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Interview: Bluespumpm

vom 15. Januar 2013 AK, Linz
Das österreichische Blues-Urgestein Bluespumpm gibt wieder eines ihrer, mittlerweile doch schon recht selten gewordenen, Konzerte. Grund genug, sich mit ihnen gleich auf ein "Schwätzchen" zu treffen, denn im Laufe der Jahre haben sich bei mir allerhand Fragen an die Jungs gesammelt. Mit einer "Herrenhandtasche" bewaffnet (österreichisch für 6er-Kasten-Bier, Anm. d. R.), mache ich mich auf den Weg zum Interview. Die Herren von Bluespumpm haben sich relativ kurzfristig noch bereit erklärt, mir vor dem AK-Gig in Linz, eine Audienz zu geben.
Gut gelaunt und beinahe familiär werde ich empfangen, allen vorgestellt und nach einem kurzen Soundcheck wird dann auch schon das "Geschenk" aufgemacht und wir können mit dem Interview - in der etwas puristischen Garderobe - starten. "Zappa" Johann Cermak, Fritz Glatzl, Wolfgang Frosch und Peter Barborik erzählen Geschichten aus besseren Tagen der Musik, von ihren Wurzeln und dem dazugehörigen Kommunenleben im österreichischen Waldviertel.
Weiters berichten sie vom nicht immer einfachen Geschäft mit dem Blues und wie sie sich ihre Liebe dazu erhalten haben. Nachdem sie ja schon mit Stars wie Collosseum's Chris Farlow, Iron Maidens Paul Di'Anno oder Rolling Stones-Ex-Gitarrist Mick Taylor auf der Bühne standen, gibt es natürlich auch da einiges zu bereden. Mit vielen amüsanten Anekdoten würzen sie ihre tiefen Einblicke in die Geschichte des Blues und außerdem erfahre ich endlich, worin der Schwerpunkt beim allseits bekannten Rock 'n' Roll Klischee liegen sollte. Mehr dazu im folgenden Interview.

Das Interview:

Michael: Danke, dass Ihr Euch Zeit fürs Interview nehmt. Griass Eich!
Bluespump: Hallo! Ja, gerne!
Michael: Ihr seid ja DAS Blues-Urgestein in Österreich und vermutlich auch die Dienstältesten mit 38 Jahren? Quasi die österreichischen Rolling Stones. Wie schafft man es, solange zusammen zu spielen und sich nicht in die Haare zu bekommen? Was ist Euer Geheimnis?
Fritz: Haben wir uns eh schon oft! [lacht]
Zappa: Man lernt immer dazu und es gab auch Phasen, da ist nicht alles so locker gelaufen. Außerdem lernt man seine Kollegen kennen und man weiß nach einer gewissen Zeit, wo der andere seinen wunden Punkt hat. Da muss man ja dann nicht unbedingt hingreifen.
Fritz: Immer fest am wunden Punkt bohren! [lacht]
Zappa: Das braucht natürlich, bis man weiß, wo die alle liegen. Wenn einer hässlich ist, muss man ihm das ja nicht unbedingt auf die Nase binden. [lacht]
Michael: Das heißt, man lernt das mit der Zeit zu umschiffen?
Zappa: Auf jeden Fall, wir haben das halt - Gott sei Dank - so früh gemerkt, dass wir noch immer zusammen sind. Der Peter war in den Achtzigern auch schon mal dabei, bis er dann ein Musikgeschäft mit einem Zweiten eröffnet hat. Und wie wir ihn wieder gefragt haben, hat er keine Zeit gehabt. Und da kamen dann der Andy Weiss und der Bernd Rommel. Letzterer hat dann aber aus persönlichen Gründen mit allem aufgehört. Er hat uns aber versichert, dass es nichts mit uns oder der Musik zu tun habe. Und jetzt ist er eh gelegentlich wieder dabei. Das muss man akzeptieren lernen. Früher hätten wir ihn vermutlich verflucht….!? Aber der Bernd stieß eh erst zu uns, wie wir schon reifer waren. (Alle lachen)
Michael: In zwei Jahren steht demnach dann ja das 40-jährige Jubiläum an: Was ist geplant?
Fritz: Überleben! [lacht]
Zappa: Wir denken eh nach. Wir sind zur Zeit in Verhandlung mit Wolf Records, die hätten Interesse und würde auch was machen.
Michael: Ein neues Studio-Album oder doch eher wieder ein Live-Album?
Zappa: Das wird sich noch zeigen. Wir haben meistens Live-Alben gemacht. Das geht am schnellsten und ist uns auch am liebsten. Obwohl, wir spielen ja eh im Studio auch live, aber halt ohne Publikum.
Wolfgang: Also ich finde beides reizvoll. Es ist halt ein anderes Arbeiten. Viele Sachen kann man live nicht machen, das geht nur im Studio, und drum ist auch das sehr interessant.
Michael: Aber braucht man das Publikum nicht ein wenig, um zu reflektieren? Die meisten Musiker sagen ja, dass ihnen das Live-Spielen mehr gibt und sie nur Studio-Alben machen, um diese live präsentieren zu können.
Zappa: Bei uns hält sich das sicherlich die Waage.
Michael: Ihr seid ja berüchtigt für Eure ausufernden Konzerte und dass ihr Songs gern in die Länge zieht, wie seinerzeit z.B. die Grateful Dead. Ist das Absicht oder passiert Euch das einfach durch den Spaß am Spielen?
Zappa: Das passiert.
Wolfgang: Wenn du Nummern schon so lange spielst, werden sie einfach immer länger. [lacht]
Zappa: Der "Sunny Boy" war mal 4,30 Minuten, jetzt dauert er 18 bis 20 Minuten. Das hat alles einen Reifeprozess von 38 Jahren durchgemacht.
Wolfgang: Das macht die Musik natürlich auch immer frisch, weil es immer ein bisschen anders ist.
Michael: Das ist ja eigentlich das, was mir an Euch so gefällt, dass es nie dasselbe ist.
Zappa: Es soll halt jeder ausflippen können. Wir haben auch schon mal sieben Leute in der Band gehabt, da ist natürlich der Raum für jeden enger, ist klar. Wir sind dann aber wieder auf die Vierer-Besetzung zurückgekommen, damit jeder ein bisschen Platz hat, um sich darin auszutoben.
Michael: Ihr hattet schon die Ehre mit einigen "Stars" auf der Bühne zu stehen, wie mit Colloseum's Chris Farlow, Iron Maiden's Ur-Mitglied Paul Di'Anno oder dem ehemaligen Stones-Gitarristen Mick Taylor. Wie kam's dazu?
Zappa: Der Mick Taylor war auf einer Geburtstagsfeier und wäre dort für das Donauinselfest geplant gewesen und auch für uns. Jetzt hat er nicht gewusst, soll er mit uns spielen oder mit der eigenen Band und hat sich dann aber doch für uns entschieden. (Wie man auf "Dirty Thirty - Open Hearts" hören kann. Anm. d. R.) Den Chris Farlow haben wir bei einem Colloseum-Gig in Gmünd kennengelernt. Ein Freund hat ihn dann mal gefragt, ob er bei uns auf der CD einen Titel singen würde. Zu dem Zeitpunkt waren Colloseum dann wieder in Wien, und da hat er einfach gesagt, wir sollen ihn vom Hotel abholen. Und seitdem ist der Kontakt da und wird natürlich aufrecht erhalten. Zweimal hat er uns dann sogar die Ehre gegeben, dass er mit uns live auf der Bühne spielt: einmal beim Donauinselfest und einmal im Salzburger Rockhouse. Bei ihm ist das so: Er geht mit dir auf die Bühne und ist ab diesem Zeitpunkt ein Mitglied der Band. Da dirigiert er dann die Musiker auf der Bühne: da kommt der Finger und zeigt auf dich, was soviel bedeutet, wie: "Du spielst jetzt das Solo!" Da musst du allzeit bereit sein! [alle lachen] Aber das ist halt keiner, den du begleitest, sondern er ist dann eben einer von der Band! Macht Spaß mit ihm zu spielen! Und wie haben wir den Paul Di'Anno kennengelernt?
Wolfgang: Im Rockhouse Sazburg. Ihm und seiner Band hat unser Konzert so gut gefallen, dass sie plötzlich neben der Bühne standen und mitspielen wollten.
Zappa: Ah, genau. Die waren gerade auf Europa-Tour und hatten einen freien Tag in Salzburg. Und nachdem der Paul eine Freundin in Salzburg hatte, war da auch der Kontakt zum Rockhouse da. Wir haben eine Nachricht bekommen, dass Paul Di'Anno zum Konzert kommt. Gut, man kennt den Herren ja und so haben wir uns halt gefreut. Als wir schon auf der Bühne waren, hab ich einen Zettel zugesteckt bekommen, auf dem stand: Paul Di'Anno, Carl Albert und Mark McGee wollen mit uns eine Session machen. Wir haben uns halt gefragt, was wir mit denen spielen könnten? Ich hab das dann vorgelesen und die Jungs sind auf die Bühne gekommen. Der Fritz hat dem McGee eine Gitarre in die Hand gedrückt und Paul Di'Anno sagte "Rock me Baby!". Das kennt eh jeder, aber momentan haben wir alle nur geschaut. Mark McGee hat dann - Gott sei Dank - zu spielen begonnen und ab da ist es dahingegangen. Ich war zu dem Zeitpunkt recht verkühlt und die beiden Stimmen zusammen (Albert und Di'Anno, Anm. d. R.) sind ja ein Wahnsinn. Nach dem Konzert sind wir im Café gesessen und haben gesagt: "Wenn das jemand aufgenommen hätte, das wär's!" Ein paar Tage später habe ich überraschend eine Kassette bekommen. Haben die Tontechniker das doch tatsächlich am Mischpult mitgeschnitten! Und das haben wir dann beim Album "You Got it" hinten drangehängt. Hat nicht einmal eine großartige Korrektur gebraucht, so astrein war die Aufnahme. Klingt einfach saugut! Der Paul ist sogar zur CD-Präsentation ins Wiener Metropol gekommen. Auf dem Weg dorthin hatte er einen Autounfall und hat sich dabei den Kehlkopf verletzt. Deswegen musste seine ganze Tour abgesagt werden. Aber zur CD-Präsentation ist er gekommen und hat sogar gesungen. Und wie das so ist, hebt man sich den Star-Gast für das Ende des Konzertes auf. Natürlich hatte er da schon einige Bier intus, hat sich lallend auf der Bühne entschuldigt, dass er einen Autounfall hatte. Das musst du dir vorstellen: ER hatte Angst, dass er uns was verpatzt!
Wolfgang: Und wir hatten ihn auch gebeten nicht "Motherfucker" zu sagen, denn das ist bei ihm ja quasi jedes dritte Wort. Hat aber eh nicht funktioniert. [lacht]
Zappa: Ja na klar, das ist ja sein Lieblingswort.
Michael: Naja und auf dem "20 Years Party Album" ist er ja auch bei "Dust my Broom" mit von der Partie?
Zappa: Wir haben damals "You Got It" präsentiert und gleichzeitig ein neues Live-Album aufgenommen. Das machen wir auch nicht mehr, das ist der Ur-Stress! [alle lachen]
Michael: Auch einige österreichische Größen habt Ihr antreten lassen, wie Karl Ritter oder Mario Andretti von der Chefpartie, Alex Munkas vom Peter Schleicher, Reinhard Stranzinger im Zuge vom John Mayall, Oliver Mally oder Harry Stojka. Sind das alles Freundschaften, die über die Jahre entstanden sind?
Zappa: Auf jeden Fall. Mario Adretti hat ja damals bei der Chefpartie vom Ostbahn-Kurti gespielt und gleichzeitig bei uns. Und irgendwann hat er sich dann mal entscheiden müssen und so hat er mit der Chefpartie das lukrativere Angebot genommen. Obwohl die Zuhörer zu ihm sagten, dass das, was er bei uns spielt, besser ist, aber manchmal muss man sich halt nach der Decke strecken.
Wolfgang: Die haben 70 Gigs auf einmal gespielt, da kannst du fast nicht "Nein" sagen!
Michael: Gibt's noch Wunschkandidaten, mit denen Ihr noch nicht das Vergnügen hattet?
Fritz: Da gäb es viele…. [Allerdings können sich die Vier auf keinen noch lebenden Kandidaten einigen. So erfahre ich von Zappa weiter:
Zappa: Im Herbst ist eventuell wieder ein Gig mit Chris Farlowe geplant. Es ist was im Reden, aber ob das was wird, steht noch in den Sternen. Ich sag immer, wenn wir zusammen auf der Bühne stehen, dann ist es was geworden.
Michael: Blues ist ja quasi die ungeliebte Schwester des Rock oder mit Mick Taylors Worten "ein wirklich hartes Brot". Außerdem ist der Blues ja schon des öfteren für Tod erklärt worden, nur so richtig ohne geht's auch nicht. Wie habt Ihr Euch die Liebe zum Blues erhalten? Zusätzlich ist es ja auch nicht gerade das lukrativste Genre.
Wolfgang: Das ist der Rock auch nicht.
Michael: Ja schon, aber dennoch ist er tiefer im Kommerz verankert als der Blues.
Wolfgang: Das stimmt, zum Teil, aber ich kenne auch hunderte Rock-Bands die einen Scheißdreck verdienen, aber wirklich nicht schlecht sind. Aber halt großteils nicht anerkannt sind.
Zappa: Wir haben ja den Vorteil, dass wir rockiger sind und weniger Traditionalisten. Es gibt zwar traditionellen Blues, den wir spielen, also den der 60er-Jahre, aber halt den "Weißen"! Fleetwood Mac, Johnny Winter …
Fritz: Im modernen Blues sind ja auch mittlerweile schon viele Rock-Einflüsse. Wenn man den Joe Bonamassa zum Beispiel hernimmt.
Michael: Stichwort Bonamassa: Gibt ja viele junge Blueser die in die Fußstapfen der Großen treten wollen, wie Oli Brown, Henrik Freischlader, Jonny Lang oder Kenny Wayne Shepherd. Glaubt ihr, erlebt der Blues gerade wieder einen Aufschwung?
Peter: Oder John Mayer!
Fritz: Naja, der Bonamassa steht zur Zeit über allem drüber.
Michael: Aber die sind halt alle noch relativ jung.
Wolfgang: Wir auch! [ein wenig beleidigt]
Fritz: Wie wir jung waren, hat's den Blues auch schon gegeben.
Zappa: Muddy Waters hat mit 70 Jahren gesagt: "So, jetzt bin ich ein anerkannter Blueser!". Wir haben also noch ein bisschen Zeit.
Michael: Das würde ja dann heißen, dass man eine gewisse Erfahrung und Reife für den Blues braucht?
Zappa: Das trägt sicher dazu bei, ja.
Fritz: Das war schön für'n Muddy Waters, dass Johnny Winter ihm auch ein wenig Tribut gezollt hat. Er wäre zum Ende seines Lebens nicht so bekannt gewesen, wenn Johnny Winter nicht die Platte mit ihm gemacht hätte, bzw. hat er ja mehrere Platten mit ihm aufgenommen (gesprochen wird von Johnny Winters 1977er Album "Nothin' but the Blues" und Muddy Waters 1981er Album "King Bee", Anm. d. R.). Ironischerweise sind die "Schwarzen" Blueser durch die Hilfe der "Weißen" berühmt geworden. Die Stones haben nämlich angefangen, Muddy Waters Stücke zu spielen, da hat ihn noch niemand gekannt. Und sie haben das aber auch immer gesagt, dass das von ihm ist. Ich bin ja im Endeffekt auch über den Rock zum Blues gekommen. Die haben alle Nummern von schwarzen Blues-Musikern gespielt, und dann bin ich dem erst auf den Grund gegangen.
Wolfgang: Der Elvis hat das ja auch schon gemacht.
Michael: Ihr habt ja alle auch Nebenprojekte, wie die Wild Irish Lasses, die Zappa-Time, Fritz ist mit Raynhard Boegl unterwegs und Wolfgang mit 4 Giants oder Woody Melectric, um nur einige zu nennen. Wie bekommt Ihr das alles unter einen Hut?
Zappa: Naja, diese Nebenprojekte haben sich aus der Not heraus gegründet: Wir haben ja eine Zeit gehabt, da haben wir bis zu 80 mal im Jahr gespielt, dann 50 mal, dann ging's runter auf 20. Anfang der 80er war es ganz schlimm. Und man muss ja dem Bäcker die Semmeln zahlen können, wie ich immer sage, und so hat sich das dann ergeben. Ich habe nie geglaubt, dass ich jemals einen Folk spiele (mit den Wild Irish Lasses, Anm. d. R.), aber bei einer Geburtstagsfeier hat sich das mal so ergeben, weil's gerade zu einer Zeit war, als wir so ein Live-Tief hatten.
Michael: Das heißt, ihr lebt alle von der Musik?
Zappa: Genau, wir leben alle von der Musik. Außer der Peter, der hat lange Zeit von der Musik gelebt, ist dann aber "nur" Lehrer geworden. [lacht]
Michael: Aber ich hab gesehen, Peter, Du hast bei irrsinnig vielen Projekten gespielt, wie Hansi Lang, Georg Danzer, Ulli Baer, Minisex, Harry Stojka, Etta Scollo und und und… Wie geht sich das alles aus?
Peter: Das geht schon.
Wolfgang: Naja, die Heimat sind schon Bluespumpm.
Zappa: Nachdem wir ein relativ gutes Verhältnis haben, bringt man das alles unter einen Hut.
Michael: Ihr habt ja lange Zeit in Heidenreichstein (NÖ) auf einem Bauernhof in einer Kommune gelebt, klingt alles sehr romantisch. Wie war das und wieso habt Ihr das dann doch mal beendet?
Zappa: Aufgegeben haben wir es hauptsächlich wegen den Familien, das ist sich platzmäßig einfach nicht mehr ausgegangen und wir wären uns vermutlich zu nahe gekommen.
Wolfgang: Das Haus war einfach viel zu klein, wir hatten ja dann alle mindestens 2 Kinder.
Zappa: Wolfgang's Vater hat sich für die Pension ein Wochenendhaus gekauft, in dem durften wir wohnen, und das war der Hof. Und der war in der Edlau. Als alles zu eng wurde, haben wir halt geschaut, dass jede Familie in einem eigenen Haus in der Edlau wohnt. Am Hof, da hatte jedes Paar ein Zimmer und unten war ein Gemeinschaftsraum, das war das Wohnzimmer, die Küche und der Proberaum, und aus. Wenns jetzt schaust, ich habe heute 3 Kinder, Wolfgang auch, Fritz hat 2 Kinder und Peter mit seinen, das wär' schon ganz schön eng auf dem kleinen Hof.
Wolfgang: Das Problem ist, die Waldviertler Höfe sind unheimlich klein, nicht so wie normale Höfe.
Michael: Das ist doch der Hof der auf der 1981er Album "Village" drauf ist?
Zappa: Genau der ist das.
Michael: Vor allem sind auf der Rückseite unheimlich viele Personen abgebildet, wer sind die?
Zappa: Das waren alle Nachbarn. Die Edlau besteht aus 13 Häusern und es sind tatsächlich fast alle drauf. Es sind ganz wenige, die nicht von der Arbeit frei bekommen haben.
Michael: Zappa, Du bist ja vor kurzem Vater einer Tochter geworden. Wie verträgt sich das mit der Musik? Was hat da jetzt oberste Priorität?
Zappa: Wenn ich mit Judith spiele (Zappas Lebensgefährtin, beide als Duo oder mit den Wild Irish Lasses unterwegs, Anm. d. R.), ist die Kleine immer mit. Sie war aber auch schon mit den Pumpm mit. Das gefällt ihr ziemlich gut. Und meine zwei Jungs gehen ja schon in die Schule, die können da leider nicht so mit. Wir werden sehen, was sie mal werden.
Michael: Und haben sie ein musikalisches Interesse?
Zappa: Auf jeden Fall, ja. Die Wurzeln wären ja da. [lacht]
Wolfgang: Wenn es ihnen Spaß macht, tun sie es eh. Mein Sohn hat sich auch dafür entschieden, der ist am Jazz-Konservatorium in Wien.
Michael: Das heißt, man kann sagen, die Priorität liegt derzeit beim Kind, Zappa? Mir ist nämlich aufgefallen, dass die Bluespumpm-Gigs in letzter Zeit etwas weniger wurden und dafür die Gigs mit Judith und den Lasses mehr.
Zappa: Naja, weil jeder sein zweites Standbein hat, jetzt können wir mit den Bluespumpm den Preis auch halten. Wenn man sagen würde, wir leben nur von der Pumpm, dann müssten wir im Preis massiv runtergehen um zu überleben. Aber nachdem jeder seine Nebenprojekte hat, kann er so seine Kosten decken. Weil ich mit Judith ja zusammenlebe, entwickelt sich da natürlich viel Musik. Mit ihr kann ich in kleinen Clubs spielen. Eine Zeit lang habe ich das auch mit Fritz gemacht. Und zu viert wird das für einen kleinen Club zu teuer, das kann er sich nicht leisten. Deswegen spielt auch Fritz mit dem Reinhard Boegl zu zweit.
Peter: Ich such auch noch einen zweiten, hab eh schon midm Wolfgang überlegt… [alle lachen]
Fritz: Drum and Bass!
Zappa: Aber es macht schon auch Spaß, in so einer kleinen Band zu spielen. Irgendwann wollte sogar mal einer, dass ich alleine in einem Country Club spiele. Aber alleine, das interessiert mich nicht. Ich mag nicht alleine spielen. Wenn, dann mache ich es mit Judith. Ich hab mir aber nicht gedacht, dass ich das dann länger mache. Das ist wieder auf eine ganz andere Art interessant. Genau so wie mit den 'Wild Irish Lasses'.
Michael: Wolfgang, eine Frage habe ich an Dich im Speziellen: Du bist Linkshänder, spielst aber einen normal bespannten Bass. Wie gibt's denn sowas?
Wolfgang: Das war eigentlich eine Geld-Sache. Ich hab mir einen Rechtshänder-Bass gekauft und ihn einfach umgedreht. Ich wollte zwar die Saiten schon umdrehen, nur waren die dann zu kurz. Und nachdem Bass-Saiten unheimlich teuer sind, hab ich sie so gelassen und es mir so gelernt. Wenn du nie anders spielst, ist das gar kein Problem.
Zappa: Außerdem hat es den Vorteil, wenn er jetzt bei einer Session einsteigt, kann er den normalen Bass nehmen.
Michael: Zappa, warum tauchst Du die Mundharmonika vorm Spielen ins Wasser?
Fritz: Nix Wasser! [lacht]
Zappa: Ich tauch's ins Bier ein.
Fritz: Ich wollte mal ein Bier trinken und habe den Fehler gemacht, dem Zappa seines zu nehmen, in das er schon die Mundharmonika eingetaucht hat. Mehr sag ich nicht. Außer, dass mir ziemlich schlecht war.
Zappa: Manche glauben ja, ich tauch's in Bier ein, weil's besser schmeckt, aber der wirkliche Grund ist folgender: In der Mundharmonika sind ja lauter Metallplättchen drinnen, und wie man in ein Kugellager Öl hinein gibt, damit's flutscht, tauche ich die Mundharmonika ins Bier, dass diese Plättchen leichter schwingen. Wasser geht natürlich auch, besser ist Wein, noch besser ist Bier.
Wolfgang: Am besten ist Schnaps! [schallendes Gelächter]
Zappa: Du wirst lachen, einmal gab's kein Bier, da habe ich einen Whiskey genommen, das mache ich nie wieder!! Wenn du sie nämlich in den Whiskey eintauchst und beim Spielen dann einatmest, bleibt dir die Luft weg, aber lange. Der Geschmack an sich ist natürlich nicht schlecht.
Peter: Und nebenbei bekommst du noch einen Flieger (österreichisch für "Rausch", Anm. d. R.).
Michael: Gibt's einen Film, zu dem ihr gerne einen Song beigesteuert hättet oder ev. sogar die komplette Filmmusik komponiert hättet?
Zappa: Mir fällt da jetzt nichts ein, aber wo wir die Musik dazu gemacht haben, war ein Puppenspiel. Das war echt interessant: Diese Puppenspielerin hat uns auf einem Band zugeschickt, was sie spricht, und wir hatten die Freiheit, uns dazu Musik einfallen zu lassen. Und zwar ging's da um die Bremer Stadtmusikanten und jeder von uns hat mit seinem Instrument ein Tier vertreten. Als wir dann den ersten Auftritt hatten, wusste die natürlich nicht, was da kommt. An der Stelle, wo die Räuber von den Tieren im Gasthaus überwältigt werden, haben wir so Gas gegeben, dass ihr sämtliche Figuren aus der Hand gefallen sind. [alle lachen] Damit waren wir sogar mal in Italien. Wir würden das auch gerne öfter machen, nur befinden wir uns halt in einer Gagenlage, die zu hoch für einen Kindernachmittag ist. Aber es macht unheimlich Spaß! Italien war auch wirklich super, wir haben für die Kinder den "Chicken Blues" und noch ein paar Nummern in der Pause gespielt; das Temperament von denen ist ein Wahnsinn.
Michael: Wie schaut's aus mit dem beliebten Klischee Sex, Drucks & Rock 'n' Roll, das ihr mit Sicherheit auch zelebriert habt, hat das noch seine Gültigkeit?
Fritz: Was ist das? [lacht]
Wolfgang: Die "Drugs" kannst du auf jeden Fall weglassen. Von den Freunden, die das gelebt haben, leben nicht mehr wirklich viele. Das drückst du auf Dauer nicht durch.
Zappa: Wir haben den Vorteil gehabt, dass wir unterwegs zwar gefeiert haben, aber wenn wir auf den Hof zurück gekommen sind, war das wieder ein anderes Leben. Aber wenn du Einzelmusiker bist, in der Stadt lebst und oft spielst, dann trinkst immer deine Bier, das wird dann schon gefährlich.
Fritz: Das geht ganz schleichend. Nicht jeder hat eine Konstitution wie Keith Richards.
Zappa: Aber wenn man Johnny Winter hernimmt, der ist schon ziemlich fertig. Voriges Jahr haben wir ihn kurz getroffen, der ist extrem zerbrechlich.
Fritz: Er lässt es sich zwar nicht nehmen, auf die Bühne zu gehen, aber es ist ein zweiter dabei, der ihn stützt.
Zappa: Die Finger sind aber nach wie vor schnell.
Fritz: Ich steh z.B. auch auf Peter Green, aber der ist heute leider auch nicht mehr das, was er einmal war. Oder Syd Barret, der war auch mal ganz ein Wichtiger.
Michael: Ich hab vor kurzem Mick Taylor im Posthof gesehen, im Zuge der Ben Waters' Tribute to Ian Stewart-Tour. Das war wirklich schlecht.
Zappa: Ja, der hat auch so seine Probleme. Als er mit uns gespielt hat, war er unheimlich gut drauf und hat irrsinnig super soliert und gesungen. (Zu hören auf dem aktuellen Album "Dirty Thirty - Open Hearts",Anm. d. R.). Das ist ein Wahnsinn mit ihm, der haut in die Saiten und du hörst die Stones.
Fritz: Da merkt man erst, was er den Stones eigentlich gebracht hat.
Michael: Also kann man abschließend sagen, die "Drugs" sollte man vermeiden?
Wolfgang: Zumindest nicht übertreiben.
Zappa: Am besten nicht davon leben. Aber es ist sowieso besser du lebst von "Sex" als von den "Drugs"!
Michael: Zappa, Du bist ja jetzt viel im sozielen Netzwerk Facebook unterwegs. Ist das ein Fluch oder eher ein Segen?
Zappa: In erster Linie sehe ich es als Werbung für die Band. In zweiter Linie habe ich alte Bekannte wieder gefunden, die lange verschwunden waren. Das war schon lässig. So kannst du wieder in Kontakt mit ihnen treten. Und es gibt ja mittlerweile viele Leute, die das interessiert, und verfolgen, wenn man was reinstellt. Auch die Resonanz, die ich bekomme ist nicht schlecht, wenn ich merke, ich mache das für jemanden.
Für Interessierte ist es einfacher, Sachen zu finden, als auf einer normalen Homepage. Im Grunde ist es dasselbe, wie auch meine Radio-Sendung: ich sitze zwar vorm Mikro, aber ich weiß, ich spreche mit den Leuten, auch wenn ich sie jetzt nicht sehe. Geht natürlich nur bei Live-Radiosendungen.
Michael: Zum Abschluss: Wir haben in Österreich gerade dieses Wehrpflicht-Debakel, das ziemlich polarisiert? Was sagt ihr dazu?
Fritz: Ich sag nur mehr "Affentheater"!
Zappa: Ja, genau! Dem kann ich nur beipflichten.
Fritz: Ich will gar nicht mehr dazu sagen!
Wolfgang: Es gäbe soviel Wichtigeres.
Fritz: Nein, "Kasperl-Theater" ist vielleicht ein noch viel besseres Wort.
Zappa: Wir haben ja heute schon auf der Fahrt hierher darüber gesprochen: Wenn sie sich da jetzt etwas einsparen, weil sie weniger Wehrpflichtige haben, was werden sie mit dem eingesparten Geld machen? Ein paar bekommen wieder mehr Geld. Viel schlimmer wäre noch, wenn sie damit Waffen kaufen würden. Aber deswegen wird ja das Budget nicht kleiner. Und was hat das dann für einen Sinn, wenn ich ein Berufsheer habe und mehr Waffen kaufe?
Michael: Danke für das kurzfristige Interview! Euch gehört jetzt das Schlusswort, wenn Ihr noch etwas loswerden möchtet!
Wolfgang: Die Medien könnten wieder etwas mehr für die Musik tun.
Zappa: Es gibt eh Medien, so wie Euer Magazin. Und Zeitungen sind eigentlich eh nach wie vor bemüht.
Wolfgang: Ich mein die öffentlichen Medien….
Zappa: Aber die Rundfunkmedien…. Früher, als ich angefangen habe, Radio-Sendungen zu machen, war das so: Wenn Du als Band zu einer Plattenfirma gekommen bist, warst du ein Bittsteller, wenn du vom Radio gekommen bist, dann waren sie die Bittsteller. Und plötzlich haben sie angefangen, nur mehr Hits zu spielen. Obwohl die Plattenfirmen ein Riesen Spektrum an Musik haben. Und Hits sind auch notwendig. Wenn man Ö3 hernimmt, da wurden die Hits von 11-12 Uhr gespielt. Natürlich auch in anderen Sendungen, aber da hat es stündlich eine Spezial-Sendung zu einem anderen Thema gegeben. Und heute hört man den ganzen Tag nur einen ganz kleinen Teil der Hits. Auch die Information zur Musik ist heute, bis auf einige wenige Privat-Sender, sehr gering. Und das Schlimmste, man vernachlässigt die Jugend, die mit guter Musik nachkommt. Und da ist es egal, welches Genre du hernimmst.
Fritz: Mittlerweile passiert das schon so oft, dass man irgendwo eine junge lokale Vorband sieht, die extrem gut ist. Und trotzdem kennt die kein Mensch.
Michael: Aber ist es nicht auch ein Zeichen der Zeit, dass es soviel Müll auf dem Musiksektor gibt, dass man nicht mehr weiß, was man hören soll, weil man vorher tagelang aussortieren müsste?
Fritz: Das stimmt schon, man hört viel Müll, aber trotzdem bleiben die guten Sachen hängen.
Zappa: Wenn ich an Bands der 60er zurückdenke, da gab es viele Bands, die nicht das technische Niveau einer Band von heute hatten, aber da war Ausdruck da. Bei den heutigen Studioproduktionen sind zwar gute Musiker dabei, aber die, die den Gesang beisteuern, sind flach, austauschbar und ohne Ausdruck. So etwas hätten sie früher nicht gespielt. Wenn du dir die alten Sänger alle anhörst, ob das ein Stevie Winwood, ein Joe Cocker oder eine Tina Turner ist, die haben alle - selbst als sie noch jung waren - einen Wahnsinns-Ausdruck gehabt.
Fritz: Und vor allem einen Wiedererkennungswert.
Zappa: Heutzutage ist alles so seicht. Und da meine ich jetzt hauptsächlich den Frontmann oder die Frontfrau. Will man sich wirklich die ganze Zeit so seicht berieseln lassen? Es ist alles so austauschbar geworden: Wenn du z.B. drei Radiosendungen hörst, kannst du nicht sagen, ob das einer oder mehrere Moderatoren sind. Und sogar unter den Sendern gibt's kaum mehr Unterschiede. Es läuft dieselbe Musik, sogar die Witze sind dieselben, als würden sie die untereinander austauschen. Als unser Waldviertler Radiosender zu Hit FM geworden ist, sind lauter junge Leute gekommen, bei denen's geheißen hat: Schulung ja, Persönlichkeit rausstreichen. Und da stand dann die Frage im Raum: "Was machen wir mit dem Zappa?" Antwort: "Den lassen wir so wie er ist, weil sonst kennt ihn niemand mehr." Und das ist genau was ich meine. Keine Persönlichkeit, alles die gleiche Schiene.
Fritz: Das wird aber von den Plattenfirmen so gemacht. Früher sind Leute von der Plattenfirma in Clubs gegangen und haben eigenständige Musiker gesucht. Die haben sie auch gefunden und die würde man auch heute finden, würde sich jemand die Arbeit antun.
Zappa: Wenn wir alle schön gleichförmig sind, kann man uns besser lenken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass etwas anderes dahintersteckt.
Wolfgang: Genau das ist es! Wir, die Pumpm, sind immer unbequem gewesen.
Moderation: Michael Voit; Fotografie: Christian Hehs

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