahrene Band, bei der der Spaß immer noch im Mittelpunkt steht, aber auch immer noch ein Feuer brennt, das direkt zu spüren war, getreu dem End-Track auf dem aktuellen Release "Ain't Gettin' Better".
Viel Spaß beim Eintauchen in den Kosmos von Dealer!

Übersicht:

Zurück zu den Anfängen
Der Spaß an der Musik
Das aktuelle Album This Is Not California
Harald Gebauer & Die E-Strich Band
Rund um die Band

Das Interview:

Michael: Ich sitze hier im Proberaum der Linzer Band Dealer und spreche mit Gitarrist Maks Eastwood, Drummer Mathias Paulischin und Bassist und Sänger Thomas Schmatz. Vielen Dank für die Audienz, wie geht's Euch?
Thomas: Geht uns eh gut, Danke!

Zurück zu den Anfängen

Michael: Was mich schon wirklich lange interessiert, ist, nicht wie ihr auf Euren Bandnamen gekommen seit - das wird eh ein jeder fragen - aber gab's damit schon mal Probleme?
Maks: Ganz im Gegenteil.
Thomas: Nein, interessanterweise nicht. Zu Beginn haben wir uns gewundert, in der Zwischenzeit sind wir es schon gewöhnt, dass es überhaupt keine Probleme gibt.
Maks: Wir hatten früher immer Band-Busse und da war immer mindestens ein Dealer-Aufkleber drauf. Und man weiß ja, in Würzburg, in Deutschland ist ja die Polizeischule, und da sind wir vorbeigefahren. Aber das war ihnen anscheinend zu offensichtlich. Wir hatten schon Polizeiwägen hinter und vor uns, aber diese offensichtlichen Aufkleber auf dem Bus, waren vermutlich selbst der Polizei zu viel. (lacht)
Und selbst wenn sie uns an der Grenze aufgehalten haben, war es im schlimmsten Fall so, dass sie hinten auf gemacht haben. Und da ist natürlich das ganze Equipment kreuz und quer drinnen gelegen. Nach kurzen beratenden Blicken haben sie uns dann einfach durch gelassen. War ihnen wohl zu viel Arbeit. (lacht)
Mathias: Ich hab letztes Jahr ein Dealer-Plakat, samt Foto von uns, auf die Tür von der Polizei-Wache im Landhaus geklebt, ist auch nie etwas gekommen. Und im Nachhinein bin ich drauf gekommen, dass die ja auch eine Kamera beim Eingang haben. (lacht)
Maks: Einmal ist bei uns hier im Proberaum eingebrochen worden und dabei wurden drei Gitarren gestohlen. Aufgetaucht sind die dann in der Suchtgift-Abteilung auf der Linzer Polizei-Hauptwache.
Thomas: Weil die Kids, die uns die Gitarren gestohlen haben, dort nämlich bekannt waren und drum hatten sie auch unsere Instrumente, obwohl es ja eigentlich Diebstahl war. Und wir haben die dann auch dort abgeholt. (lacht)
Maks: War ein komisches Gefühl: Was wird da wohl jetzt passieren? Und dann haben die uns total freundlich begrüßt und waren echt nett: "Hallo, ihr seid doch die Jungs von Dealer!? Endlich haben wir mal Musiker hier."
Thomas: Polizisten sind unsere Freunde. (lacht)
Mathias: Fans und Freunde. (lacht)
Michael: Ihr ward ja bei Eurer EP "Death Before Disco" und dem darauf folgenden Album "Rocks Off" zu Viert. Dann bei "Backdoor Business" hattet ihr den Phil Sicko bis zur EP "Never Too Late" als Sänger, wo er sich ja ganz offensichtlich verabschiedet. Und in dieser Zeit mit dem Phil habt ihr ja auch den ersten Angriff auf die Medien unternommen. Es schaut ein wenig so aus, als wäre der Phil so eine Art, bitte nicht falsch verstehen, "Mittel zum Zweck" gewesen.
Thomas: Nein gar nicht. Aber es war so, dass wir nach dem ersten Album "Rocks Off" eine kleine Flaute hatten, und da haben wir nach Möglichkeiten Ausschau gehalten, wieder ein wenig Schwung in die Band zu bringen.
Maks: Und das war auch unser musikalischer Wandel in der Zeit. Bevor wir 1999 mit Dealer gestartet sind, hatten wir die Band Velvet. Das war so eine Art Cover-Band, wo wir wirklich genau das gemacht haben, was wir jetzt machen. Mit dem haben wir ja angefangen. Und der Phil ist deswegen zu uns gekommen, weil er zu dem Zeitpunkt schon ins Konzept gepasst hat. Und das war auch die Zeit, in der wir in diese KAPU-Dynamik eingetaucht sind, der Pezzy ("Bonecrusher" Unterweger, Anm. d. R.), unser damaliger Schlagzeuger, hatte da auch die Connections hin.
Thomas: Ich muss dazu sagen, ich kenne den Philip ja von der Schule. Zu Deadzibel-Zeiten hat es schon eine Schul-Band gegeben, wo ich mitgespielt habe, wo der Stofferl (Gary Gloom, Anm. d. R.) von den Borderliners, Jack Frost und Stand To Fall mitspielte. Und der Flip von den Texta war auch dabei. Später ist dann der Martin, der Schlagzeuger von Jack Frost und von den Borderliners auch noch dazugekommen. Wir kennen uns also alle noch aus Schulzeiten. Und es war daher auch nicht so, dass der aus dem Nichts auf der Bildfläche erschienen ist. Und gleichzeitig war das auch das Ende von Deadzibel, das sich auch abgezeichnet hat. Und wir haben uns mit ihnen ja auch den Proberaum im Posthof geteilt. Da haben wir uns also ständig gesehen und darum haben wir dann halt einfach mal zusammen gespielt. Und es war relativ schnell klar, dass das befruchtend ist, und endlich wieder ein neuer Schwung in der Band war. Weil sich auch musikalisch etwas verändert hat. Das war so die Rock 'n' Roll-Richtung. Und nachdem wir immer wieder neue musikalische Inputs verwertet haben, hat uns das allen gut gefallen.
Michael: Aber gerade zu der Zeit hattet ihr so einen Schub, dass ich mir gedacht habe, dass muss an dem Typen hinterm Mikro liegen.
Thomas: Nachdem wir im Laufe der Zeit eine Vielzahl musikalischer Einflüsse verwertet haben, wo der Philip als Person natürlich auch seinen Einfluss gehabt hat, und sind dann schlussendlich wieder zu dem zurückgekehrt, was immer da war, nämlich der Blues-Rock, den der Maks und ich ganz früher schon in eben der Cover-Band Velvet ausgelebt haben.
Maks: Da waren wir teilweise in Dreierformation, aber die Lokale waren alle voll. Das war damals im "Cafe Strom" oder in der "Blauzone", gewaltig was es da für ein Feedback gab. Aber irgendwann kamen wir zu einem Punkt, wo wir uns gesagt haben, dass wir auch mal was Eigenes machen müssen. Und damals war die Kyuss- oder Queens Of The Stone Age-Geburtsstunde, und es war fast unumgänglich, dass wir das auch machen.
Thomas: Ja, weil es uns total gut gefallen hat.
Maks: Ja absolut. Das hatte eine Kraft…und das war so eine Full-Stack-Zeit, da haben der Mike (Fullsteam, zweiter Gitarrist bei Dealer, Anm. d. R.) und ich, beide mit einer Les-Paul gespielt, die Marshall-Türme auf die Bühne geschoben und sind da drüber gebrettert. Ob in Kärnten, der Slowakei oder der Schweiz, überall. Das war schon eine Zeit in der Eins das Andere ergab.
Thomas: Wenn ich mir die Sachen im Nachhinein anhöre, hat das schon alles seine Richtigkeit gehabt. Nämlich letztendlich auch die Trennung vom Philip.
Maks: Wir sprechen eh auch öfters darüber und du hast das eh in deinem Review ganz gut erkannt, mit dem Text von "Never Too Late".
Thomas: Das war dem Philip seine Abschieds-Hymne.
Michael: Und in der Zeit war ja auch der Mike Fullsteam nicht dabei, sonder der Gary Gloom von Jack Frost, oder?
Maks: Stimmt genau. Der Mike hatte in der Zeit eine kleine Schaffenspause und hat sich da ein wenig zurückgezogen. Und da hat's eben den Wechsel gegeben, dass der Stofferl (Gary Gloom, Anm. d. R.) den Part vom Mike übernimmt. Der war einfach naheliegend, denn den kenne ich mindestens genau so lange, wenn nicht noch länger. Und genau so unkompliziert war dann auch wieder Mike's Rückkehr in die Band.
Maks: Der Stofferl hat gesagt: "He Mike, bist wieder da? Willst du deine Band wieder haben?" (lachen)
Thomas: Ja, das war wirklich so. Da war nie böses Blut.
Maks: Da haben wir gerade gestern mit dem Ehren Groban von Waxy darüber gesprochen, dass das bei uns in Österreich nicht so Usus ist, dass wir einfach die Musiker untereinander austauschen. Und gerade da in Palm Dessert, wo der Stoner Rock ja herkommt, ist es Gang und Gäbe, die Musiker auszutauschen. Da gibt's eine Band, die besteht aus zehn Leuten, sag ich jetzt mal, aber es spielen immer nur vier oder fünf. Die klatschen da ab und dann spielen die Nächsten. Das finde ich schon extrem cool. Bekannt geworden ist dann eh nur eine Band, und die haben die anderen halt mitgerissen. Im Falle von Kyuss wären das z.B. Queens Of The Stone Age. Und das wäre ja in Linz auch ganz nett, wenn irgendjemand mal den Durchbruch schafft.
Thomas: Ich finde das auch ganz wichtig, dass es unter den Bands keinen Neid gibt, wenn jetzt mal einer erfolgreicher ist, weil ja in Wahrheit alle davon profitieren. Ich kann jetzt nur für den Hip Hop-Bereich sprechen, aber Texta haben schon enorm viel für die Szene hier bewirkt. Und da darf es einfach keinen Neid geben. Wir Rocker müssen zusammen halten. Weil wir ja alle ein stiefmütterliches Dasein fristen. Das ist alles so eine Nischengeschichte für Fans. Wenn mal wo AC/DC spielt laufen alle hin und zahlen Unmengen für die Tickets, aber bei einer lokalen Band stehen dann 20 bis 30 Personen im Publikum. Und das Potenzial, eine breitere Masse zu erreichen, ist ja da.
Maks: Ich bin absolut dafür, wenn mal ein größerer Act hier spielt, dass automatisch ein lokaler Act - der dazu passt - angehängt wird.
Michael: In der Linzer Musikszene tut sich ja zur Zeit ordentlich was, und außerdem gibts ja den "Mob", der die Linzer Bands unterstützt, die Vereinigung der besten Linzer Bands. Glaubt ihr, gibt's Parallelen zur der Stahlstadtszene vor 30 Jahren, die ja auch einen Aufschwung der Linzer Musik zur Folge hatte, wie man im Film "Es muss was geben" recht gut sieht? Oder konkreter gefragt: Könnte es sowas nochmal geben, denn die Zeit wird ja bei uns schon recht glorifiziert?
Thomas: Naja, die Szene ist auch mit den Bands entstanden. Das gab's so glorreiche Bands wie Willi Warma und später Stand To Fall oder Target Of Demand, die das total geprägt haben und dabei die anderen mitgerissen haben. Die aber auch Erfolg gehabt haben. Also grundsätzlich kann ich es mir schon vorstellen, obwohl die Zeit natürlich schon auch eine Rolle gespielt hat. Das war ein Zeitgeist, sage ich jetzt mal, den diese Bands gehabt haben. Und auch dieses Neue und Wilde. Das wird jetzt immer schwieriger.
Maks: Aber es ist schon so, dass wenn einer ein Album rausbringt oder Bands wider zu spielen anfangen, viele mitreißen. Zur Zeit spielt ja eh wieder ein jeder: die Jack Frost spielen wieder, die Borderliners und sogar unsere Proberaum-Kollegen Outsmarted. Oder Püssy Tyrant, das ist doch super, dass sich jemand in Linz sowas traut. Das gehört ja unbedingt angeschaut. Und wir haben Steel Panther in L.A. gesehen, das muss man einfach gesehen haben.
Thomas: Was es in Österreich nicht so gibt, ist ein Live-Publikum, das automatisch zu den Konzerten geht. Ich glaube, das ist auch ein wenig die Faulheit der Leute. Weil die teilweise auch gesättigt sind, weil man ja eh überall Musik konsumiert. Aber so diese Live-Kultur, dass wenn eine Band spielt, es klar ist, dass hingegangen wird, gibt es nicht mehr.
Maks: Mathias, wie siehst Du das?
Mathias: Ich hab das bei den Borderliners recht gut mitbekommen, beim Konzertstehen fühlen sich die Leute irgendwie unwohl. Es wird zwar geklatscht, weil sich das so gehört, aber alle sind ein wenig reserviert bzw. ist so eine komische Spannung da. Und weil du sagst, dass man Musik schon überall konsumieren kann, ich freue mich auf das gesamte Live-Paket, auch auf die Performance, und das war da gar nicht. Es war alles irgendwie gezwungen. Ist vielleicht auch ein wenig die Youtube-Generation. Die hast in Sekunden alles und brauchst nirgends mehr hin.
Thomas: Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Bands, weil's so immer schwieriger wird, dass man überhaupt wo spielt. Und dabei gäbe es bei uns in Linz so viele Möglichkeiten zu spielen. In der Altstadt könnte man fast in jedem Lokal auftreten.
Maks: Das "Smaragd" zum Beispiel ist so super! Das war immer cool! Oder wenn man im "Bugs" das einführen könnte, dass da wöchentlich etwas passiert. Das ist mitten am Hauptplatz, da muss keiner ins Auto steigen, und die Leute würden draufkommen, dass es in Linz auch etwas passiert. Oder im "Walkers" die Bühne.
Mathias: Bei denen gibt's mit den Anrainern massive Probleme wegen der Lautstärke, soweit ich weiß!
Maks: Der Posthof ist halt schon eine Überwindung, weil man doch auf ein Fahrzeug angewiesen ist. Es kommen zwar Taxis und auch der Bus fährt hin, aber trotzdem überlegt man es sich da zweimal hinzufahren.
Video-Link zu "Ain't Gettin' Better":

Der Spaß an der Musik

Michael: Aber wie erhält man sich da den Spaß an der Musik, wenn's immer komplizierter wird wo zu Spielen?
Maks: Die Musik an sich ist der Grund!
Thomas: Die Band sollte in Bewegung bleiben. Man muss einfach anfangen, sich Projekte und Ziele zu setzen. Man braucht natürlich den Idealismus, dass man vieles andere zurückstellt, weil sonst funktioniert die Band nicht. Wenn Du dir vorstellst, wenn jeder Geburtstag von der Oma oder ähnliches, eine Probe bei vier Musikern verhindert, dann wird das eher nichts, weil man im Monat vielleicht einen Termin findet, wo alle Zeit haben. Und dann spielt man auch richtig Scheiße, weil die Übung fehlt. Man muss dem also schon eine Priorität geben, aber für die Motivation ist es ganz wichtig sich Ziele zu setzen. Man muss sich Highlights schaffen. Wie wir jetzt mit unserem neuen Album "This Is Not California", mit dem wir zur Zeit natürlich ein wenig Rückenwind haben. Und da merkt man dann schon, dass jeder mitzieht und motiviert ist. Und das nächste Projekt ist vermutlich ein Video.
Maks: Trotzdem ist das Feedback vom Publikum auch wichtig. Ich will das auch von anderen hören, nicht nur von meiner Mutter, oder meinen Freunden. Wie von Dir oder anderen Kritikern, die wirklich kritisch sind. Und wenn Du von Leuten positives Feedback bekommst, die mit deiner Musik sonst nichts am Hut haben, dann baut das extrem auf. Und das hilft auch enorm, dass man weitermacht. Der Miles Davis hat ja mal gesagt: "In dem Moment, in dem du vor einem Konzert nicht mehr aufgeregt bist, kannst du es vergessen, da ist die Magie weg!" Und so sehe ich das auch, weil man kann 3000 Konzerte spielen, aber es muss vom Feeling her immer noch gleich sein, und das ist es was Spaß macht. Eine Woche vor Konzert ist bei mir noch alles cool, aber dann rückt der Termin näher, und ich werde langsam ein klein wenig nervös. So muss es sein.
Mathias: Dieser erhöhte Zustand der Aufmerksamkeit, in dem dann das stattfindet, ist ja besonders super. Weil wenn's Dir am Arsch vorbei geht, wirkt sich das schon auf den Gig aus.
Thomas: Also am besten schauen, dass der Energie-Level innerhalb der Band hoch bleibt.
Maks: Das ist natürlich leichter, wenn man jung ist und die sexuelle Kraft noch so stark ist, was ja die treibende Kraft im ganzen Leben ist. Wenn man älter ist, Familie hat und vielleicht noch Hobbies hat, muss man sich aber definitiv, wie der Tomi sagt, Prioritäten setzen.
Thomas: Und der Grund, warum wir das jetzt seit zwanzig Jahren machen, ist der, weil wir es machen wollen. Und wir haben ja nach wie vor diese jugendliche Zugang zur Musik, weil es heute, genau wie vor zwanzig Jahren, das Coolste ist, in einer Band zu spielen.
Michael: Aber wie ist das jetzt konkret mit der Motivation? Ich habe ja auch in Bands gespielt, und ich weiß warum ich es damals gemacht habe, nämlich wegen der Frauen und dem Freibier. Aber wie verändert sich die Motivation im Laufe der Jahre?
Maks: Vollkommen richtig, und wer sagt, dass er es nicht deswegen gemacht hat, der lügt.
Thomas: In Wahrheit wird das mit den Groupies überbewertet! (lacht)
Michael: Natürlich, aber ich meine jetzt eher dieses angehimmelt werden. Da gibt es dieses Bild von Elvis Presley, bei seinem "68er Comeback Special", wo er im Leder-Kostüm auf der Bühne singt und die Frauen ihn mit den Blicken geradezu ausziehen. Dieses Bild symbolisiert für mich am Besten, warum die Meisten eine Band gründen, abgesehen von der Liebe zur Musik.
Maks: Absolut. Das sollten wir eh hier drinnen aufhängen. (lacht)
Thomas: Na klar. Wobei, wenn man dann im Regen den Bus einräumen muss, wirkt das dann natürlich schon ein wenig ernüchternd.
Maks: Wenn du die Biografie von Duff McKagan "It's so easy" kennst, der beschreibt das auf ein paar Seiten das wirkliche Tourbusleben ganz gut. Und zwar, dass in einem Bus zehn stinkende Typen sich die Kojen teilen, und da gibt es die Regel, wenn der Vorhang zu ist, greift man da nicht hinein und lässt den schlafen. Und dann kommt da einer am Tag 25 der Tour - wo man eh schon fix und fertig ist, nämlich auch von allen möglichen Substanzen - zieht den Vorhang weg, dir die Hose runter, steckt dir eine Kerze in den Arsch und sagt: "Komm Alter, trinken wir noch etwas!" Das geht nicht. Und das wird halt schon ein wenig romantisiert: Mit einem Tourbus durch die Lande tingeln, mit den Veranstaltern verhandeln … Plötzlich gibt's keine Gage, und lauter so Sachen.
Thomas: Man braucht da schon auch ein bisschen Humor. (lacht)
Und natürlich auch ein passendes Bandgefüge, weil mit irgendjemandem mache ich den Wahnsinn nicht durch. Zumindest nicht lange. Da muss es schon ein besonders hohes Schmerzensgeld geben. (lacht)
Maks: Wenn man Freitag oder Samstag spielt, ist alles lustig. Da kann man Vollgas geben, wie man es im Fernsehen sieht. Aber wenn man auf Tour geht, zeigt sich der wirkliche Charakter. Man kennt zwar seine Freunde, dennoch muss man aufeinander Rücksicht nehmen. Da braucht man verdammt starke Nerven, und das halten viele Leute nicht aus. Das ist dann Arbeit. Und da sind sicher schon einige Bands auf Tour zerbrochen. Und dann kommt ja auch noch die Geld-Thematik hinzu. Da gibt's echt Musiker, die seit 30 Jahren Musik machen und die haben es noch nicht geschafft, sich bei der "AKM" anzumelden. Das sind nur ein paar Unterschriften.
Thomas: "Strenge Rechnung, gute Freunde", den Spruch kennt man eh, und das haben wir so ganz gut hinbekommen. Und wenn ich dann von Bands höre, wie der Maks sagt, die zu faul sind, sich bei der "AKM" anzumelden, verstehe ich das echt nicht. Denn wenn man Airplay hat, ist das schon ein Multiplikator. Und im Vergleich zu den Plattenverkäufen, ist das Airplay um so wichtiger. Und darin birgt sich wieder die Gefahr, die Tantiemen richtig aufzuteilen.
Michael: Ihr habt im Laufe eures Schaffens auch schon eine Menge Schlagzeuger verbraucht, vier wenn ich mich nicht verzählt habe. Ihr kennt aber schon "Spinal Tap"?
Thomas: Ja, Schlagzeuger haben bei uns eine relativ kurze Halbwertszeit. Die nutzen sich recht schnell ab. (lacht)
Mathias: Aber das haben wir mittlerweile abgeschafft.
Maks: Genau, der Mathias hat einen Zehnjahres-Vertrag. (lacht)
Thomas: Schlagzeuger sind schon sehr eigene Charaktere. So ähnlich wie bei den Tormännern im Fußball. Die stechen auch überall raus. Wenn man ein Foto sieht, weiß man meistens sofort, wer der Drummer ist.
Mathias: Ich weiß noch, ich hab damals im "Cafe Strom" mit meiner damaligen Band gespielt, und da war der Thomas dort und hat gesagt, dass sie einen neuen Schlagzeuger suchen. Ich war aber nicht der einzige, oder?
Thomas: Wir haben ein kleines Casting gemacht, mit zwei oder drei Schlagzeugern. Und wie ich vorher schon erwähnt habe, ist der Sympathie-Faktor auch ganz wichtig. Man sieht sich ja doch recht oft und hat natürlich auch Reibungspunkte, und da muss es menschlich schon auch passen. Und das hat beim Mathias sofort gepasst.
Maks: Ganz früher hatten wir mal Inserate geschaltet, da haben sich vielleicht lustige Leute gemeldet. Und dann hatten wir quasi Blind-Dates mit Schlagzeugern. (lacht)

Das aktuelle Album "This Is Not California"

Michael: Kommen wir mal zum Album "This Is Not California": Ihr habt 14 Tracks und über eine Stunde Spielzeit drauf gepackt. Eigentlich schon recht üppig für ein Album?
Maks: Da haben wir sogar selber geschaut. Dabei haben wir ja schon wieder so viele neue Songs….
Michael: Na dann dürfen ja uns bald auf ein neues Album freuen. Was mich noch interessiert hätte: Ihr habt gestern Abend bei der Radiosendung "Wer ist hier der Boss" mit Hell Baker und Phred Finster erzählt, dass ihr Euch bei den Aufnahmen ein wenig verzettelt habt. Was war da genau los?
Thomas: Naja, wir haben eine andere Vorstellung davon gehabt, wie wir die Platte aufnehmen wollen. Wir wollten das schnell aufnehmen …
Maks: Wir wollten es live einspielen …
Thomas: … haben dann aber irgendwann gemerkt, dass das so nicht funktioniert. Wir sind dann zurück zum Start und haben beinahe noch mal von Null begonnen. Und durch Terminschwierigkeiten dazwischen, hatten wir immer wieder Pausen, und darum hat's dann im Endeffekt auch so lange gedauert.
Mathias: Wann ist das Studio in Wien frei, wann hat der Gerhard Vellusig - der mit uns aufgenommen hat - Zeit, wann haben wir Zeit?
Thomas: Das sind Wochen und Monate verstrichen. Und man kann da nicht schnell man hinfahren und zwei Stunden was einsingen.
Maks: Da haben wir schon gemerkt, dass wir alle auch Jobs haben. Wir sind auch nicht immer alle zusammen ins Studio gefahren. Wir haben das schon so gestaffelt, dass wir immer zu zweit gefahren sind. Und da hat man dann auch wirklich einen Fortschritt gesehen. Und in der finalen Phase haben wir das so durchgezogen. Aber wenn vier Leute im Studio sind, wird viel gequatscht, diskutiert und herumgeblödelt. Aber im Endeffekt hat sich was weiter bewegt. Aber das Jahr dazwischen war teilweise schon sehr zäh. Und da mussten wir uns des Öfteren selber motivieren. Aber die erste "Ohrfeige" war, dass wir das nicht so, wie unsere großen Vorbilder, der Tom Petty oder die Black Crowes, live einspielen können. Wobei man dazu sagen muss, dass Studio hatte das so in der Form noch nie gemacht und war auch nicht darauf vorbereitet, so wie wir das gerne gemacht hätten. Und im Endeffekt war es dann gut, dass wir trotzdem weiter gemacht haben.
Thomas: Irgendwann kommst du an einen Punkt, wo einfach nicht mehr zurück kannst. Weil da hast du ein halb fertiges Album und das geht gar nicht. Ja, und wir haben dann halt schon sehr präzise an den Nummern gearbeitet. Und ich bilde mir ein, man hört das auch. Es sind irrsinnig viele Kleinigkeiten drinnen, haben auf ein harmonisches Bild geachtet, dass es nicht zu überladen ist und einfach eine runde Sache wird. Wir haben auch viel nachgedacht, was die einzelnen Instrumente wirklich machen. Und da ist so ein Prozess entstanden, wo wir zwischendurch mit manchen Nummern auch unzufrieden waren, wo wir noch weiter mit Sounds herumprobieren mussten. Und da haben wir uns natürlich in Details verzettelt, aber es hat auch Phasen gegeben, da haben wir in zwei Tagen irrsinnig viel weiter gebracht. Und teilweise sind ja richtig alte Nummern dabei.
Maks: Nimm "Ain't gettin' better" zum Beispiel, das haben wir mit der Band Velvet vor Dealer schon gespielt.
Mathias: Und wir haben auch nichts überhastet. Wenn mal eine Tonlage nicht hundertprozentig gepasst hat, haben wir das nicht so gelassen, sondern so lange probiert, bis es funktioniert hat.
Michael: Aber das ist ja sicher irrsinnig kostspielig, wenn man so lange im Studio herumexperimentiert?
Thomas: Das war ja so nicht geplant! (lacht)
Aber das stimmt schon, wir haben in "This Is Not California" so viel Zeit und Geld wie noch nie für ein Album hineingesteckt. Und im Nachhinein bin auch froh, dass man das auch hört.
Maks: Wir sind halt auch ein wenig einen Kompromiss mit dem Produzenten eingegangen, weil es live eingespielt schon eine Note rockiger gewesen wäre. Der wollte uns ursprünglich aber viel poppiger haben. Und das Ergebnis hätte auch anders ausgesehen, wenn wir in der Endphase nicht noch mit Nachdruck gesagt hätten: "Wir sind eine Gitarren-Band!"
Thomas: Das war auch so ein Prozess, den wir vorher noch nicht hatten, dass da plötzlich noch jemand mitredet.
Maks: Wir lassen uns eh was sagen und sind keine sturen Hunde, aber nach den ersten Aufnahmen des Grundgerüstes Schlagzeug, Bass und Gitarre, war's uns schon um einiges zu poppig. Nämlich auch sehr ungewohnt, da haben wir schon überrascht. Aber es hat sich dann, Gott sei Dank, gegen Schluss eh dorthin bewegt, wo wir es haben wollten.
Thomas: Wobei man schon sagen muss, wir wollten ja den Produzenten, weil wir neue Inputs ausprobieren wollten. Weil man irgendwann zu sehr darin verstrickt ist, als dass man objektiv bleiben könnte. Und dann hat jeder ein gewisses Bild vom Sound im Kopf, wie er es aus dem Proberaum kennt. Und ein Außenstehender sieht das ja dann doch anders. Für uns ist klar, dass bei zwei Gitarren, eine die Hauptgitarre ist, und plötzlich ist das aber die andere. Und dann ist uns das langsam klar geworden, dass man das auch so sehen kann. Da hat's einige Aha-Erlebnisse gegeben.
Maks: Das ist halt das, was so eine Band wie wir es sind, von Bruce Springsteen unterscheidet. Der kommt und sagt jedem genau was er wie spielen soll, weil das sein Ding ist. Bei uns gibt's auch keinen Diktator, sondern jeder hat seine 25 Prozent Mitspracherecht. Und für den Produzenten war das sicher auch neu, dass da plötzlich so viele mitreden.
Michael: Und wie wählt man das für sich passende Studio eigentlich aus? Man kann ja nicht in jedem Studio jede Musik-Richtung aufnehmen, oder?
Thomas: Das ist richtig. Und darum ist es ja dann letztendlich so, dass man gar nicht so viel Auswahl hat. Wir haben ein Studio gesucht, das Erfahrung im Rockbereich hat. Und nach dem wir mit dem Philip (Sicko, Anm. d. R.) In der KAPU schon aufgenommen haben, wollten wir mal was Neues ausprobieren. Und wir haben dem Gerhard in den FFW Studios in Wien dann unseren Referenz-Track vorgespielt, wie wir es haben wollen und da hat er uns versprochen, dass wir da hinkommen. Und so hat sich das ergeben.
Maks: "Das mach ich Euch sogar besser!", hat er gesagt. (lacht)
Michael: Was war das für ein Referenz-Track?
Maks: Das war von The Black Crowes "A Train Makes Still A Lonely Sound" vom Album "Before The Frost".
Thomas: Wir haben halt in puncto Sound den nächsten Schritt gewagt, und das Bestmögliche im Rahmen der Möglichkeiten herauszuholen. Und das ist uns auch ganz gut gelungen.
Maks: Wenn wir das Album in den Hollywood-Hills aufgenommen hätten, wo wir 13 Stunden Sonne am Tag haben, dann klingt das natürlich auch so. Aber die Linzer Melancholie hört man ja fast bei jeder Band raus. Und da sind wir angeblich auch dabei, habe ich mir sagen lassen. (lacht)
Michael: Auf der aktuellen CD ist ja leider recht wenig Info enthalten, ich hab's gestern extra nochmal geschüttelt, um zu sehen, ob nicht doch noch ein Booklet herausfällt.
Thomas: Versuchs mal mit Zitronensaft! (lacht)
Maks: Ja leider, das haben wir ein wenig aus den Augen verloren.
Michael: Habt ihr eigentlich auch überlegt, "This Is Not California" als Vinyl raus zu bringen?
Maks: Ich hätte es irrsinnig gerne als Vinyl herausgebracht, aber das ist natürlich eine Kostenfrage.
Thomas: Es ist eine Liebhaberei, so ehrlich muss man sein. Wenn Du 300 Stück pressen lässt, wirst Du Dir selber sicher einen Großteil davon in den Keller stellen müssen. Außer natürlich, es passiert etwas Unvorhergesehenes. Ich bin persönlich schon froh, dass es wieder mehr Vinyl gibt, und auch so viele neue Sachen rauskommen. Es ist halt leider so, dass das eine Sache von Angebot und Nachfrage ist. Aber da ist der Markt derzeit noch zu klein, dass sich das wirklich auszahlt. Ich würd's mir auch wünschen. Die Glanzzeit des Vinyl ist ja leider vorbei. Ich erinnere mich an Zeiten, wo LP's extrem aufwendig gestaltet wurden, mit dicken Booklets und Gimmick-Covers. Da hat der Preis keine Rolle gespielt.
Michael: Bei vierzehn Titeln wäre das in eurem Fall sogar eine Doppel-Album geworden.
Maks: Das hat der Produzent auch gesagt. (lacht)
Ich finde diese Mentalität bei Vinyl ganz spannend. Du brauchst ja quasi zweimal einen Anfangs- und auch End-Track.
Thomas: Stimmt, es ist ja dieser Album-Gedanke in Zeiten von Youtube total abhanden gekommen, denn da hast Du maximal Playlists. Und bei einem Album überlegt sich der Künstler schon, womit er starten soll, und wie es weitergeht.
Maks: Diesbezüglich sind wir auch oft beisammen gesessen. Da gibt's ja auch allerhand "Zauberformeln". Wir haben versucht, uns in einen Journalisten hineinzuversetzen, um herauszufinden, wie das Hörverhalten ist: Hört er die zweite Nummer noch, wenn die erste schlecht ist, usw.
Thomas: Und wir haben auch überlegt, wenn uns jetzt jemand gar nicht kennt, und der hört das Album, dann müssen die ersten paar Nummern auf jeden Fall sitzen. Bei Größen wie Bob Dylan ist das noch mehr egal, weil wenn jemand Fan ist, dann kauft er das Album so und so.
Maks: Auf dem neuen Album von Neil Young („Psychedelic Pill“, Anm. d. R.), dauert die erste Nummer gleich 27 Minuten. Das kann sich nicht jeder leisten. Aber bei ihm ist es cool. Den kümmert das ziemlich wenig.
Michael: Und wie habt ihr nun "You Got The Key" zum Opener ausgewählt?
Thomas: Durch ein Ausschluss-Verfahren.
Maks: Und die Nummer ist übrig geblieben. (lacht)
Thomas: Es war die perfekte Wahl für die erste Nummer, weil sie rockig und eingängig ist, und einen guten Querschnitt vermittelt. Das ist natürlich schwierig, weil es ja im Grunde ein Best-Of-Album ist. (lacht)
Aber so falsch ist das gar nicht, denn viele der Nummern, sind ja schon älteren Datums. Wir sind einfach noch nicht dazu gekommen, sie aufzunehmen.
Maks: Wir haben ja schon wieder so viel Neue Sachen, die einfach aufgenommen gehören.
Thomas: Na klar, nachdem das Album im Kasten war, wollten wir endlich wieder mal was Neues spielen, und haben dabei sofort wieder einige neue Nummern geschrieben. (lacht)
Maks: Fünf bis sechs sind schon wieder ziemlich fertig, die könnte man eigentlich schon aufnehmen. Aber jetzt ist mal das aktuelle Album wichtig. Aber das Live-Aufnehmen möchte ich auf jeden Fall nochmal versuchen.
Michael: Habt ihr schon mal mit dem Gedanken gespielt, eine Live-Album aufzunehmen? Ich frage deshalb, weil mir letztens Püssy Tyrant erzählt haben, dass das gar nicht so einfach ist.
Maks: Stimmt, das ist extrem schwierig ein Live-Album zu machen. Weil, die Live-Alben die uns gefallen, sind alle mit Overdubs korrigiert. Es gibt nicht viele, die richtig Live aufnehmen. Die Black Crowes zum Beispiel haben das wirklich gut gemacht. Da gibt es dieses Video-Bootleg, wo sie in Amsterdam im Studio aufnehmen. Aber die haben das von Beginn weg perfektioniert.
Thomas: Es ist ja so, dass auf einem guten Live-Album die Nummern anders klingen sollen. 1:1 wie auf Platte macht's ja wenig Sinn. Und das ist auch etwas, an dem wir zur Zeit gerade arbeiten, dass die Stücke live durchaus etwas anders sein können, als auf dem Album.
Mathias: Zum Beispiel durch Jam-Parts. Oder die Nummer nochmal zerlegen und etwas anders wieder zusammensetzen.
Maks: Aber wie gesagt, live aufnehmen ist nicht ganz so easy. Ich hab schon Mitschnitte von großartigen Shows gehört, die später auf Band desatrös klangen. Und das ist eben das was Live-Shows ausmacht. Aber ein Live-Album würde erst nach dem zweiten Album wirklich Sinn machen, da könnte man dann noch ein paar ältere Nummern einbauen, wie "Cocaine Woman" oder "Never Too Late". Die Songs sind ja noch nicht abgespielt. Aber wir spielen sie eh wieder.
Mathias: Nur etwas dem neuen Sound angepasst, also etwas entspannter.
Thomas: Bei den Akustik-Sets haben wir sie eh gelegentlich gespielt, aber halt in einer Country-Version.
Maks: Das war eine sehr entspannte Zeit. Die ganzen schnellen Songs gemütlich spielen. Wir haben sogar Konzerte gespielt, wo wir das halbe Set unplugged gespielt haben und das restliche elektrisch.
Thomas: Wir haben sogar einmal als Sons Of Dealer als unsere eigne Vorband gespielt. Der Auslöser war, dass sie in der "Stadtwerkstatt" einen akustischen Support für Sons Of Jim Wayne gesucht haben - die ja auch akustisch sind - und uns gefragt haben, ob wir das machen wollen. Und unsere Voraussetzung dafür war, dass wir uns Sons Of Dealer nennen dürfen. Und seitdem greifen wir das gelegentlich auf. (lacht)
Michael: Habt ihr auch wegen einem Hidden-Track überlegt, wie ihr es schon auf "Rocks Off" gemacht habt? Würde sich da nicht der "Dealer Blues" super eignen?
Thomas: Es gibt die Idee des "Dealer Blues" als Live Nummer, die Spaß machen soll und der Text offen ist. Wir wollten das Stück als Live-Nummer haben, mit einem klassischen Blues-Schema, wo vieles passieren kann.
Mathias: Man muss aber schon sagen, dass der "Dealer Blues" grundsätzlich fertig konzipiert ist, wir haben es halt nie aufgenommen.
Thomas: Ob er auf dem nächsten Album drauf ist, wissen wir noch nicht, aber live spielen wir ihn sicher hin und wieder mal.

Harald Gebauer & Die E-Strich Band

Michael: Ihr seid ja auch beim Harald Gebauer die Backing Band, hab ich neulich zufällig bei einem Konzert von ihm gesehen…
Mathias: Alle außer mir, weil die Bandfindung noch vor meiner Zeit bei Dealer war.
Michael: Und wie kam es eigentlich zu diesem Projekt, weil das ist mit "Austro-Pop" ja eine komplett andere Richtung?
Thomas: Man muss die Sache ein wenig relativieren. Es war so, dass der Harald Gebauer, den kennen wir ….
Maks: Der Harald hatte zu Hause eine Kassette aus den Achtzigern liegen, wo lauter coole Nummern von ihm drauf waren. Und ich hab dann zum Tomi gesagt, dass wir die Nummern mit dem Harald gescheit aufnehmen. Weil wir können die ja nicht versauern lassen. Das waren Ambros-Texte, und lustig waren sie auch. Ich hab dann zum Harald gesagt, dass wir ihm die Nummern von einer Minute auf dreieinhalb ausarrangieren, er singst drüber, wir nehmen's auf und er kann es sich dann zu Hause ins Regal stellen. Ja, und dann haben wir das arrangiert und neu aufgenommen.
Thomas: Wir haben den Harald dann mit dem Hornek Michael (Teilzeit-Keyboarder bei 'Dealer', Anm, d. R.) verlinkt, weil der kann das. Wir hatten vor, das eigentlich ganz einfach halten, auf Homerecording-Basis: Gitarre, Bass, Gesang, Schlagzeug. Aber dann hat der Michael damit zum herumexperimentieren begonnen, und hat das ein wenig mehr arrangiert und noch drübergespielt. Und als die CD dann fertig war, hat der Harald gesagt, dass wir die jetzt schon auch präsentieren müssen, und so haben wir dann eine Live-Band zusammengestellt. Und da war es natürlich naheliegend, dass wir (Dealer, Anm. d. R.) dabei sind. Und das war eigentlich der Plan, die CD einmal zu präsentieren. Dann ist er aber drauf gekommen, dass das live spielen ja Spaß macht, und wir haben weitere Konzerte gespielt. Und dann hat er die Idee geboren, das zweite Album in Kalifornien aufzunehmen.
Michael: Es ist schon lustig, "This Is Not California" habt ihr in Wien aufgenommen, und das Austro-Pop-Album vom Harald Gebauer in Kalifornien.
Maks: Absolut. (lacht)
Thomas: Aber das Projekt an sich ist jetzt eine Sache vom Harald und vom Michael Hornek. Der Harald kommt mit den Ideen, und der Michael setzt sie, zusammen mit ihm, um und arrangiert sie. Wir sind jetzt "nur" mehr die Backing Band. Aber wie sich die Sache weiterentwickelt weiß zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Das zweite Album ist fertig eingespielt und wird voraussichtlich noch dieses Jahr erscheinen. Aber wie gesagt, wir sind da jetzt nicht mehr so involviert, und für uns hat Dealer oberste Priorität. Beim neuen Album sind ja auch viel mehr Leute dabei. Zum Beispiel hat der 'Blonde Engel' einen Chor-Teil gesungen, der Wolfgang Bründlinger hat noch eine Gitarre drüber gespielt und noch einige andere. Das wird mit Sicherheit eine super Produktion, der Harald hat in diese Geschichte viel Zeit investiert. Aber wie es weitergeht steht derzeit noch nicht fest.
Maks: Er ist auf jeden Fall ein extrem guter Songwriter, weil er den Zugang zu den Ambros-Nummern hat. Was heißt, er weiß, wie man einen Song poppig macht. Das hat er ganz gut drauf und macht ziemlich coole Sachen. Und drum ist er auch der Band-Leader, der sagt wie er was gerne haben möchte.

Rund um die Band

Michael: Glaubt ihr, ist es planbar mit seiner Band erfolgreich zu sein?
Thomas: Kann ich mir nicht vorstellen, wenn dann in Verbindung mit viel Geld, aber trotzdem muss auch das Produkt passen.
Mathias: Glaub ich auch nicht, denn da wären ja sonst sehr viele Bands erfolgreich.
Maks: Geld ist auf jeden Fall ein Faktor, wenn Du für Aufsehen sorgen willst.
Michael: Ihr könntet es ja so wie diese estnische Band Defrage versuchen - die jetzt wochenlang die Linzer Innenstadt belagert hat - und jedem ihre CD aufschwatzen wollte!?
Maks: Wochen? Du meinst Monate lang. Aber das ist halt schon sehr zeitaufwendig.
Mathias: Ich hab mir eine CD gekauft, war aber nicht so mein Fall. (lacht)
Aber ich glaube in unserem Alter funktioniert das nicht mehr. Überleg' mal, wenn Du zum Beispiel Deiner Familie sagst, dass jetzt mal ein Monat weg bist, um CD's in Großstädten zu verkaufen. (lacht)
Aber von der Idee her ist es nicht schlecht: Man verkauft sein Produkt direkt an den Hörer, da hat man automatisch einen Sympathie-Bonus. Finde ich schon eine super Aktion.
Thomas: Es gibt schon viele Musiker, die sich die Promotion-Agentur sparen und sich das selber machen. Die schnappen sich ihre Instrumente, fliegen zum Beispiel in die USA und schauen sich das mal ein paar Monate an. Aber eher alleine, nicht als Band.
Michael: Kommen wir zurück zur Musik: Gibt es Wunschkandidaten, mit denen ihr gerne mal auf der Bühne stehen möchtet?
Thomas: Oh, das gibt's genug. Es ist lustig mit Bands zu spielen, die man selber auch mag. Weil man dabei die Leute in der Regel auch kennen lernt. Wie wir zum Beispiel mit den Supersuckers gespielt haben, die waren dazumal unsere absoluten Favourites, war das schon cool. Und es hat auch Spaß gemacht, die dann kennen zu lernen. War ein schönes Erlebnis, denen auf "Augenhöhe" zu begegnen. Aber für mich ist der menschliche Aspekt das Interessante, nämlich dass man diese Menschen dann auch näher kennen lernt. Und da gibt's natürliche viele, denen ich gerne begegnen würde.
Maks: Das ist auch schon öfters passiert, dass wir T-Shirts und CD's ausgetauscht haben. Aber um auch Deine Frage zurück zu kommen, mit den Black Crowes würde ich schon gerne mal spielen.
Thomas: Na klar, das wär's natürlich. Aber ich würde halt auch gerne mal einen Dave Grohl treffen. Wir hatten ja eh mal eine Liste. Wer war da drauf? The Black Crowes, The Rolling Stones und Turbonegro auch. (lacht)
Maks: Und natürlich die Supersuckers, die haben wir sogar abhaken können. (lacht)
Aber es gib so viele erstklassige neue Bands, wie My Dynamite. Mit so einer Band mitspielen, die eh auch in unsere Zeit fällt, und gerade in Europa unterwegs sind, da wär' ich sofort dabei. Die sind auch in etwa unsere Liga.
Thomas: Was auch noch ein Wunsch von uns wäre, sich bei einer größeren Band, die zu uns passt, bei der Tour anhängen. Und da sind wir wieder beim Geld: Wenn Geld keine Rolle spielt, kaufst Du Dich bei so einer Tour ein.
Michael: Wie viele "richtige" Touren habt ihr schon gespielt und wann war das?
Thomas: Wir waren zweimal auf Deutschland-Schweiz-Tournee. Die Erste hat ganz super hingehaun, die Zweite war ein wenig schwierig und auch anstrengend. Das waren immer so 8 Konzerte in 10-12 Tage in der Zeit mit dem Philip, also zu "Backdoor Business". Müsste so um 2004 oder 2005 gewesen sein.
Maks: Das ist fast wie ein Abenteuer-Urlaub. (lacht)
Thomas: Aber man muss dazusagen, wenn Du auf Tour bist, merkst du das auch beim Spielen. Nach dem dritten Konzert haut dich da nichts mehr um. (lacht)
Mathias: Darf ich kurz was einwerfen? Das ist heute hier total wie eine Geschichts-Stunde für mich. (lachen)
Michael: Zum Thema "Internetpiraterie": Glaubt ihr kann man dieses illegale Downloaden von Musik irgendwie nutzen oder ist es lediglich Ballast für die Musik-Industrie?
Mathias: Die Musikproduktion ist halt schon eine teure Visitenkarte.
Thomas: Wenn Du wirklich was verdienen willst, musst Du das über Konzerte und das Merch machen, und da werden auch noch am ehesten CD's gekauft. Und da ist es dann auch gut, wenn man welche hat. Andere Bands machen überhaupt keine physischen CD's, sondern bieten die Nummern lediglich zum Download an. Auf der anderen Seite hast Du mit einer neuen CD wieder etwas zum präsentieren, was wiederum Auftritte und Airplay ermöglicht. Da hängt also schon ein ziemlicher Rattenschwanz dran. Von den Verkäufen betrifft's uns jetzt vielleicht nicht direkt, aber wenn der ganze Markt einbricht, betrifft es uns dann schon wieder. Und das wiederum schlägt sich auf die Ticket- und Merch-Preise nieder, weil irgendwie muss das Geld ja wieder reinkommen. Und insofern habe ich schon ein Problem damit. Aber ich glaube, ab einem gewissen Alter relativiert sich das, und die Fans kaufen wieder CD's oder laden sie bei iTunes runter, weil sie eine gute Qualität haben wollen. Ich habe aber das Gefühl, es werden eh langsam wieder mehr Leute, die Geld für Musik ausgeben. Vor allem, wenn man weiß, wie viel Herzblut in so seinem Album steckt, da kann man doch nicht erwarten, dass man es geschenkt bekommt. Vor allem sind wir ja in einer Gesellschaft, wo alles was nichts kostet auch nichts wert ist.
Mathias: Ich glaube sowieso, wenn jemand Geld für Musik zahlen muss, dann hört er es sich eher an, als wie wenn es nichts kosten würde.
Thomas: Und dann kommt hinzu, die Wertigkeit von so einem MP3 ist ja nochmal geringer als die einer CD. Wenn man da jetzt konsequent sein würde, müsste man sagen: "Na gut, dann mache ich halt nichts mehr." (lacht)
Und in weiterer Folge verliert es dann auch für die Band an Wertigkeit, wenn die Musik im Allgemeinen - seien es Konzerte, CD's oder Downloads - nicht mehr honoriert werden.
Michael: Ich habe letztens etwas ganz Interessantes gehört und zwar dass sich die Musik-Industrie noch nicht der Zeit angepasst hat und immer noch von dem ausgehen, wie es vor 15 bis 20 Jahren war.
Thomas: Du meinst, die haben die Wege noch nicht gefunden? Es gehört halt ein Bewusstsein dafür geschaffen, weil sonst geht es sich irgendwann einfach nicht mehr aus. Und so sind schon viele großartige Projekte gestorben, wie The Hellacopters oder Gluecifer. Das waren super Bands, die auch nie wirklich reich geworden sind.
Maks: Wenn das Bewusstsein für Qualität auf der Welt wieder steigt, dann müsste sich das auch wieder ändern.
Michael: Habt ihr zum Abschluss noch eine Tipp für eine Musiker-Doku oder einen Musik-Film, den man unbedingt gesehen haben muss?
Thomas: Lemmy!
Mathias: Sound City.
Maks: Genau, Sound City! Vor allem da wir ja schon allerhand Studioerfahrung sammeln haben dürfen. Weil wenn man das als Musiker schon mal erlebt hat, weiß man, dass das genau so ist, wie es im Film rüberkommt. Da steckt schon sehr viel Herzblut drinnen. Den sollte man sich als Musiker auf jeden Fall ansehen. Und außerdem sind ziemlich coole Aussagen von extrem wichtigen Leuten dabei, wo sich jeder Musiker etwas herausholen kann, wie zum Beispiel von Rick Rubin. Achso, und "Serching for Sugar Man". Da geht um den Musiker Sixto Rodriguez, der in den Siebzigern zwei Platten aufgenommen hat, von denen über 500.000 Stück verkauft wurden, wovon er aber nie etwas erfahren hat. Eine Spitzen-Doku. Hast Du auch eine Empfehlung für uns?
Michael: Ja, na klar! "Heavy Metal in Bagdad", "Anvyl" und natürlich "Spinal Tap".
Maks: Next Question please!
Michael: Hab ich keine mehr. Das wär's gewesen. Danke, dass ich Euch so lange belagern durfte. Euch gehört dafür jetzt noch das Schlusswort!
Maks: Musik macht glücklich! Und nachdem man Musik jederzeit und allerorts abrufen kann, gibt's da eine neue Platte von uns, mit der man glücklich wird.
Moderation: Michael Voit
Wer in das aktuelle Album „This is not California“ von 2013
reinhören möchte, kann dies hier tun:
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