Wenn es schon so verrückte Projekte wie zum Beispiel den a-Capella-Metal von van Canto, die schräge Metal-Rap-Mucke von Ice-T oder den Metal-Jazz-Crossover der norwegischen Band Shining gibt, dann wird es den passionierten Musikliebhaber sicherlich nicht erstaunen, dass es auch eine Mischung aus Westernsound und Metal gibt. Ja genau, da ist jemand auf die Idee gekommen - namentlich Sänger Alex Kraft - den Soundtrack berühmt berüchtigter Filmklassiker des Westerngenres auf sich wirken zu lassen und daraufhin ein ganzes Bandprojekt aus dem Boden zu stampfen, das mit seinen Songs ein Crossover aus epischem Filmscore und brachialen Metalklängen zaubert.
Am 27.4. erscheint der nunmehr vierte Longplayer namens „Dead Man's Hand“ der seit dem Jahr 2000 aktiven Truppe um Mastermind Alex Kraft. Doch wovon genau handelt das Album? Welche Besonderheiten gab es bei seiner Entstehung? Warum fordert die Band ihre Fans auf, die offiziellen Videos „illegal“ zu kopieren und zu verbreiten? Wird Ennio Morricone, der Begründer des Genre prägenden Italowesternsounds, jemals mit den Metallern von Dezperadoz zusammenarbeiten und warum haben die Jungs es in zwölf Jahren gerade mal auf vier Alben gebracht? Diese und viele weitere interessante Fragen beantwortet uns Alex Kraft im unten stehenden Interview!
Doch jetzt genug der Worte, macht euch am besten selbst ein Bild von diesem weiteren Baustein der heute stilistisch so breitgefächerten Metalszene ;-)
Yippie Ya Yeah Schweinebacke!
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Das Interview:
Alex (MT): Hey Alex! Wie geht's, wie steht's? Du bist jetzt im Vorfeld der neuen CD-Veröffentlichung am 27.4. sicherlich ziemlich ausgelastet ...
Alex Kraft: Howdy back, ja es geht ziemlich rund und wir geben Vollgas!
Alex (MT): Die neue Scheibe trägt den Namen „Dead Man's Hand“. Was kannst du uns über den Produktionsprozess erzählen? Gab es irgendwelche Besonderheiten oder vielleicht auch Schwierigkeiten?
Alex Kraft: Den Produktionsprozess startete ich schon neun Monate zuvor. Ich schreibe die Songs und produziere sie vor, um dann nur noch an ihnen zu "feilen". Für dieses Album hatte ich insgesamt sieben Songs mehr zur Auswahl, wobei ich immer zunächst ein Storyboard wie beim Film schreibe und dann Titel und Chapter setze, bevor dann die Vorproduktion abgeschlossen wird und es zum Schluss ins Studio zum CD recorden geht.
Die einzige Schwierigkeit bei diesem Album war, dass ich bei dem Song „Rebelheart“ insgesamt sechs Takes zum Einsingen brauchte, da wir vor Lachen ab und an keine Luft mehr bekommen haben vom vielen Scheiss machen ;-)
Alex (MT): Welche Bedeutung hat der Titel und von wem stammt die Idee dazu?
Alex Kraft: Die Ideen sind auch von mir und in diesem Fall erzähle ich die Lebensgeschichte von dem berüchtigten Revolverhelden Wild Bill Hickok, der beim Pokerspiel schlussendlich in den Hinterkopf geschossen wurde und mit Pick As, Kreuz As, Pick und Kreuz 8 mit der Kugel im Kopf vornüber kippte und als Toter Mann die Pokerrunde gewann. Seither nennen Pokerspieler das Blatt „Deal Man's Hand“. Ich erzähle auf dieser CD, wie es dazu kam.
Alex (MT): Du hast ja auch die Pistolengeräusche inklusive Schüsse eingespielt. Hast du dafür echte Waffen benutzt und brauchst du dafür einen Waffenschein?
Alex Kraft: So etwas bezeichnet man als eine Waffenbesitzkarte. Einen Waffenschein hat man nur zum "Mitführen am Mann". Die Schüsse und anderen Pistolengeräusche wurden auf einem Schießstand aufgenommen, was gar nicht so einfach war.
Alex (MT): Können die Fans im Zuge der CD-Veröffentlichung mit einer ausgiebigeren Tour rechnen?
Alex Kraft: Ja, wir sind gerade im Moment mit der Tourplanung für eine Club - und Supporttour beschäftigt. Außerdem sind auch noch zusätzlich dazu Auftritte bei Festivals und Shows im Ausland geplant.
Alex (MT): Auf eurer Facebookpage habe ich gerade einen interessanten Status gelesen: „DEZPERADOZ - First of 3 Videos now ONLINE !!!! SHARE it, STEAL it, COPY it“
Inwieweit ist das ernst gemeint? Das soll doch sicher keine Freikarte für Raubkopierer sein?
Alex Kraft: Doch, das ist genauso gemeint, wie es da steht. Wir haben die Clips genau aus dem Grunde gemacht, dass sie auch verbreitet werden. Die Clips stehen ohnehin online und man muß anfangen umzudenken. Wenn wir den Leuten ein paar Songs schenken, welche sie verbreiten können, wie sie wollen, werden die Leute noch mehr Material von uns wollen.
Alex (MT): Wie empfindest du persönlich die aktuelle Lage bezüglich der Raubkopierer und illegalen Downloads? Hat sich da was in den letzten Jahren geändert? Wenn ja, dann eher zum Positiven oder zum Negativen?
Alex Kraft: Wie gesagt, man muss das akzeptieren, umdenken und die gesamte Situation zum Vorteil für alle nutzen. Das ist keine Sache der Unmöglichkeit! Vor Jahren hat eine CD Produktion mit allem Drum und Dran ca. 20.000 Euro gekostet. Heute kostet sie nur noch ein Bruchteil dieser Summe. Außerdem wurde der Preis für CD's niemals wie von der Musikindustrie damals noch versprochen auf ein Maximum von 7 Euro gesenkt. Nein, hier wurden teilweise über 100% Gewinn verdient. Es ist jetzt an der Zeit umzudenken !
Alex (MT): Was kannst du uns zum Dreh der besagten drei Videos erzählen? Hat alles wie geplant geklappt?
Alex Kraft: Es sind die drei Videos für folgende Songs:
„Yippieyeah“
„Bullet with my Name“ und
„Like the Cowboyz do“
Das Video zum Song „Yippieyeah“, welches ja gerade online ging, wurde von Lars Walkling produziert und will sagen, dass man immer seine Träume leben sollte und niemals aufgeben darf! Egal vor wem man spielt, hahaha ;-)
Das zweite Video „Bullet with my Name“ ist von Mike Kleanthous und Thomas Lichtenwalter produziert worden und ist ein regelrechter Kino Italowesterntrailer geworden. Er hat mich beim ersten Ansehen sowas von beeindruckt und erinnert mich an Spaghettiwestern wie „Leichen pflastern seinen Weg“ und alte Sergio Leone Produktionen. Will euch jetzt aber noch nicht all zu viel verraten. Schaut einfach selbst, sobald er online ist!
Der dritte Clip wird im Juni in Russland auf unserer Tour gedreht und wird mehr Sex, Drugs and Rock'n Roll beinhalten. Man darf also gespannt sein!
Schief gegangen ist bei der Produktion und beim Videodreh nichts, sind doch Profis am Werk :-)
Alex (MT): Innerhalb von zwölf Jahren habt ihr insgesamt gerade mal vier Alben herausgebracht. Woran liegt das?
Alex Kraft: Nach der „Dawn of Dying“ hatte ich extrem schwere private Probleme und cuttete das ganze Ding. Ohne Freunde wie Tom Angelripper und Mike Kleanthous, wäre ich wohl nicht mehr aufs Pferd gekommen. Ich habe dann erst sechs Jahre spter weiter gemacht und mich mit der „Legend and the Truth“ zurück gemeldet. Allerdings finde ich es auch Quatsch alle 12 Monate ein Album wie am Fließband raus zu hauen. Man hört bei meinen Songs die Seele und Qualität die dahinter steckt. Für mich muss jeder Song eine eigene Welt sein.
Alex (MT): Gab es eine stilistische Weiterentwicklung eures Sounds innerhalb dieser Zeit? Wenn ja, wie sieht diese Entwicklung konkret aus?
Alex Kraft: Jedes Album von Dezperadoz ist eine eigene Geschichte. Insofern hat jede Produktion auch ihren ganz eigenen Flair. Dennoch erkennt man nach einer Sekunde hören bei jedem Dezperadoz-Song, welche Band es ist.
Alex (MT): Wie wichtig ist eine Entwicklung im Sound einer Band überhaupt und wie weit kann man gehen, ohne durch eine 180°-Wende seine Fans zu verspielen?
Alex Kraft: Darüber mach ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken. Ich schreibe meine Songs und wir spielen sie dann einfach.
Alex (MT): Habt ihr schon mal darüber nachgedacht oder sogar versucht Ennio Morricone für einen kleinen Gastbeitrag zu gewinnen?
Alex Kraft: Nein, ich liebe zwar seine Musik und er war zweifellos der Begründer der Italowestern Musik, aber so weit wollte ich nicht gehen.
Alex (MT): Da sich viele eurer Songs auf den Soundtrack von Western beziehen, gehe ich doch stark in der Annahme von aus, dass du die Filme gesehen hast? Welche der Filme favorisierst du und weshalb?
Alex Kraft: Meine Liste wäre:
„Once Upon a Time in the West“
„The Unforgiven“
„Il grande silenzio“
„Pale Rider – Der namenlose Reiter“
„The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“
All diese Filme sind keine typischen Hollywoodwestern und glorifizieren ihre Protagonisten oder irgendwelche Handlungen nicht zu sehr. Sie machen keine "Helden", sondern lassen sie Staub fressen und sind gefährlich!
Alex (MT): Kannst du auch dem amerikanischen Western etwas abgewinnen? Der ist ja im Vergleich zu den Italowestern fast schon richtig langweilig ...
Alex Kraft: In den meisten Fällen stimmt das, jedoch nicht immer. "Tombstone"
Alex (MT): Passiert es euch häufig, dass euch Menschen begegnen, die eure Kombination aus Westernmusik und Metal nach all den Jahren immer noch für dekadent oder für ein „bloßes Spaßprojekt“ halten?
Alex Kraft: Kann sein, das gibt aber Niemand zu. Wenn es so ist, ist's auch okay.
Ich finde halt, dass solch ein Crossover-Projekt mehr Heavy Metal darstellt, als der 50.000 Aufguss von irgendwelchen Ritter - oder Wikingerlegenden mit feuerspeihenden Drachen im Himmel und der ganze damit verbundene Quatsch. Was gibt es härteres als einen echten, staubigen Showdown?
Alex (MT): Gab es denn über die Jahre überhaupt eine Entwicklung in der Einstellung der Hörer zur Dezperadoz?
Alex Kraft: Klar entwickelt sich was, wenn man einen solchen Stil an die Leute bringt. Es gab ja noch nie zu vor eine Band die etwas Vergleichbares gemacht hat.
Alex (MT): Wie geht ihr mit Leuten um, die diese Kombination aus Western und Metal müde belächeln? Versucht ihr da noch Überzeugungsarbeit zu leisten?
Alex Kraft: Nein, wieso sollten wir das denn auch versuchen?
Alex (MT): Im allgemeinen ist die Zeit der großen Western, wie Sergio Leone, Corbucci oder auch John Sturges sie machten schon längst vorbei. Was reizt die Menschen heute noch sich dieser Kultur zu widmen?
Alex Kraft: Nein, diese Western gibt es immer noch und sie haben auch immer noch ziemlich großen Erfolg. Nur haben sie in unseren Tagen ein anderes Gewand, wie man es beispielsweise beim Film „Inglourious Bastards“ gut sehen kann. Das ist im Grunde nichts Anderes.
Alex (MT): Was steht sonst noch für die Zukunft der Band an? Worauf können sich die Fans noch freuen?
Alex Kraft: Wie gesagt kommt als nächstes das Release des Werkes, dann die Videopremiere von „Bullet“. Im Sommer folgt das Re-Release der „Dawn of Dying“ mit Bonustrack und danach ohne Ende Konzerte mit einer fetten Bühnenshow! Auch zahlreiche Sommerfestivals stehen auf dem Plan. Im Herbst folgt dann das „Just like the Cowboys do“-Video und im Winter schießen wir noch ne Tour hinterher.
Alex (MT): Jetzt gehört dir das allseits beliebte Schlusswort an die Fans!
Alex Kraft: Kommt ein Cowboy vom Friseur, Pony weg HAHAHAHAHAHAAHAHAHHA!!
So long und ein Yippieyeah Gunslingers!!
Alex (MT): Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast! Wir wünschen noch alles Gute für die Zukunft!
Alex Kraft: Thanxxx!
Moderation: Alexander Kipke
Hört hier ins neue Album namens „Dead Man's Hand“ rein:
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